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# taz.de -- Kubas neue Fußball-Strategie: Dogma-Lockerungen
> Kubas Fußballnationalteam öffnet sich vor der WM-Quali erstmals für
> Spieler, die im Ausland kicken. Die Selección soll besser werden.
Bild: Hoffnungsträger: Onel Hernández, hier noch im Braunschweiger Trikot, so…
Onel Hernández heißt die große Hoffnung des kubanischen Fußballs. Der
Linksaußen von Norwich City, dem letztes Jahr das erste kubanische Tor in
der Premier League glückte und das auch noch gegen Manchester United, soll
Ende März erstmals für die kubanische Selección auflaufen. Für Hernández,
im kubanischen Morón geboren, aber in Deutschland aufgewachsen, ausgebildet
und 2018 von Eintracht Braunschweig nach Norwich transferiert, eine
Herzensangelegenheit.
Für die kubanischen Hinchas, Fans, ist das eine gute Nachricht, und daran
ließ auch die kubanische Zeitung Invasor aus Ciego de Ávila keinen Zweifel.
Gleich drei Kicker der vom kubanischen Fußballverband (AFC) vorgestellten
und vom Coach Pablo Elier Sánchez nominierten Equipe stammen aus der in
Zentrum Kubas liegenden Provinz, jubelte das Blatt – einer von ihnen: Onel
Hernández.
Der 28-jährige ist der international bekannteste Legionär der Selección,
die erstmals von elf Spieler verstärkt wird, die im Ausland professionell
kicken. Ein Novum in Kuba, da der Verband in den letzten zwei, drei Dekaden
standhaft darauf verzichtete, Legionäre zu berufen. Für die Fans auf der
Insel ein Ärgernis, denn die Selección kam in den Qualifizierungsspielen
für Weltmeisterschaften nicht über die Rolle des Punktelieferanten hinaus.
Zuletzt gab es im Juni 2019 zwei deftige 0:7-Niederlagen gegen Mexiko und
Kanada. Die beschleunigten vermutlich das Umdenken, denn von den Fans
hagelte es Kritik. [1][Fußball ist auf der Insel populär, läuft dem Beísbol
cubano, lange der Nationalsport, langsam den Rang.] Dafür reicht ein Blick
in die Straßen von Santiago de Cuba oder Havanna, wo die Kids auf den
Straßen öfter dem Ball als dem korkummantelten Beísbol hinterherlaufen und
wo die Logos von Real Madrid, Barcelona und anderen Klubs immer mal wieder
auf Hauswänden prangen.
Offiziell wird fútbol in Kuba seit Mitte der 1990er Jahre gefördert. Längst
wird auch im Schulsport gekickt, und mit der Verpflichtung ausländischer
Trainer sollte das Nationalteam ein neues fußballerisches Niveau
eingehaucht bekommen. [2][Darunter war mit Reinhold Franz auch ein
deutscher Coach], der im Januar 2008 die Mission antrat, Kubas Selección
für die WM 2010 zu qualifizieren. Dafür ging Franz mit der kubanische
Equipe auf Europatournee, vereinbarte mit etlichen Zweitligisten wie dem FC
St. Pauli Freundschaftsspiele. So sollten die Inselkickern Spielpraxis auf
einem anderen Niveau als auf Kuba möglich erhalten.
Doch wie etliche seiner Vorgänger scheiterte Franz letztlich an den wenig
professionellen Bedingungen auf der Insel, wo es kaum eine Handvoll echte
Fußballstadien gibt, sowie an den ideologischen Parametern. Eine Niederlage
gegen das Imperium im Norden, die USA, wobei sich obendrein zwei
Nationalspieler absetzten, besiegelte das Aus für Franz im Oktober 2008.
[3][Republikflucht,] aber auch die legale Auswanderung von
Sportler*innen ist auf der revolutionären Insel ein Politikum. Wer geht,
so die lange geltende Devise, kann es vergessen, jemals im kubanischen
Trikot aufzulaufen.
## Kommunikation per Videochat
Genau das beginnt sich zu ändern. Die Berufung von Legionären, die vorab
lange hinter den Kulissen diskutiert wurde, so kubanische Journalisten wie
Alexander Ramírez von Gol Cuba, ist ein Beleg dafür. Das betrifft den
Fußball, aber auch andere Sportarten, und steht für die Lockerung der
rigiden, ideologischen Vorgaben.
Für Kubas Fußballfans ein Hoffnungsschimmer, denn Legionäre wie der
21-jährige Innenverteidiger Carlos Vásquez aus der zweiten spanischen Liga
oder der 29-jährige Jorge Corrales aus der zweiten US-Liga bringen wie Onel
Hernández Qualität mit. Sie können die Selección auf ein höheres Niveau
heben.
Die große Unbekannte ist nur wie sich die externen Kicker in das taktische
Konzept von Coach Pablo Elier Sánchez einfügen. Für den kein gravierendes
Problem: „Wir kommunizieren per Videochats, und als Profis verstehen sie
schnell, was wir von ihnen taktisch erwarten“, zeugte sich der Coach auf
einer Pressekonferenz optimistisch.
Doch schon beim ersten Spiel gegen Guatemala, den Favoriten der Gruppe,
muss die Equipe liefern, und die Voraussetzungen dafür sind alles andere
als rosig. Am 21. März sollen sich die kubanischen Kicker in
Guatemala-Stadt treffen. Gerade mal zwei Trainingstage stehen auf dem
Programm, bevor es am 24. März gleich gegen den Favoriten der Gruppe,
Guatemala, geht. Eine echte Herausforderung, denn anders als die Legionäre
haben die Kicker von der Insel seit Monaten coronabedingt kein Spiel
bestritten. Die anvisierte Qualifikation für Katar 2022 steht nicht unter
dem besten Stern.
20 Mar 2021
## LINKS
[1] /Lieblingssport-in-Kuba/!5452903
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[3] /Sportlerflucht-aus-Kuba/!5169752
## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Kuba
Fußball
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