# taz.de -- Debatte um einheitliche Coronapolitik: Der Tag nach dem Machtwort | |
> Kanzlerin Angela Merkel will die Länder zur Einhaltung der Notbremse | |
> verpflichten. Selbst von dort kommen nun Rufe nach mehr Einheitlichkeit. | |
Bild: Hilft ein bundesweites Gesetz gegen die Pandemie? Kanzlerin Merkel am Son… | |
Berlin taz | Die Drohung war unüberhörbar: Wenn in absehbarer Zeit nichts | |
passiere, müsse sie überlegen, wie sich das vielleicht auch | |
bundeseinheitlich regeln lasse. Kanzlerin [1][Angela Merkel wandte sich in | |
der Talksendung Anne Will] am Sonntagabend wie eine strenge Mutter an die | |
renitenten Bundesländer, die sich bislang weigern, die verabredete | |
Notbremse umzusetzen. Darunter auch das schwarz-gelb regierte | |
Nordrhein-Westfalen und das rot-rot-grüne Berlin, die bislang keine | |
Lockerungen zurückgenommen haben, obwohl die landesweiten Inzidenzen drei | |
Tage in Folge über 100 lagen. | |
Aber kann Merkel ihre Drohung überhaupt wahrmachen? Dazu müsste sie die | |
Länder ja praktisch entmachten und Bundestag und Bundesregierung zu | |
Dirigenten der Corona-Politik machen. Sympathie für den Vorstoß gibt es | |
durchaus, etwa beim Koalitionspartner SPD. Sie sei eine Freundin | |
bundeseinheitlicher Regeln, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin | |
Sabine Dittmar der taz. „Aber ich weiß nicht, woher Frau Merkel die | |
Zuversicht nimmt, dass die Länder sich dran halten.“ Auch der Anfang März | |
vereinbarte Stufenplan gebe ja einheitliche Kriterien vor, ab welcher | |
Inzidenz Lockerungen erlaubt oder wieder zurückgenommen werden müssen. | |
„Diese Regeln müssen nur umgesetzt werden“, sagte Dittmar. | |
Dass auch Länder wie das SPD-regierte Berlin sich nicht daran hielten, | |
mache sie ratlos. „Ich habe kein Verständnis für Öffnungsstrategien | |
angesichts steigender Infektionszahlen“, sagte Dittmar. | |
Man könne nur an die Länder appellieren, dass sie sich an Vereinbarungen | |
hielten. Dass künftig der Bundestag den Takt vorgibt und die | |
Corona-Maßnahmen beschließt, hält sie nicht für realistisch. Auch in diesem | |
Fall müssten die Länder ja mitziehen – sprich den Gesetzen im Bundesrat mit | |
Mehrheit zustimmen. Die nächste Bundesratssitzung ist für den 3. Mai | |
angesetzt. „Entscheidend ist aber, dass wir jetzt handeln damit die Zahlen | |
in den nächsten drei, vier Wochen sinken“, sagte Dittmar. | |
FDP-Vize Wolfgang Kubicki kritisiert Merkel dagegen scharf. „In Deutschland | |
gilt nicht das Wort der Kanzlerin, sondern Verfassung und Gesetze“, so | |
Kubicki zur taz. Selbst wenn der Bundestag ein neues Infektionsschutzgesetz | |
beschließe, sei die Ausführung immer noch Ländersache. Kubicki verweist | |
darauf, dass das Infektionsschutzgesetz die Länder sogar dazu verpflichtet, | |
Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des jeweiligen Infektionsgeschehens | |
regional bezogen umzusetzen. | |
Bundeseinheitliche Regelungen über das Infektionsschutzgesetz oder gar per | |
Verordnung aus dem Kanzleramt hält er weder für umsetzbar noch für nötig. | |
Schon jetzt könne jeder Landkreis eigene Maßnahmen beschließen, [2][sobald | |
die Inzidenz den Schwellenwert von 100 überschreite]. „Die | |
Ministerpräsidentenkonferenz ist kein Gesetzgebungsorgan, ihre Beschlüsse | |
sind demzufolge Handreichungen, aber keine gesetzlichen Grundlagen“, stellt | |
Kubicki klar. | |
Der FDP-Politiker plädiert grundsätzlich für eine stärkere Einbeziehung des | |
Bundestags. Der sollte darüber debattieren, welche Maßnahmen wann ergriffen | |
und wie überprüft werden. Man sei dazu auch kurzfristig in der Lage. „Wäre | |
der Bundestag frühzeitig mit eingebunden gewesen, dann wäre uns das, was | |
vergangenen Montag passiert ist, erspart geblieben“, meint Kubicki. | |
Auch die Grünen wollen den Bundestag künftig stärker beteiligt sehen. „Frau | |
Merkel muss jetzt dem Parlament einen gesetzlichen Stufenplan vorlegen. Wir | |
sind jederzeit bereit, kurzfristig im Bundestag zu einer Sondersitzung | |
zusammen zu kommen, um notwendige Beschlüsse zu fassen“, so die | |
parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann zur taz. | |
Und die Länder? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte in den | |
Tagesthemen, er könne sich mehr Kompetenzen in Bundeshand vorstellen. Auch | |
der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) verwies gegenüber der | |
dpa darauf, dass sein Land ja schon vor Monaten einen bundeseinheitlichen | |
Kriterienkatalog vorgeschlagen hatte. „Ich sage immer noch: Dann macht es | |
doch endlich!“ | |
29 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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