# taz.de -- Rechtsradikale Chatgruppen in Hessen: Anklage gegen Polizisten | |
> Zwei Beamte der Polizei Hessen müssen vor Gericht, weil sie sich | |
> rechtsextrem geäußert und illegal Waffen besessen haben sollen. Auch | |
> weitere Polizisten werden angeklagt. | |
Bild: Bis zu 60 Beamte der hessischen Polizei sollen an rechtsextremen Chatgrup… | |
Frankfurt a.M. epd/afp | Mehr als zwei Jahre nach Bekanntwerden | |
[1][rechtsextremer Chats innerhalb der hessischen Polizei] hat die | |
Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main Anklage gegen zwei ehemalige | |
Polizeibeamte erhoben. Darüber hinaus müssen sich zwei weitere ehemalige | |
Polizisten wegen anderer Straftaten wie Geheimnisverrat vor Gericht | |
verantworten, wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte. | |
Zwei Polizisten aus dem Vogelsbergkreis würde das Verwenden | |
rechtsextremistischer Kennzeichen und Verstöße gegen das Waffengesetz | |
vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main am Donnerstag | |
mit. Gegen einen der beiden Beamten, einen 46-jährigen Polizeioberkommissar | |
vom Polizeipräsidium Westhessen, bestehe der Verdacht der Volksverhetzung, | |
des Verwendens verfassungs- und fremdenfeindlicher Kennzeichen sowie der | |
Verstöße gegen das Waffen-, Sprengstoff- und Kriegswaffenkontrollgesetz. | |
Die taz hatte 2019 [2][intensiv zu den beiden Beamten und ihrem Umfeld | |
recherchiert]. | |
Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, als Teilnehmer verschiedener | |
WhatsApp-Chatgruppen zwischen Ende Oktober und Anfang Dezember 2018 mit | |
seinem Mobiltelefon mehrfach Bilder von Adolf Hitler in Uniform mit | |
Hakenkreuzbinde verschickt zu haben sowie Aufnahmen, die eine feindselige | |
Haltung gegenüber dunkelhäutigen Menschen und Muslimen zum Ausdruck | |
bringen. Darüber hinaus wurden bei Hausdurchsuchungen im Dezember 2018 und | |
Januar 2019 NS-Devotionalien und Waffen ohne Erlaubnis gefunden, ein | |
Luftgewehr und drei Revolver sowie Munition, Sprengmittel, Munition für | |
Kriegswaffen und Messer. Der Beamte war im Dezember 2018 vom Dienst | |
suspendiert worden. Ein Termin für den Prozessbeginn ist noch nicht | |
festgelegt. | |
Auch dem 37-jährigen Bruder des Angeschuldigten, bis zu seinem freiwilligen | |
Ausscheiden aus dem Dienst ebenfalls als Polizeioberkommissar im | |
Polizeipräsidium Westhessen tätig, wirft die Staatsanwaltschaft vor, | |
verbotene Kennzeichen verwendet und gegen das Waffengesetz verstoßen zu | |
haben. | |
## Verbindungen zum NSU 2.0? | |
Er soll mit seinem Mobiltelefon im Februar 2018 eine Videodatei mit dem | |
Bild Adolf Hitlers in eine WhatsApp-Chatgruppe eingestellt haben. Bei ihm | |
wurden bei einer Wohnungsdurchsuchung im Dezember 2018 vier Pistolen und | |
ein Revolver sowie Munition sichergestellt. | |
Außerdem soll der ehemalige Beamte Dienstgeheimnisse verraten haben. Er sei | |
verdächtig, im März 2018 über das Polizei-Auskunftssystem „POLIS“ zwei | |
Abfragen ohne dienstlichen Anlass vorgenommen und die Informationen an | |
Zivilpersonen weitergegeben zu haben. Der Prozess gegen ihn soll am 27. | |
April vor dem Amtsgericht Alsfeld beginnen. | |
Auch einen weiteren Polizeioberkommissar aus dem Polizeipräsidium | |
Mittelhessen, der derzeit vom Dienst freigestellt ist, hat die | |
Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen des Vorwurfs des Geheimnisverrats | |
angeklagt. Dem 39-Jährigen aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf wird zur | |
Last gelegt, im Zeitraum März 2017 bis Juli 2018 als Polizeivollzugsbeamter | |
ohne dienstlichen Anlass drei Abfragen im polizeilichen Auskunftssystem | |
vorgenommen und die dabei erlangten Daten an Zivilpersonen weitergegeben zu | |
haben. | |
Ins Rollen kamen die Ermittlungen, nachdem die Frankfurter Rechtsanwältin | |
Seda Basay-Yildiz seit August 2018 in Drohbriefen beschimpft und mit dem | |
Tode bedroht wurde. Ermittler stellten fest, dass in zeitlicher Nähe | |
Personaldaten der Anwältin im 1. Polizeirevier Frankfurt abgefragt worden | |
waren. | |
Nach der Durchsuchung bei einem Beamten im September 2018 war auf dessen | |
privatem Handy die Beteiligung an einer rechtsradikalen Chatgruppe | |
aufgeflogen, in der sich fünf Polizisten ausgetauscht hatten. In der Folge | |
spürte eine Arbeitsgruppe von bis zu 60 Beamten der hessischen Polizei der | |
Beteiligung von Polizisten an rechtsextremen Chatgruppen nach. | |
25 Feb 2021 | |
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