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# taz.de -- Paragraf „Verhetzende Beleidigung“: Kein Schutz für Muslime
> Ein neuer Paragraf soll die Verleumdung bestimmter Gruppen strafbar
> machen. Uneins ist sich die Koalition in der Frage, welche Gruppen
> dazugehören.
Bild: Sie dürfen bald nur noch eingeschränkt Hetze betreiben: Neonazis in Ber…
Angehörige von Gruppen, die im Faschismus verfolgt wurden, sind besonders
schutzbedürftig. Sie wissen aus kollektiver Erfahrung, wie schnell eine
Gesellschaft Zivilisation und Rechtstaatlichkeit vergessen kann und
stattdessen Ausgrenzung und Massenmord billigt. Daher sind Strafnormen, die
Gruppen mit NS-Verfolgungsschicksal besonders schützen, meist sinnvoll und
gerechtfertigt.
Geradezu zynisch ist es jedoch, wenn der Bezug auf die faschistischen
Verbrechen benutzt wird, um Muslime auszugrenzen. Die CDU/CSU schlägt vor,
dass die [1][geplante Strafnorm „verhetzende Beleidigung]“ nur greifen
soll, wenn eine Gruppe mit NS-Verfolgungsschicksal attackiert wird. Welch
bizarre Logik: Vor Ausgrenzung und Verächtlichmachung würde nur geschützt,
wer mindestens einmal Gegenstand deutscher Vernichtungspolitik war.
Gehören denn nur die Gruppen zu Deutschland, die schon mit deutschen KZs
Bekanntschaft gemacht haben? Die Union ist bereit, [2][Sinti und Roma],
[3][Homosexuelle] und sogar Kommunisten mit der neuen Strafnorm zu
schützen. Alle sind nicht gerade Teil der christdemokratischen
Kernklientel. Aber Muslime? Das geht der CDU/CSU dann doch zu weit. Wer in
Deutschland – historisch betrachtet – weder Täter noch Opfer ist, gehört
für die Union einfach nicht richtig dazu.
Doch das Strafrecht darf nicht nur die Opfer von gestern schützen, es muss
auch die Opfer von heute im Blick haben. Wenn Muslime heute lesen müssen,
dass sie in Deutschland nichts zu suchen haben, dass sie alle Terroristen
und Pädophile seien, dass Anschläge auf Moscheen begrüßt werden, dann
fühlen sie sich sich aktuell bedroht und müssen nicht Jahrzehnte
zurückblicken.
Die Anschlagsserie des [4][NSU] und die [5][Morde von Hanau] zeigen, wie
schnell auch heute Diskriminierung und Hetze in tödliche Gewalt umschlagen
können. Die Bundesregierung hat die Einführung der neuen Strafnorm gegen
„verhetzende Beleidigungen“ als eine der Lehren aus Hanau aufgelistet. Es
ist erschütternd, wie die CDU/CSU dieses Vorhaben in der Praxis umsetzen
will.
4 Apr 2021
## LINKS
[1] /Verhetzung-und-Strafrecht/!5764000
[2] /Diskriminierung-von-Sinti-und-Roma/!5758524
[3] /Kommentar-Schwulenverfolgung/!5507659
[4] /NSU-Terror-in-Deutschland/!5708122
[5] /Schwerpunkt-Rechter-Anschlag-in-Hanau/!t5563930
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
IG
Deutschland-Koalition
Antisemitismus
Justiz
Strafrecht
Volksverhetzung
Volksverhetzung
Anti-Rassismus
Belit Onay
Prävention
Nazi-Propaganda
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