# taz.de -- Hamburger Eltern starten Petition: Zurück in die Schule | |
> Fast die Hälfte der Hamburger Schulkinder sah 2021 die Schule noch nicht | |
> von Innen. Nun fordern Eltern eine Teilbeschulung für alle. | |
Bild: So sieht Wechselunterricht aus: Die einen lernen drinnen, die andern blei… | |
HAMBURG taz | Ihm sei klar, dass er sei in heikler Mission unterwegs sei, | |
sagt Christian Martens. Im kleinen Kreis von etwa 15 Eltern aus Niendorf | |
startete er vor einer Woche eine [1][Onlinepetition mit dem Titel „Back to | |
school“]. Darin fordert der Vater zweier Söhne „in allen Klassenstufen | |
zumindest Wechselunterricht“. Denn die Jahrgänge fünf bis acht und elf bis | |
zwölf der Stadtteilschulen sowie fünf, sieben, acht, neun und elf der | |
Gymnasien sind [2][seit Mitte Dezember nur zu Hause]. Die Schließung im | |
ersten Lockdown hinzugerechnet, fehlen ihnen acht Monate Schulbesuch. | |
Die Petition, die das Thema in die Bürgerschaft bringen soll, hatte | |
Donnerstagnachmittag bereits über 2.000 Unterstützer, die meisten selbst | |
betroffen. „Weil alle Kinder in meinem Umfeld, die noch nicht im | |
Wechselunterricht sind, leiden“, schreibt zum Beispiel Maren B. „Die Kinder | |
und Jugendlichen leiden. Ihre psychische und körperliche Verfassung | |
verändert sich“, ergänzt Claudia D. „Die Lehrer gehören sofort geimpft.�… | |
Christian Martens findet die Zahl 2.000 ganz beachtlich, angesichts dessen, | |
dass es ihm nicht möglich war, den Appell über die üblichen Elterngremien | |
zu verbreiten. Auch Politiker täten sich schwer damit. „Die haben Angst, | |
dass sie total Gegenwind bekommen. Schulsenator Rabe war im Herbst wegen | |
der Schulöffnung einem Shitstorm ausgesetzt.“ | |
Den Initiatoren sei klar, dass es auch Forderungen nach noch schärferen | |
Schulschließungen gibt. „Wir machen uns auch Gedanken über das Virus. Aber | |
wir finden, das Risiko muss abgewogen werden gegen den Schaden der | |
Schließung.“ Er selbst sei in der Freizeit Fußballbetreuer und beobachte, | |
wie Kinder ohne Sport an Gewicht zunähmen. Ohne in Klischees verfallen zu | |
wollen, erzählt er, dass die Jungs vor Ballerspielen sitzen, während | |
Mädchen „auf Beautyseiten surfen und sich gegenseitig mobben“. Andere | |
fingen an zu kiffen. | |
## Senator „registriert“ Vorbehalte der Gewerkschaften | |
„Wir wünschen uns die Teilbeschulung für die Schüler, die das wollen.“ | |
Wichtig sei, die Schüler vor den Sommerferien noch einmal in die Schule | |
reinzuholen, „damit sie wissen, dass es weitergeht“. Selbstverständlich | |
müsse dies durch Tests, Masken und weitere Schutzmaßnahmen abgesichert | |
sein. | |
Die Petition ist Rückenwind für Schulsenator Ties Rabe (SPD). Der hatte am | |
Mittwoch im Abendblatt erklärt, er mache sich „große Sorgen“ um diese | |
Kinder, vor allem um die Klassenstufen fünf und sechs. | |
Rabe hatte bundesweit dafür gestritten, dass die Schulen erst ab einen | |
Inzidenzwert von 200 geschlossen werden, nun liegt der Wert in der vom Bund | |
beschlossenen „Notbremse“ bei 165. Da Hamburg, Stand Donnerstag, einen | |
Inzidenzwert von 128,1 hat, gäbe es theoretisch noch Spielraum. | |
Rabe selbst äußerte sich sehr vorsichtig. So könne man, da jetzt die | |
Abiturienten nicht mehr zur Schule gingen, darüber nachdenken, anderen | |
Schülergruppen ein „begrenztes Zutrittsrecht“ zu erteilen. Allerdings | |
registriere er, dass es in Hamburg bei Gewerkschaften, Medien und Politik | |
„stärkere Vorbehalte“ gegenüber offenen Schulen gebe als in anderen | |
Bundesländern. Deshalb wolle er einen „Mittelweg“ gehen. | |
Angesprochen ist die [3][Lehrergewerkschaft GEW]. Die lehnt eine Ausweitung | |
des Wechselunterrichts auf weitere Klassenstufen ab. „Die mittleren | |
Jahrgänge sollten im Distanzunterricht bleiben, solange die Inzidenz nicht | |
unter 100 ist“, sagt der Hamburger Sprecher Frederik Dehnerdt. Die GEW | |
beruft sich dabei auf das Robert-Koch-Institut (RKI), das in seinen | |
Empfehlungen vom 12. Oktober Wechselunterricht bei einem Inzidenzwert von | |
über 50 empfahl, sowie kurzzeitige lokale Schulschließungen. | |
## Laut Behörde Großteil der Lehrkräfte geimpft | |
Allerdings ist eben von „kurzzeitig“ die Rede. Zudem verweist das RKI in | |
der Onlineversion dieses Papiers gleich im Vorwort auf fundierte | |
Handlungsempfehlungen, die im Februar als „S3-Leitlinie“ von einer großen | |
Zahl an Fachgesellschaften erarbeitet wurden. „In dieser Leitlinie wurde | |
bewusst auf die Festlegung einer Inzidenzzahl verzichtet“, sagt Hans-Iko | |
Huppertz von der [4][Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin | |
(DAKJ)]. Denn es gebe andere Faktoren, die zusätzlich zu beachten seien. | |
Auch fehle bisher der empirische Beleg dafür, „dass das Geschehen in | |
Schulen etwas damit zu tun hat, was auf Intensivstationen passiert“. Auch | |
eine Inzidenz von über 100 spräche deshalb nicht dagegen, weitere Schüler | |
in den Präsenzunterricht zu holen. Huppertz: „Das sollte passieren, denn | |
hier werden die Rechte von Kindern mit Füßen getreten.“ | |
Zur Petition befragt, sagt Rabes Sprecher Peter Albrecht, entscheidend sei | |
die weitere Infektionsentwicklung in der Stadt. Immerhin ist laut Albrecht | |
inzwischen „ein Großteil der Lehrkräfte geimpft“, könnten dies doch neben | |
Grundschullehrern inzwischen auch jene mit individuellen Gründen oder | |
Kontakt zu Inklusionsschülern tun. Laut Albrecht macht sich dies bereits | |
bemerkbar. So waren in der Vorwoche von 55.905 Tests bei Schulbeschäftigen | |
nur 19 positiv. Auch bei Schülern sei die Positiv-Rate „erneut rückläufig�… | |
23 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.openpetition.de/petition/online/back-to-school-teil-praesenzbes… | |
[2] /Laengerer-Lockdown-in-Hamburg/!5737047 | |
[3] https://www.gew-hamburg.de/themen/schule/geplanter-inzidenzwert-von-165-ist… | |
[4] https://www.dakj.de/ | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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