# taz.de -- Bootsunglück vor Tunesiens Küste: Dutzende ertrinken in Fischerbo… | |
> Trotz schlechter Wetterlage versuchen Flüchtende über das Mittelmeer zu | |
> gelangen. Die Coronakrise hat die Situation in Tunesien verschlechtert. | |
Bild: Bereits im Oktober 2020 gab es vor der tunesischen Küste nahe der Stadt … | |
TUNIS taz | Bei einem Bootsunglück vor der tunesischen Küste sind am | |
Dienstagnachmittag mindestens 39 Menschen ums Leben gekommen. 165 weitere | |
Menschen konnten gerettet werden, wie das tunesische | |
Verteidigungsministerium mitteilte. Lokale Journalisten schildern hingegen, | |
wie ein Fischerboot bei hohem Wellengang rund 30 Kilometer vor der Küste | |
von Sfax versank. Die Besatzungen dreier Marineschiffe hätte noch in der | |
Nacht zu Mittwoch nach Überlebenden gesucht. Von 54 Passagieren seien 30 | |
Leichen geborgen worden, so die Journalisten. | |
In der Nacht zu Dienstag hatte sich ein weiteres Schiff von der Stadt | |
Mahdia aus auf den Weg nach Italien gemacht und wurde laut den Journalisten | |
mit 70 Passagieren nach einem technischen Defekt von der Küstenwache in | |
einen Hafen zurückbegleitet. Alle Passagiere überlebten. Bei einem dritten | |
Unglück retteten Fischer der Kleinstadt Ellouza am Dienstag 19 Menschen, | |
die nach Angaben der Lokalreporter an Bord eines mit 125 Menschen besetzten | |
Bootes waren. Das Schicksal der übrigen Passagiere war am Mittwoch noch | |
unbekannt. | |
Trotz der im März im südlichen Mittelmeer stürmischen Wetterlage und hohem | |
Seegang legen in Tunesien wöchentlich Schiffe ab. Da die im benachbarten | |
Libyen genutzten Gummiboote oft noch in Sichtweite ihrer Ablegeplätze in | |
Seenot geraten, kommen immer mehr Migranten aus Subsahara-Afrika in die | |
südtunesischen Küstenstädte Zarzis und Sfax. Als Tagelöhner verdienen sie | |
sich die Kosten für die Überfahrt nach Europa, die zwischen 500 und 1.500 | |
Euro liegen. [1][Lampedusa erreichen die Fischerboote] in ein bis zwei | |
Tagen, schnellere Boote lassen die Passagiere nach 16 Stunden nachts an | |
Stränden von Bord. | |
Nach Angaben der internationalen Organisation für Migration (IOM) starben | |
2019 1.200 Menschen bei dem Versuch, von Tunesien und Libyen nach Malta | |
oder Italien zu gelangen. [2][Seitdem fast alle Tunesier nach Ankunft] | |
wieder zurückgeschoben werden, machen sich fast nur noch Menschen aus | |
Subsahara-Afrika auf den Weg. Von ihnen kommen jeden Tag bis zu 50 in | |
Zarzis an, berichtet die unabhängige Medienplattform Zarzis TV. | |
## Konkurrenz in der Coronakrise | |
„Eigentlich kann man in Tunesien gut zurechtkommen“, sagt die 29-jährige | |
Hope aus Nigeria, die jetzt in Zarzis lebt. „Aber mit der Coronakrise | |
richtet sich die Wut immer mehr gegen uns. Daher nehmen viele meiner | |
Freunde aus Nigeria das Risiko einer Überfahrt nach Europa auf sich, auch | |
wenn es zurzeit extrem gefährlich ist.“ | |
Die örtlichen Aufnahmelager von UNHCR und IOM sind schon seit Mitte letzten | |
Jahres überfüllt, daher mieten sich oft Gruppen Apartments in der | |
Innenstadt. Viele durch die Coronakrise arbeitslos gewordene Tunesier sehen | |
die Menschen aus West- und Subsahara-Afrika als Konkurrenz auf dem | |
Arbeitsmarkt. Seit einer Schlägerei zwischen Nigerianern und einem | |
Taxifahrer am Dienstagnachmittag wird gegen sie in sozialen Medien mobil | |
gemacht. | |
10 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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