# taz.de -- Krankenschwester vor Gericht: Betriebsrätin schlägt Privatklinik | |
> Das Arbeitsgericht stimmt der Kündigung einer Krankenpflegerin nicht zu. | |
> Der Arbeitgeber hatte ihr vorgeworfen, als Betriebsrätin betrogen zu | |
> haben. | |
Bild: Anja C. bekam viel Solidarität. Hier bei einer Kundgebung vor der Klinik | |
HAMBURG taz | Zu viel zu arbeiten ist doch kein Kündigungsgrund – auch | |
nicht, wenn die Arbeitsstunden für den Betriebsrat draufgehen. Das hat das | |
Arbeitsgericht nun festgestellt. Die Richterin gab damit der | |
Krankenpflegerin Anja C. recht, die sich [1][gegen ihren Arbeitgeber, die | |
Privatklinik Fleetinsel, hatte verteidigen müssen]. | |
Der Konzern Atos, der die Klinik betreibt, hatte ihr vorgeworfen, | |
Tätigkeiten für den Betriebsrat außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit | |
verrichtet und dabei auch noch betrogen zu haben. Aufgrund des | |
Schichtbetriebs und der [2][Arbeitsabläufe in der Klinik], hatte sie | |
Tätigkeiten für den Betriebsrat häufig außerhalb der regulären | |
Arbeitszeiten an Feiertagen und Wochenenden erledigt. | |
Die Konzernführung leitete daraus den Vorwurf des Betrugs und der | |
Erschleichung von Arbeitsbefreiung ab, da C. „Zeiten für Betriebsratsarbeit | |
vorgetäuscht hat, die sie tatsächlich nicht (…) geleistet hat“ – so | |
schrieben es die von Atos beauftragten Anwält*innen dem Gericht. | |
Sie forderten die Richterin auf, C.s Kündigung zuzustimmen. Eine solche | |
gerichtliche Zustimmung [3][braucht eine Arbeitgeber*in, um einer | |
Betriebsrätin zu kündigen,] wenn der Betriebsrat – wie in diesem Fall – d… | |
Zustimmung verweigert. Die Richterin wies den Antrag jedoch mit der | |
Begründung ab, der Klinikkonzern habe keine Belege liefern können für die | |
harten Vorwürfe. | |
## Betriebsrät*innen nicht unter Generalverdacht | |
Nicht einmal für einen hinreichenden Verdacht sah die Richterin gute | |
Gründe. „Natürlich ist der Zeitaufwand für außerhalb der Arbeitszeit | |
getätigte Betriebsratstätigkeit für die Arbeitgeberin schwer zu | |
überschauen“, schrieb sie in ihrem Beschluss. „Dies kann aber nicht dazu | |
führen, dass Betriebsräte sich einem Generalverdacht der Täuschung | |
aussetzen.“ Auch Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen seien nicht per se | |
verdächtig. | |
Der Klinikkonzern hat nun noch bis Mitte Mai die Möglichkeit, Beschwerde | |
gegen das Urteil einzulegen. C. ist erleichtert: „Ich freue mich über die | |
Bestätigung, alles richtig gemacht zu haben“, sagte sie. Sie habe es | |
irritierend gefunden, dass ihr Arbeitgeber annahm, sie habe bei den | |
Arbeitszeiten betrogen. Offenbar habe der Konzern ein Problem damit, nicht | |
bestimmen zu können, wann die Betriebsrät*innen ihrer Arbeit | |
nachgingen. | |
Auch der Verteidiger Simon Dilcher freut sich über den Erfolg. „Es ist gut, | |
dass die Arbeitgeber mit ihrem Versuch, eine unbequeme Betriebsrätin | |
loszuwerden, nicht durchkommen“, sagt er. | |
20 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Privatklinik-gegen-Betriebsraetin/!5746849 | |
[2] /Mangel-an-Pflegekraeften-behebbar/!5745075 | |
[3] /Betriebsrat-Kuendigung-vor-Gericht/!5747307 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
## TAGS | |
Gesundheitspolitik | |
Arbeitsrecht | |
Betriebsrat | |
Kunstbetrieb | |
Fleischindustrie | |
Überstunden | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Arbeitskampf im Museumsbuchhandel: Minusstunden in den Museumsshops | |
Die Museumsshops der Münchener Buchhandlung Walther König sind zu. Die | |
Angestellten führen einen Kampf gegen unfaire Werkverträge. | |
Tarifvertrag in der Fleischindustrie: Fleischindustrie reagiert wurstig | |
Bei Betrieben der Zur-Mühlen-Gruppe wurden die Tarifverträge aufgekündigt. | |
Damit könnten sich bald bundesweit schlechte Arbeitsverträge durchsetzen. | |
Arbeitsstreit wegen Überstunden: Kampf gegen Tabak-Konzern | |
Manfred Fischer beliefert Zigarettenautomaten. Ohne Überstunden sei der Job | |
nicht machbar, sagt er. Doch sein Arbeitgeber will die nicht bezahlen. |