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# taz.de -- Bundesnotbremse gegen Corona: Joggen bis Mitternacht
> Die Große Koalition hat sich auf eine Bundesnotbremse geeinigt. Bei den
> Schulen wird verschärft, Ausgangssperren sollen nun erst um 22 Uhr
> beginnen.
Bild: Was ist eine Familie? Wenn man eine ist, darf man jedenfalls noch bis 22 …
Die CDU/CSU und die SPD haben sich in letzter Minute noch auf zahlreiche
Änderungen an der geplanten Bundes-Notbremse gegen Corona geeinigt. So soll
es Erleichterungen bei der Ausgangssperre, [1][beim Kindersport] und im
Einzelhandel geben. Zugleich sollen die Regeln für Schulen strenger werden.
Die Bundes-Notbremse kann voraussichtlich am Wochenende in Kraft treten.
Bisher wurden die Corona-Einschränkungen von den Landesregierungen per
Verordnung beschlossen. Künftig sollen die Shutdown-Maßnahmen automatisch
gelten, sobald der Inzidenzwert in einem Landkreis drei Tage lang über 100
liegt. Diese Bundes-Notbremse wird jetzt in einem neuen Paragraf 28b im
Infektionsschutzgesetz verankert.
[2][Am umstrittensten war bisher die Ausgangssperre] von 21 bis 5 Uhr. Sie
soll nun erst um 22 Uhr beginnen, um gehetzte Abendspaziergänge zu
vermeiden. Außerdem soll von 22 bis 24 Uhr noch individueller Sport im
Freien möglich sein, etwa Joggen, Radfahren oder Seilspringen.
Sport in der Gruppe bleibt bei einem Inzidenzwert über 100 zwar
grundsätzlich verboten. Für bis zu fünf negativ getestete Kinder bis 14
Jahre soll es aber eine neue Ausnahme für „kontaktlosen“ Sport im Freien
geben.
Der Einzelhandel soll im Notbremsen-Fall zumindest vorbestellte Waren
verkaufen dürfen („click and collect“). Bis zu einem Inzidenzwert von 150
sollen getestete Kunden aber auf Termin einkaufen können („click and
meet“).
## Erstmals Pflichten für Unternehmen
Neue Ausnahmen haben die Rechts- und Gesundheitspolitiker:innen der
Koalition für Autokinos, die Außenbereiche von Zoos und für die Fußpflege
beschlossen. Die Fußpflege sei vor allem für ältere Menschen ein
wesentlicher Bestandteil der Körperpflege.
Gegenüber dem Regierungsentwurf wird es bei Schulen eine Verschärfung
geben. Während bisher erst bei einem Inzidenzwert von 200 vom Präsenz- zum
Distanzunterricht gewechselt werden sollte, hat die Koalition die Grenze
auf 165 heruntergesetzt. Eine inhaltliche Begründung für diesen krummen
Wert wurde nicht gegeben.
In die Shutdown-Regelungen wurden erstmals auch Pflichten von Unternehmen
aufgenommen. So müssen sie, wo möglich, Homeoffice anbieten. Bei
Präsenzarbeitsplätzen ist zweimal pro Woche ein Coronatest anzubieten, an
dem die Beschäftigten freiwillig teilnehmen können. Damit werden nur
bestehende Regelungen aus der Arbeitsschutzverordnung ins
Infektionsschutzgesetz verschoben.
Es soll bei dem Automatismus bleiben, [3][dass die Notbremse in den
Landkreisen mit einer Inzidenz über 100 automatisch in Kraft tritt], so die
Koalitionseinigung. Damit die Bürger das aber auch mitbekommen, werden die
Landesbehörden nun zur Bekanntmachung in den betroffenen Landkreisen
verpflichtet.
## Die Grünen wollten Zoos öffnen
Eigentlich können betroffene Bürger gegen gesetzliche Shutdown-Regeln nur
das Bundesverfassungsgericht anrufen – falls sie die Regeln für
unverhältnismäßig streng halten. Die Koalition weist in der Begründung
ihres Änderungsantrags aber darauf hin, dass auch eine präventive
Feststellungsklage zu den Verwaltungsgerichten möglich sei.
Die Bundesregierung soll weiterhin die gesetzlichen Notbremse-Regelungen
per Verordnung ver- oder entschärfen dürfen. Die Koalition bestand jedoch
darauf, dass nicht nur der Bundesrat, sondern auch der Bundestag aktiv
zustimmen muss. Schweigen soll dabei nicht als Zustimmung gelten.
Das Gesetz wird an diesem Montagnachmittag in einer Sondersitzung des
Gesundheitsausschusses beraten. Am Mittwoch ist die abschließende
Beschlussfassung im Bundestag. Am Donnerstagmorgen kommt der Bundesrat zu
einer Sondersitzung zusammen. Anschließend kann der Bundespräsident das
Gesetz unterzeichnen. Theoretisch kann die Notbremse bereits am kommenden
Wochenende oder Anfang nächster Woche in Kraft treten.
Das Gesetz ist laut Koalition im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig.
Dagegen haben bisher auch die Grünen, die in elf Ländern mitregieren, nicht
protestiert. Entsprechend gering war am Wochenende ihr Einfluss bei den
Verhandlungen. Aus Koalitionskreisen war zu hören, dass die Öffnung der
Zoos auf einen Wunsch der Grünen zurückging. Deren Hauptforderung war aber
die Einführung verbindlicher Tests in Unternehmen.
FDP-Chef Christian Lindner hatte im Vorfeld Verfassungsklagen gegen die
Ausgangssperre angedroht. Davon war am Montagnachmittag aber nicht mehr die
Rede. Nun kündigte er Änderungsanträge seiner Fraktion an.
Wichtig war der Koalition, ein Außerkrafttreten des Gesetzes am 30. Juni
2021 festzuschreiben. Bei Bedarf muss der Bundestag es dann neu
beschließen.
19 Apr 2021
## LINKS
[1] /Jugend-und-Sport-in-der-Pandemie/!5763154
[2] /Bundesweites-Infektionsschutzgesetz/!5766771
[3] /Coronanotbremse-des-Bundes/!5760639
## AUTOREN
Christian Rath
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