| # taz.de -- Humanitäre Lage in Jemen: Die Not wird immer größer | |
| > Fast vier Milliarden US-Dollar an humanitärer Hilfe braucht der Jemen | |
| > laut UNO allein im Jahr 2021. Nun beginnt eine internationale | |
| > Geberkonferenz. | |
| Bild: Versorgung gegen Unterernährung: Szene aus einem Krankenhaus in Jemens H… | |
| Berlin taz Vor kurzem noch galt [1][Marib] als friedliche Oase mitten im | |
| Bürgerkriegsland Jemen. Hunderttausende fanden hier Zuflucht und ließen die | |
| Stadt von weniger als 40.000 auf rund 1,5 Millionen Einwohner*innen | |
| anwachsen. | |
| Nun steht Marib im Zentrum des Kriegs. An mehreren Fronten gleichzeitig | |
| rücken die Huthi-Rebellen, die vor allem Jemens Hauptstadt Sanaa und das | |
| Umland kontrollieren, auf Marib vor und scheinen fest entschlossen, nun | |
| auch diese ölreiche Provinz zu erobern. | |
| Mit mehr als 60 Toten war Freitag bisher der blutigste Tag der Kämpfe in | |
| Marib, am Samstag wurden erneut etwa 50 Soldaten und Rebellen getötet, so | |
| Jemens Regierung. Tausende Zivilisten seien auf der Flucht, berichten die | |
| Vereinten Nationen. Sollten die Kämpfe den Stadtbereich Marib erreichen, | |
| könnten Hunderttausende weitere Menschen in die Flucht getrieben werden. | |
| „Die Schlachten sind wieder zurückgekehrt“, sagt die im Exil lebende | |
| Soziologin und Aktivistin Rim Mugahed, die weder den von Iran unterstützten | |
| Huthis noch den Regierungstruppen und ihren von Saudi-Arabien angeführten | |
| Verbündeten vertraut. „Auf politischer Ebene scheint es keinen Durchbruch | |
| gegeben zu haben.“ | |
| ## Immer wieder Cholera-Ausbrüche | |
| Warnungen vor einer sich zuspitzenden Lage im Jemen verpuffen mittlerweile | |
| international weitgehend, sprechen die UN doch schon seit Jahren von der | |
| schlimmsten humanitären Krise der Welt. Im Jemen herrscht eine | |
| [2][Hungerkrise], Fotos unterernährter Kinder zeigen, was man sonst aus dem | |
| arabischen Raum kaum kennt. Immer wieder kommt es zudem zu | |
| Cholera-Ausbrüchen. | |
| Doch „die humanitäre Situation verschlechtert sich immer weiter“, sagt | |
| Mugahed. Aktuell herrsche auch Angst vor einer neuen Welle der | |
| Coronapandemie, auch wenn es verlässliche Infektionszahlen weder aufseiten | |
| der Regierung noch aufseiten der Huthis gebe. „Dass jetzt die Regenzeit | |
| kommt, erhöht den Ernst der Lage noch.“ | |
| Internationale Hilfsorganisationen sowie die UNO teilen Mugaheds | |
| Einschätzung. Auf einer für Montag geplanten internationalen Geberkonferenz | |
| fordern die UN 3,85 Milliarden US-Dollar an Hilfszusagen. Das ist noch mehr | |
| als vergangenes Jahr, als der Bedarf auf 3,4 Milliarden beziffert wurde. | |
| Rund 21 von 30 Millionen Menschen im Jemen sind auf humanitäre Hilfe | |
| angewiesen. Und die Hilfe, die sie benötigen, wird immer umfassender. | |
| „Viele Mütter und Väter erzählen mir, dass sie entscheiden müssen, ob sie | |
| lebenswichtige Medikamente oder Essen für ihre Kinder kaufen“, schreibt | |
| Aaron Brent, [3][Care-Länderdirektor in Jemen], in einer Mitteilung. „Für | |
| diejenigen, die vor den andauernden Kämpfen wie in Marib fliehen müssen, | |
| ist die Situation noch dramatischer. Sie haben noch weniger zu essen. Oft | |
| haben sie noch nicht mal eine Toilette, um ihre Notdurft zu verrichten. | |
| Darunter leiden vor allem Frauen und Mädchen.“ | |
| ## Es braucht nicht nur Geld | |
| Im vergangenen Jahr sind insgesamt nur rund 1,9 Milliarden US-Dollar Hilfe | |
| für Jemen zusammengekommen – zu wenig. „Die UN und die humanitären | |
| Organisationen hatten keine andere Wahl, als lebensrettende Programme | |
| zurückzufahren“, sagt David Miliband von der Hilfsorganisation | |
| International Rescue Committee. | |
| Unter anderem die Vereinigten Arabischen Emirate hatten ihre Hilfe 2020 | |
| massiv reduziert. Das Land ist als Teil der saudisch geführten | |
| Militärkoalition gegen die von Iran unterstützten Huthis eine der aktiven | |
| Kriegsparteien im Jemen, auch wenn es sich in der vergangenen Zeit | |
| teilweise zurückgezogen hat. | |
| Andere Länder, die direkt oder indirekt am Jemenkrieg beteiligt sind, | |
| treten dagegen weiter als wichtige Geldgeber auf. Saudi-Arabien, das mit | |
| seinen Verbündeten Jemens Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi wieder landesweit | |
| einsetzen will und einen brutalen Krieg gegen die Huthis führt, leistete im | |
| vergangenen Jahr humanitäre Hilfe in Höhe von rund 500 Millionen US-Dollar. | |
| „Vielleicht wäre es für diese Länder angemessener, zuerst den Waffenfluss | |
| zu stoppen“, sagt Rim Mugahed, „und darüber nachzudenken, wie viel | |
| Waffenfirmen durch diesen Krieg gewonnen haben.“ Alles, was die saudisch | |
| geführte Militärkoalition bislang erreicht habe, sei, dass das Land und | |
| seine Infrastruktur zerstört sind. | |
| Es brauche nicht nur Geld, um die Menschen im Jemen vor dem | |
| Allerschlimmsten zu bewahren, sagt Mugahed. Das Land brauche am | |
| dringendsten den Willen zum Frieden, und zwar aufseiten der externen | |
| Kriegsparteien noch vor den Einheimischen. | |
| 1 Mar 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /!5753176 | |
| [2] /Kriegsparteien-verhindern-Hilfe/!5574469 | |
| [3] https://www.care.org/our-work/where-we-work/yemen/ | |
| ## AUTOREN | |
| Jannis Hagmann | |
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