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# taz.de -- Bidens erste Pressekonferenz: Der Erwartungsmanager
> US-Präsident Biden gibt sich beim ersten Pressetermin im Weißen Haus
> bescheiden. Seine Strategie: wenig ankündigen und es dann überbieten.
Bild: Keine Neuauflage der irren Trump-Show: Biden am Donnerstag im Weißen Haus
New York taz | Nach 58 Tagen im Amt hat [1][US-Präsident Joe Biden] erste
Erfolge vermeldet: Dazu gehört, dass bis Freitag 100 Millionen Menschen in
den USA zumindest eine erste Covid-Impfung erhalten und dass mehr als 100
Millionen seiner Landsleute bereits Schecks aus dem
1,9-Billionen-Dollar-Konjunkturpaket bekommen haben.
„Die Hilfe ist hier“, sagte der neue Präsident bei seiner ersten
Pressekonferenz im Weißen Haus. Zugleich kündigte er sein nächstes großes
Vorhaben an: ein massives Infrastrukturprogramm. Auf andere Fragen – von
der Einwanderungspolitik über die Blockade der RepublikanerInnen im Senat
bis zur Schusswaffenkontrolle – blieb er konkrete Antworten schuldig.
Wer bei der ersten Pressekonferenz des neuen Präsidenten auf eine
Neuauflage der Schau von seinem Amtsvorgänger gehofft hatte, wurde am
Donnerstag enttäuscht. Biden beleidigte niemanden, verwies mehrfach auf die
Arbeit von MinisterInnen und seiner Vizepräsidentin, sagte an verschiedenen
Stellen, dass er keine Antwort habe und verhaspelte sich kein einziges Mal.
Er war gut gelaunt und behandelte die JournalistInnen, die sein
Amtsvorgänger als „Staatsfeinde“ beschimpft hatte, höflich.
„Natürlich kommen die MigrantInnen aus Zentralamerika nicht in die USA,
weil ich so ein netter Kerl bin“, sagte er einer Reporterin. Einer anderen,
die wissen wollte, ob er 2024 erneut kandidieren werde, antwortete er mit
breitem Grinsen: „Davon gehe ich aus“.
## Moralische Schwere
Auf andere Fragen antwortete Biden mit moralischer Schwere. Die Serie von
Gesetzen zur Einschränkung des Wahlrechts in republikanisch regierten
Bundesstaaten? „Unamerikanisch“ und „krank“. Ein neunjähriger Junge aus
Honduras, der allein in die USA gekommen ist? „Ich werde ihn nicht jenseits
der Grenze verhungern lassen“. Die Blockadepolitik der RepublikanerInnen im
Senat mit dem Filibustern? Ein „Missbrauch“.
Darüber hinaus erwähnte Biden die Rolle der Gewerkschaften beim Entstehen
der US-amerikanischen „Middle Class“ und seine Absicht, künftig „die Arb…
und nicht den Wohlstand“ zu honorieren.
Bidens Ziele waren unschwer zu erkennen. Dem Präsidenten ging es darum, die
Erfolge seiner Regierung zu feiern, bevor sie in Vergessenheit geraten. Und
zugleich im Stil auf Distanz zu Donald Trump zu gehen. Nachdem der vier
Jahre lang bei jedem Auftritt geprahlt hat, probiert Biden nun ein
demonstrativ bescheidenes Auftreten.
Er kündigt Projekte an, die seine Regierung anschließend überbietet. Bevor
Biden am Donnerstag erklärte, dass bis zu seinem 100. Tag im Amt 200
Millionen Covid-Impfungen in den USA verabreicht werden sollen, hatte er
öffentlich nur die Hälfte davon geplant.
Die KorrespondentInnen in Washington hatten auf die erste Pressekonferenz,
die zu einem vergleichsweise späten Zeitpunkt kam, gedrängt. Anders als in
den ersten Wochen von Trumps Amtszeit, als beinahe täglich neue
Geheiminformationen aus dem Weißen Haus durchsickerten – etwa Trumps Frage,
ob Folterzentren des CIA wiederbelebt werden könnten – funktioniert das
Team von Biden bislang wie eine nach außen geschlossene Front.
## Keine Verschärfung des Waffenrechts
Beim [2][Thema Südgrenze, wo RepublikanerInnen und rechte Medien angesichts
tausender MigrantInnen] in den letzten Wochen eine neue Krise herbeireden,
versuchte Biden bei seiner Pressekonferenz, Entwarnung zu geben. Er nannte
die gegenwärtigen Einwanderungsversuche jahreszeitbedingt und verglich sie
mit den Wintermonaten in früheren Jahren vor der Pandemie.
Zugleich betonte er, dass die meisten Neuankömmlinge – einzelne Erwachsene
und Familien – umgehend abgeschoben würden. Anders als sein Vorgänger will
er jedoch Familien nicht an der Grenze trennen. Auch will er allein
ankommende Minderjährige zunächst in den USA aufnehmen. Biden kündigte
zudem an, dass die Minderjährigen in den nächsten Tagen aus den Lagern des
Grenzschutzes heraus und in andere Unterkünfte gebracht werden sollen. Doch
er sagte nicht, wann JournalistInnen die überfüllten Unterkünfte besuchen
könnten.
Trotz der beiden großen [3][Massenmorde in Atlanta und Boulder] und
verschiedener kleiner Schießereien in den zurückliegenden Tagen kündigte
Biden auch keine Verschärfungen im Schusswaffenhandel an. Im Senat haben
die RepublikanerInnen klargemacht, dass sie solche Reformen verhindern
wollen.
„Es ist alles eine Frage des Timings“, sagte Biden, „Präsidenten sind zu
großen Teilen dann erfolgreich, wenn sie den richtigen Zeitpunkt erkennen“.
Einblicke in seinen Pragmatismus gab er auch an anderen Stellen seiner
ersten Pressekonferenz: „Erfolgreiche Wahlkampfpolitik“, sagte er, „ist d…
Kunst des Möglichen“.
26 Mar 2021
## LINKS
[1] /Joe-Biden/!t5019807
[2] /Migrationspolitik-der-USA/!5759761
[3] /Schuesse-im-US-Bundesstaat-Colorado/!5760113
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
US-Wahl 2024
Joe Biden
Migration
Waffenrecht
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