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# taz.de -- Kubanische Sportler auf der Flucht: Profitieren vom Prekären
> Sechs U-23-Nationalspieler der kubanischen Baseball-Auswahl setzen sich
> bei einem Turnier in Mexiko ab. Verantwortung dafür tragen auch die USA.
Bild: Aroldis Chapman verließ 2009 in Rotterdam Kubas Nationalteam und spielt …
Dariel Fernández Baz schlich sich am Morgen aus der Unterkunft seines
Teams, am späten Nachmittag hatte der Baseball-Spieler aus Pinar del Río
schon einen Vertrag mit einer Agentur unterzeichnet. Das Ziel des
talentierten Pitchers der kubanischen Nationalmannschaft der unter
23-Jährigen ist klar: Er will in der US-amerikanischen Mayor League
Baseball spielen. Dabei soll ihm Carlos Pérez von RI Total Sports fortan
helfen und Kontakte zu den Teams knüpfen, damit er dort vorspielen kann.
Agenten wie Pérez umschwirren die Talente aus der Region bei den
einschlägigen Turnieren des Nachwuchses wie die Motten das Licht und in
Ciudad Obregón wurden sie fündig.
Gleich sechs kubanische Nachwuchsspieler verließen am letzten Wochenende
die Unterkunft ihres Teams, um sich abzusetzen und ihr Glück im Profisport
zu suchen. Das ist ein historischer Aderlass und der hatte umgehend eine
Reaktion des kubanischen Baseball-Verbandes zu Folge.
Der machte die USA für die Republikflucht des Sextetts verantwortlich. Das
ergibt durchaus Sinn, denn im Dezember 2018 war ein Abkommen zwischen der
kubanischen Seite und den 30 Teams der Mayor League Baseball der USA
unterschriftsreif ausgehandelt worden und scheiterte in letzter Sekunde am
Veto aus dem Weißen Haus. Donald Trump war es damals, der sich gegen ein
offizielles Abkommen stellte, dass d[1][ie illegale Ausreise kubanischer
Baseball-Cracks] und deren Anwerbung durch US-amerikanische Agenten
unterbinden sollte.
Wie mit anderen Baseball-Ligen auch sollte es fortan Regeln,
Ausbildungsentschädigungen und Co auch für kubanische Stars und Talente
geben, um den Athleten ihren Traum in der stärksten Liga der Welt, eben der
US-amerikanischen Mayor League Baseball, zu ermöglichen. Allerdings ohne
die Zelte auf der Insel komplett abzubrechen und fortan auch nicht mehr für
die Nationalmannschaften der Insel aufzulaufen.
## Hoher Preis der Flucht
Ein durchaus sinnvolles Abkommen, dass damals von kubanischen Exstars wie
Higinio Vélez, Extrainer, ausgehandelt und von zahlreichen Stars wie
Orlando „El Duque“ Hernández oder José Abreu begrüßt wurde. Nicht ohne
Grund, denn Orlando „El Duque“ Hernández gehört zu den kubanischen Stars,
die illegal die Insel per Boot verließen, um sich in der Mayor League
Baseball mit den Besten der Welt zu messen. Erfolgreich. Doch der Preis war
hoch. Denn mehr als acht Jahre konnte der Baseball-Champion seine Familie
nicht sehen.
Das gilt ebenfalls für einige derzeit noch aktive Spieler wie Aroldis
Chapman, der 2009 in Rotterdam die Nationalmannschaft verließ. Auch
Yulieski Gurriel, derzeit mit seinen 37 Jahren auf dem besten Weg zum
besten Schläger mit der Holzkeule der Mayor League Baseball gekürt zu
werden, stammt aus Kuba – ging aber legal im Herbst seiner Karriere, um
noch einmal groß aufzuspielen.
Genau davon träumen die sechs Talente, die dem kubanischen Nachwuchsteam
den Rücken kehrten. Mit den Besten spielen, ist jedoch nur die eine Seite
der Medaille. Die andere ist es, den prekären Bedingungen auf der Insel zu
entfliehen, wo Béisbol zwar Nationalsport ist, wo aber die Ausstattung, die
Infrastruktur in den letzten Jahren immer schlechter wurde und wo die
ökonomischen Probleme an allen Ecken sichtbar sind. In den USA zu spielen,
sich dort durchzusetzen, bedeutet auch gut zu verdienen und so die
Möglichkeit zu haben, die eigene Familie auf der Insel zu unterstützten.
Das ist der zweite, immer wichtiger werdende Grund für die Abwanderung von
der Insel. Darüber, so kritisiert die Onlineplattform El Diario de Cuba,
ist in der Erklärung des kubanischen Verbandes nicht zu lesen. [2][Die
prekären Bedingungen auf der Insel] machen es den Talentscouts der Mayor
League Baseball, aber auch den unzähligen kleinen Agenturen wie jener von
Carlos Pérez leicht, die Talente abzufischen.
Das dabei Verträge unterzeichnet werden, die längst nicht immer im
Interesse von Talenten wie Dariel Fernández Baz sind, ist vollkommen
unstrittig. Allerdings gibt es kaum eine Alternative für die sechs Spieler,
die nun über Mexiko versuchen werden, einen Klub in der Mayor League
Baseball zu ergattern.
29 Sep 2021
## LINKS
[1] /Kubas-Nationalsport-Baseball-in-der-Krise/!5500635
[2] /Sportnation-Kuba-in-der-Krise/!5787591
## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Baseball
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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