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# taz.de -- 25 Jahre Anti-Atom-Firma Salinas: Atomsuppe versalzen
> Vor 25 Jahren gründeten Atomkraftgegner die Firma Salinas. Mit
> Salzförderung wollten sie verhindern, dass in Gorleben ein Endlager
> gebaut wird.
Bild: Kommt kein Atommüll mehr rein und auch kein Speisesalz mehr raus: Stolle…
Göttingen taz | Der Widerstand gegen die Atomanlagen im Wendland war immer
witzig und fantasievoll. Auch im Jahr 1996 hatten Aktivisten eine gute
Idee: Sie gründeten eine Firma, die in Gorleben Salz abbauen und vermarkten
sollte. „Besser Salz fördern als Atommüll lagern“, lautete das Motto der
Salinas Salzgut GmbH. Nach knapp 25 Jahren ist das primäre Ziel des
Unternehmens erreicht. Denn der Salzstock Gorleben wurde schon in der
ersten Runde des 2017 neu gestarteten Suchverfahrens wegen geologischer
Mängel [1][aus der Liste potenzieller Endlagerstandorte gestrichen].
Damals, bei Gründung der Salinas, firmierte Gorleben offiziell noch als
Forschungsbergwerk. Wirtschaftliche Tätigkeiten wie eben die Salzförderung
hätten eigentlich Vorrang vor einer wissenschaftlichen Erkundung des
Salzstocks gehabt. Zumal das Grundstück mit Andreas Graf von Bernstorff
einem entschiedenen Gegner der geplanten Atomanlagen gehörte.
„Wir wollten den Salzstock Gorleben-Rambow für etwas Sinnvolles nutzen und
damit gleichzeitig den unsinnigen Plan der Atomindustrie verhindern, dort
hoch radioaktive Abfälle zu lagern“, beschrieb Christian Schön,
Geschäftsführer der Salinas Salzgut GmbH, dieser Tage im Internet-Magazin
„Wendland-Net“ das zentrale Anliegen des Projekts. Doch die Behörden
behinderten das Vorhaben des jungen Unternehmens nach Kräften.
Zunächst in Form von Verboten. Dann – als Gerichte den Weg für eine
Salzförderung freimachten – durch eine eigens extra für diesen Fall neu
geschaffene Rechtsverordnung, die sogenannte „Lex Salinas“: 2004 wurde in
das novellierte Atomgesetz ein Passus eingefügt, um Dritte zu hindern, in
Gorleben Salz abzubauen. Schließlich wurde die sogenannte
Sicherungsvorschrift ins Standortauswahlgesetz eingebaut. Danach müssen
Gebiete, die für die Endlagerung in Betracht kommen, vor bergbaulichen
Tätigkeiten geschützt werden.
## Endlagerprojekt verzögert
Salinas habe der Atomindustrie Stolpersteine in den Weg gelegt und das
Endlagerprojekt deutlich verzögert, ist Schön gleichwohl überzeugt. „So hat
unser Unternehmen daran mitgewirkt, dass eine gravierende politische
Fehlentscheidung letztlich zurückgenommen werden musste.“ Jetzt, nach dem
Ausschluss von Gorleben aus dem Suchverfahren, wäre der Weg im Prinzip frei
für Geschäftsziel Nummer zwei, die Förderung von Salz.
Doch ein Vierteljahrhundert nach der Firmengründung haben sich durch die
aktuellen Ereignisse die Marktbedingungen für das Unternehmen grundlegend
verändert: „Denn gerade nach dem Aus für Gorleben ist Salinas eine wichtige
Käufergruppe weggebrochen“, schreibt die Firma. „Unsere potenziellen Kunden
sind jetzt nämlich vor allem daran interessiert, dass das bestehende
Erkundungsbergwerk für ein Endlager in Gorleben so schnell wie möglich
wieder zugeschüttet wird. Diese Auffassung teilen wir. Und vor diesem
Hintergrund würde die Errichtung eines neuen Bergwerks – sei es auch für
unser Vorhaben – ein falsches Zeichen setzen.“
Ein Unternehmen aufrechtzuerhalten, das so gut wie keine Umsätze macht,
hielten die Salinas-Gesellschafter für nicht machbar. Ohnehin wurde der
Betrieb jahrzehntelang hauptsächlich durch Spenden und Eigeneinlagen
aufrechterhalten. Jetzt war eine finanzielle Untergrenze erreicht, sodass
die Liquidierung der GmbH beschlossen wurde.
Salz verkauft hat Salinas im Übrigen trotzdem. Es stammt allerdings nicht
aus Gorleben, sondern aus der Saline Luisenhall in Göttingen. Gewonnen wird
es im schonenden Pfannensiedeverfahren aus einem vor Jahrmillionen
verdunsteten Meer. Eingeschlossen durch Erdverwerfungen liegt es viele
Hundert Meter tief und hat dort seine ursprüngliche Zusammensetzung mit
vielen Mineralien und Spurenelementen bewahrt.
Die Liebhaber dieses Salzes müssen nicht sofort auf den kristallinen Stoff
verzichten. Die Restbestände werden über das Unternehmen „Bio im Wendland“
noch eine ganze Weile verkauft.
23 Feb 2021
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## AUTOREN
Reimar Paul
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