# taz.de -- Trickfilm „Königreich der Bären“ auf DVD: Den Kampf mit den M… | |
> „Königreich der Bären“ ist das Animationsfilmdebüt des berühmten | |
> Zeichners Lorenzo Mattotti. Er ist nur auf den ersten Blick schlicht und | |
> märchenhaft. | |
Bild: Lorenzo Mattotti zeichnet für seinen Film „Königreich der Bären“ k… | |
In den Bergen Siziliens, und es gibt viele von ihnen, leben die Bären. Von | |
einem Bären, der seinen Sohn beim Tollen im Wasser und Fangen von Fischen | |
verlor, erzählt Gedeone. Es ist eine Geschichte, die er, sie haben sich zur | |
Nacht in einer Höhle verkrochen, mit seiner kleinen Tochter Almerina einem | |
alten Bären aufbindet. | |
So geht es hinein in diesen Film, der auf einem Kinderbuch des | |
italienischen Autors Dino Buzzati beruht. Gemacht ist er mit französischem | |
Geld, den alten Bären in der Höhle zur Nacht spricht kein Geringer als die | |
vor kurzem verstorbene Legende Jean-Claude Carrière, Drehbuchautor für Luis | |
Buñuel, Volker Schlöndorff und viele andere mehr. Nach diesem Auftritt als | |
Sprecher ist in der Internet Movie Database noch ein Letzter verzeichnet, | |
da spielt und spricht Carrière angemessenerweise Gott. | |
Auch der Regisseur dieses Films, [1][Lorenzo Mattotti, 1954 geboren, ist | |
eine Legende, als Zeichner von Comics, als Illustrator,] unter anderem für | |
Titelseiten des New Yorker. Bei allem Einfallsreichtum hat Mattotti einen | |
sehr eigenen, meist schnell erkennbaren Stil, der von der Nähe zur | |
expressionistischen bis surrealen Malerei, oft, aber nicht immer, der Liebe | |
zur Farbe, einer Vorliebe für flächige Fülle auf der Basis einfacher, aber | |
deformationsfreudiger Formen geprägt ist. | |
Mit Werken wie „Feuer“ oder seiner mit dem Autor Neil Gaiman verfassten | |
Version von „Hansel and Gretel“ hat er auf dem Feld von Comic und Graphic | |
Novel Ruhm, Ehre, Preise gewonnen. | |
Womit nicht unbedingt zu rechnen war: Dass Mattotti sich mit dem Eintritt | |
ins Rentenalter noch auf den Animationsfilm verlegt. Und dann mit [2][„Das | |
Königreich der Bären“] gleich ein Debüt hinlegt, das hinreißen und | |
beeindrucken kann. Wer Mattotti kennt, fühlt sich in den meist bewusst | |
nicht in Bewegung versetzten sizilianischen Landschaften, ohne Ähnlichkeit | |
zur geografischen Wirklichkeit, zwar nicht in Sizilien, aber sogleich in | |
der Mattotti-Welt ganz zu Hause. | |
Von Detailrealismus keine Spur, stattdessen kühn geschwungene, von starken | |
Farbkontrasten lebende, mit Licht und Schatten geflutete Berge und Täler, | |
wie Platten im Himmel treibende Wolken, als geschwungene Riffelmuster | |
stehende Wälder. | |
## Freiheiten der Verflüssigung | |
Einfach sieht das nur auf den ersten Blick aus, wie auch die Geschichte von | |
den Bären, die den Kampf mit den Menschen suchen, den diktatorischen | |
Erzherzog besiegen und schließlich die Herrschaft in der Menschenstadt | |
übernehmen, nur auf den ersten Blick schlicht märchenhaft und märchenhaft | |
schlicht ist. Nicht allein die Rahmung mit dem Wechsel des Erzählers vom | |
menschlichen Gedeone zum alten weißen Carrìère-Bären ist reizvoll. | |
Die Figuren sind nicht bloß märchenhaft schlicht. So einfach, dabei aber | |
oft grandios sie gezeichnet sind wie der spinnengliedrige, | |
zauberspruchgeizige Hof-Magier Salpêtre, so ambivalent ist ihr Tun. Der | |
wiedergefundene, in den Zirkus gezwungene, von den Toten auferstandene Sohn | |
des Bären macht als Trunkenbold das Casino unsicher, das in der Bärenstadt | |
hinter dem Rücken des Königs aufgemacht worden ist. | |
Bezaubernd ist aber vor allem, wie Mattotti sich alle Freiheiten der | |
Verflüssigung, der Verformbarkeit, der Bildung von Mustern und Ornamenten | |
der Masse nimmt, den Film sich immer wieder zu Bildarien, bei denen man ans | |
Disney-Meisterwerk „Fantasia“ denken kann, aufschwingt. Er lässt Fische | |
fliegen, kullert riesige Schneeballlawinen ins Tal, wechselt ins komplett | |
surreale Register und verleiht seinem Film und der Geschichte einen | |
Rhythmus, der über die bloße Märchenerzählung und Plotspannung hinausgeht. | |
Man kann nur hoffen, dass Mattotti es nicht bei diesem einen Ausflug ins | |
Kino belässt. | |
8 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ekkehard Knörer | |
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