# taz.de -- Bootsunglück vor Tunesien: Frauen und Kinder unter Toten | |
> Im Mittelmeer ist erneut ein Fischerboot mit Migranten gekentert. Seit | |
> der Coronakrise machen sich immer mehr Familien auf den Weg nach Europa. | |
Bild: Das Mittelmer vor Nordafrika, immer wieder ertrinken hier MigrantInnen be… | |
TUNIS taz | Nach dem Tod von mindestens 13 Menschen nach einem Bootsunglück | |
vor der Küste Südtunesiens geht die Suche nach Vermissten weiter. Eine | |
Patrouille der Küstenwache aus der Hafenstadt Sfax hatte nach einem Notruf | |
das gekenterte Fischerboot entdeckt und die Überlebenden an Bord genommen. | |
Unter den Toten seien acht Frauen und drei kleine Kinder, berichteten | |
Journalisten aus Sfax. Auch kam mindestens ein Tunesier bei dem Unglück ums | |
Leben, berichteten tunesische Journalisten der taz. Der Sprecher der | |
tunesischen Küstenwache, Houcem Eddine Jebali, sprach von 30 Passagieren an | |
Bord. | |
Das tunesische Innenministerium teilte auf einer Pressekonferenz in Tunis | |
mit, Patrouillen von Armee und Polizei hätten allein am vergangenen | |
Wochenende 32 Boote an der Überfahrt nach Italien gehindert. Seit | |
Jahresbeginn habe man 8.500 Person von der illegalen Ausreise aus Tunesien | |
abgehalten. | |
Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen erreichten | |
bis zum 6. Oktober über 24.000 Migranten und Flüchtlinge die italienische | |
Küste, 44 Prozent der registrierten Migranten waren Tunesier. | |
Immer wieder kommt es bei den Fluchtversuchen mit mehrheitlich kleinen | |
Holzbooten zu Unglücken. Bei dem Untergang eines Fischerbootes im Juni vor | |
Djerba starben 61 Menschen. | |
Bis zum letzten Jahr machten sich meist junge tunesische Männer auf die | |
Suche nach Arbeit in der EU. Seit dem Beginn der Coronakrise wagen aber | |
immer mehr Familien und aus Libyen geflohene Migranten die Überfahrt. | |
## Ohne Pass in Libyen | |
Obwohl in Libyen seit vier Monaten die Waffen ruhen, hat sich die Lage für | |
viele Migranten aus Subsahara-Afrika verschlechtert. Immer wieder werden | |
auch diejenigen verhaftet, die Arbeit gefunden haben und eine Unterkunft | |
anmieten. Illegale Migration ist nach libyschem Recht eine Straftat. Da | |
viele Migranten ohne Reisepässe einreisen oder diese ihnen abgenommen | |
werden, halten sie sich meist ohne Genehmigung im Land auf. | |
Nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen wurden 350 | |
Westafrikaner am 28. September in der Stadt al-Adschailat von einer Miliz | |
entführt. Die Mehrheit konnte nach Augenzeugenberichten in den Folgetagen | |
aus einer Lagerhalle 80 Kilometer westlich von Tripolis fliehen. | |
Drei starben nach Angaben eines Mitarbeiters der libyschen | |
Hilfsorganisation Roter Halbmond durch Schüsse der Bewacher. Ärzte ohne | |
Grenzen fordert die sofortige Freilassung der verbliebenen 60 Entführten. | |
Ein Mitarbeiter des Roten Halbmonds, Mohamed Sifaw, berichtete der taz am | |
Telefon, die häufigen Patrouillen der libyschen Küstenwache erschwerten die | |
Überfahrt von Schlauchbooten aus Libyen. Viele Migranten versuchen daher, | |
zu Fuß über die libysch-tunesische Grenze zu gelangen und aus den | |
tunesischen Hafenstädten Sfax oder Zarzis nach Europa zu gelangen. | |
„Die jungen Westafrikaner arbeiten oft zu Hungerlöhnen auf Farmen oder als | |
Reinigungskräfte“, berichtet Emmanuel P. aus dem nigerianischen Bundesstaat | |
Biafra. Er arbeitet seit seiner Flucht aus Libyen in Zarzis als Friseur. | |
„Ich stehe damit in Konkurrenz zu jungen Tunesiern die seit dem Schließen | |
der meisten Hotels und nach dem Absturz der Wirtschaft auch nur schwer | |
Arbeit finden.“ Wegen der [1][Coronakrise] schneidet er seinen Kunden nur | |
noch zu Hause die Haare. Dabei gehe es immer nur um ein Thema, sagt er. | |
„Wie kommen wir hier weg.“ | |
13 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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