# taz.de -- Wahlrecht in den USA: Georgia erschwert das Wählen | |
> Vor allem Minderheiten werden in Georgia mit dem neuen Wahlgesetz an der | |
> Stimmabgabe gehindert – so wie in immer mehr republikanischen | |
> Bundesstaaten. | |
Bild: Vor der US-Präsidentschaftswahl 2020: Ein Wahlhelfer erklärt in Atlanta… | |
NEW YORK taz | Wer Wasser an WählerInnen verteilt, die stundenlang in | |
Warteschlangen stehen, macht sich künftig strafbar. Wer seine Stimme per | |
Briefwahl abgeben will, muss Ausweispapiere vorlegen, über die längst nicht | |
alle verfügen. Und wenn eine County-Wahlbehörde ein Ergebnis | |
veröffentlicht, das der Spitze des Bundesstaates nicht passt, kann diese | |
eine neue Behörde einsetzen. | |
So steht es in dem neuen Wahlgesetz, das Brian Kemp, Gouverneur des | |
US-Bundesstaats Georgia, am Donnerstag unterschrieben hat. Das Gesetz mit | |
Dutzenden Einschränkungen für WählerInnen ist die Revanche der | |
republikanischen Mehrheit in den beiden Kammern des Bundesstaates für die | |
Ergebnisse der jüngsten Urnengänge: Georgia, das jahrzehntelang rechts | |
gewählt hat, stimmte im November [1][mehrheitlich für den Demokraten Joe | |
Biden] als neuen US-Präsidenten. [2][Bei Stichwahlen] im Januar | |
[3][entsandte es zwei Männer in den Senat], die den DemokratInnen in | |
Washington ihre hauchdünne Mehrheit verschafften. | |
Beide Ergebnisse waren politische Erdbeben. Der Ex-Präsident [4][Donald | |
Trump sprach von Fälschungen]. Aber die Ergebnisse waren so klar, dass sie | |
die regierenden RepublikanerInnen in Georgia als rechtmäßig bezeichnen | |
mussten. | |
Wäre das neue Gesetz schon im November in Kraft gewesen, wären die Wahlen | |
in Georgia anders ausgegangen. Die Regierung des Bundesstaates hätte im | |
Vorfeld die Briefwahl einschränken und im Nachhinein die Auszählungen in | |
den mehrheitlich demokratischen Counties anfechten können. | |
## Gesetz beruht auf Trumps Lügen | |
Die neuen Regeln treffen insbesondere Menschen, die überwiegend | |
DemokratInnen wählen, und erschweren AfroamerikanerInnen, Latinos, Native | |
Americans, jungen Leuten und Armen das Wählen. Diese WählerInnen leben in | |
Georgia häufig in strukturschwachen Gebieten, wo die Wege zu Wahllokalen | |
und die Warteschlangen lang sind. Sie verfügen seltener über Ausweise – | |
weil sie weder Führerscheine haben noch ins Ausland reisen. | |
Während Gouverneur Kemp das Gesetz in einem Raum des Kapitols unterschrieb, | |
an dessen Wand ein Gemälde von einer Plantage mit Sklaven hängt, klopfte | |
eine demokratische Abgeordnete des Bundesstaates von außen an die getäfelte | |
Tür. Die schwarze Demokratin Park Cannon, eine Gegnerin des Gesetzes, | |
wollte Zugang zu der Zeremonie haben. Stattdessen legten Beamte ihr | |
Handschellen an und führten sie ab. Sie wurde wegen „Behinderung der | |
Polizei“ und „Störung“ angeklagt. | |
Kemp sagte, das Gesetz mache es „einfach, zu wählen“, und „schwer, zu | |
betrügen“. Aber der „Wahlbetrug“, mit dem die RepublikanerInnen das Gese… | |
begründen, ist eine Propagandalüge von Trump seit seiner Wahlniederlage. | |
Tatsächlich gab es im November eine Rekord-Wahlbeteiligung und keinen | |
nennenswerten Betrug – darin sind sich demokratische und republikanische | |
Wahlbehörden und Gerichte einig. | |
## Kritik von Biden und BürgerrechtlerInnen | |
Doch das Gesetz in Georgia ist auch Resultat einer langjährigen Kampagne, | |
die sich durch alle Bundesstaaten mit republikanischen Mehrheiten zieht. | |
Das Wahlrecht in den USA obliegt den Bundesstaaten – weshalb es | |
unterschiedliche Regeln über die Registrierung von WählerInnen oder | |
Ausweispflichten gibt. Sämtliche republikanischen Bundesstaaten versuchen, | |
[5][das Wahlrecht von Minderheiten einzuschränken]. | |
Das Wahlrechtsgesetz von 1965, das die Bürgerrechtsbewegung erkämpft hatte, | |
hielt diese Ansinnen ein halbes Jahrhundert lang unter Kontrolle. Demnach | |
mussten Eingriffe in das Wahlrecht in den des Rassismus verdächtigten, | |
einschlägigen Bundesstaaten vom Bundesjustizministerium geprüft werden. | |
Doch im Juni 2013 schaffte das Oberste Gericht mit seiner konservativen | |
Mehrheit diese Aufsicht ab. Schon am Tag danach verschärfte Texas sein | |
Wahlrecht, weitere Bundesstaaten folgten. Derzeit stehen mehr als 250 | |
Gesetze mit Restriktionen beim Zugang zu Wahlen in 43 Bundesstaaten zur | |
Debatte. | |
Joe Biden hat das Gesetz in Georgia als „unamerikanisch“ und „krank“ | |
bezeichnet. Bürgerrechtsgruppen wollen gerichtlich dagegen vorgehen. Und im | |
Kongress in Washington arbeiten die DemokratInnen an zwei Gesetzen, die das | |
Wählen für alle erleichtern sollen. | |
28 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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