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# taz.de -- Berlins Zoo plant Gesichtserkennung: „Das geht gar nicht“
> Die Pläne des Zoos, biometrische Daten der Besucher zur Gesichtserkennung
> zu nutzen, werden von der Koalition klar abgelehnt.
Bild: Instrumentalisiert: Berliner Panda Pit wird zum Werbegesicht für die bio…
Berlin taz | Vernichtender hätten die Reaktionen aus der Berliner
rot-rot-grünen Koalition nicht ausfallen können. „Eine Software zur
Gesichtserkennung einzuführen wäre wohl das Letzte gewesen, was mir
eingefallen wäre, wenn es um einen beschleunigten Einlass in den Zoo geht“,
sagt ein empörter Sven Kohlmeier, SPD-Abgeordneter und Sprecher seiner
Fraktion für Datenschutz, am Freitag. Und Sebastian Schlüsselburg, sein
Kollege aus der Linksfraktion, erklärt: „Das geht gar nicht. Zweck und
Mittel stehen in keinem Verhältnis.“
Gemeint sind die von der taz am Donnerstag publik gemachten [1][Pläne des
Berliner Zoos], von Jahreskartenbesitzer*innen biometrische Daten zu
erheben und zu speichern, um die Einlasskontrolle zu beschleunigen. Dafür
führt der Zoo nach Aussagen eines Sprechers ein neues Ticketsystem ein, das
bei erstmaligem Besuch diese Daten von den Karteninhaber*innen mit
Kameras aufnimmt und dann dem Jahresticket dauerhaft zuordnet. Starten soll
die Datenerfassung bereits am 20. April, die Teilnahme sei „natürlich
freiwillig“, wie der Sprecher auf taz-Anfrage mitteilte.
Die Pläne an sich wären schon skandalös genug, schließlich handelt es sich
um einen „erheblichen Eingriff in die Grundrechte“, wie Schlüsselburg
betont, der nur in Ausnahmefällen überhaupt zulässig ist. Doch schlimmer
noch: Berlins Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk wurde vorab überhaupt
nicht eingebunden – dabei gehört der Zoo dem Land. „Skandalös“ sei dies…
Vorgehen, sagt Kohlmeier. Landesunternehmen müssten vielmehr Vorreiter sein
beim Datenschutz. „Wie sollen wir das sonst von privaten Firmen
einfordern?“
Maja Smoltczyk hat gegenüber der taz angekündigt, dass sie dem Zoo
inzwischen einen „ausführlichen Fragenkatalog“ übersandt hat und das
Vorhaben prüfen werde. Und auch die Abgeordneten handeln: Die Pläne des
Zoos werden Thema in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Datenschutz
am 19. April sein; Zoochef Andreas Knieriem wird dabei Rede und Antwort
stehen müssen.
Fragwürdig ist ein weiteres Detail beim Vorgehen des Zoos. Zwar werden nach
Aussage des Sprechers derzeit alle Inhaber*innen von Dauerkarten über
die Pläne postalisch informiert. Doch in dem Schreiben, das der taz
vorliegt, ist keine Rede davon, dass die Erfassung der biometrischen Daten
freiwillig sei. Offenbar hofft man, so möglichst viele
Kartenbesitzer*innen zur Teilnahme an dem neuen System zu bewegen.
## Datendiebstahl beim Ticketverkauf
Schließlich ist auch der Zeitpunkt schwierig: Erst Anfang März wurden rund
200.000 Daten, darunter Namen und E-Mail-Adressen, von Zoobesucher*innen
geklaut. Sie hatten über den niederländischen Anbieter Ticketcounter, der
mit dem der Zoo zusammenarbeitet, Online-Eintrittskarten erworben.
„Das war schon ärgerlich genug“, sagt Sebastian Schlüsselburg, selbst
Betroffener. Doch eine geklaute und deshalb zugespamte E-Mail-Adresse könne
man notfalls austauschen. „Mit biometrischen Daten geht das nicht: Ein
Gesicht ist unveränderlich.“ Die Pläne des Zoos seien deswegen „vollstän…
abzulehnen“.
Kohlmeier wiederum zeigt sich irritiert über eine Begründung des Zoos,
wonach Sicherheitsaspekte in der Pandemie eine Rolle gespielt hätten: „Man
führt doch nicht freiwillig eine Gesichtserkennung ein, zumal die Leute
derzeit alle Masken tragen.“ Eine elektronisch lesbare Jahreskarte würde
auch ausreichen. Dafür müssten diese ausgetauscht werden – das aber will
der Zoo bisher vermeiden.
9 Apr 2021
## LINKS
[1] /Biometrische-Datenerfassung-im-Zoo/!5759072
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Gesichtserkennung
Datenschutz
Zoo Berlin
Datenschutzbeauftragte
Gesichtserkennung
Biometrie
Datenschutz
Schwerpunkt Überwachung
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