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# taz.de -- Medizin für trans* Personen: Hormonspiegel niedrig
> Trans* Personen müssen aus Bremen teils bis nach Hannover oder Hamburg
> fahren, um eine Hormonbehandlung zu bekommen.
Bild: Wer sich in Bremen für eine Hormontherapie entscheidet, muss sich auf ei…
Bremen taz | Trans* Personen leiden in Bremen unter einer sehr schlechten
medizinischen Versorgungslage. Seit Jahresbeginn hat sich die Lage noch
einmal gravierend verschlechtert: Zeitweise gab es keine einzige Ärzt*in,
die Hormontherapien angeboten hat. Das kritisiert der Verein Trans Recht e.
V. aus Bremen.
Der hauptsächlich auf dem Gebiet tätige Arzt in Bremen ist am 1. Januar in
Pension gegangen. Die Bürgerschaftsabgeordnete Maja Tegeler, die selbst bei
dem Waller Arzt in Behandlung war, sagt, der Gynäkologe und Psychotherapeut
habe sowohl Hormontherapie als auch Diagnostik durchgeführt und seine
Patient*innen mit anderen medizinischen Angeboten wie Logopädie oder
Epilation vernetzt – eine umfassende Betreuung also, so Tegeler. Die fehlt
nun: „Ich suche gerade krampfhaft nach einer gynäkologischen Praxis, die
sich dazu bereit erklärt, mir weiter Rezepte auszustellen.“
Noch dramatischer wurde die Situation, als Mitte Januar die letzte
Gynäkologin, die bis dahin eine monatliche Sprechstunde für trans* Personen
angeboten hatte, in einem Brief an ihre Patient*innen mitteilte, die
Kassenärztliche Vereinigung Bremen (KVHB) habe ihr untersagt, weiter zu
praktizieren. Der Problem: Die bereits pensionierte Ärztin hatte keine
Kassenzulassung mehr.
Das Problem immerhin ist seit Mittwoch behoben. Auf Nachfrage der taz
erklärt die KVHB, dass sie der Ärztin inzwischen eine Sondergenehmigung im
Rahmen einer sogenannten „Sicherstellungsassistenz“ erteilt habe. Die
Ärztin dürfe nun gesetzlich versicherte trans* Personen wieder behandeln,
da sich der Bedarf hierfür gezeigt hätte.
## Unsichere Versorgungslage
Die trans* Community wusste von dieser Lösung lange nichts.„Wir haben die
KVHB bereits am 22. Januar angeschrieben und bis heute keine Rückmeldung
bekommen“ sagt Freyja Pe* von Rüden von der trans* Beratung Bremen.
Die unsichere Versorgungslage führt für die Klient*innen der trans*
Beratung Bremen zu einer „großen Panik und Verunsicherung“ sagt von
Rüden. Gerade bei Personen, die psychisch nicht stabil seien. „Wenn so
etwas Wesentliches nicht geklärt ist, ist das ein großer Schock“, so die
Beraterin. Die nächsten Praxen befinden sich in Hannover, Hamburg und Leer.
Für einige Menschen sei es kein Problem, alle drei Monate in eine andere
Stadt zu fahren. Wer aber keine flexiblen Arbeitszeiten habe oder aus
körperlichen, psychischen oder finanziellen Problemen nicht mobil sei, für
den stelle es ein großes Problem da, keine wohnortnahe Versorgung zu haben.
Menschen, die sich für eine Hormontherapie entscheiden, bleiben meist ein
Leben lang in Behandlung. Eine Hormontherapie erfordere eine
kontinuierliche Begleitung, so von Rüden. Mit Rezepten oder der Vergabe von
Spritzen sei es nicht getan. Ungefähr alle drei Monate müssten auch die
Blutwerte und der Hormonspiegel kontrolliert werden, denn ohne eine
Überwachung dieser Werte bestehe das Risiko von Thrombosen und
Leberschäden.
Eine Hormontherapie könne auch nicht einfach unterbrochen werden sagt von
Rüden, da sich die Wirkung der Hormone sonst wieder umkehre, was zu
körperlichen Veränderungen führe und betroffene Personen oft auch psychisch
belaste.
Christoph Fox von der KVHB sagt zur Versorgungssituation mit
Hormontherapien allgemein: „Es gibt immer mal wieder Ärzte, die das
anbieten. Die Versorgungslücke hat aber inzwischen auch die Kassenärztliche
Vereinigung erkannt.“ Es gebe eine Initiative von Gynäkolog*innen, die
Versorgung von trans* Personen in Bremen zu verbessern: „Der Prozess ist
gestartet und am Anfang.“
## Keine Hormontherapie in Bremen
Dass das Problem noch größer ist, zeigt sich auch dadurch, dass es laut
Maja Tegeler im Moment keine Psychotherapeut*innen gebe, die eine
Diagnostik für trans* Personen in Bremen durchführen. Die Studie
„i2TransHealth“, die von Hamburg aus ein Versorgungsnetzwerk für trans*
Personen in ganz Norddeutschland aufbaut, listet auf ihrer Seite für Bremen
nur zwei Ärzt*innen; neben einer Psychiaterin auch einen Hausarzt. Der
Hausarzt Reinhard Steffens sagt, er sei selbst „kein super Experte“, habe
aber eine Fortbildung zu dem Thema gemacht. Er sei auch dafür da, dass
„solche Menschen überhaupt einen Hausarzt haben“.
Doch auch Steffens bietet keine Hormontherapie an. Die
Versorgungsproblematik in Bremen sieht er dabei nicht: „Wer sein Geschlecht
wechseln will, der muss bereit sein, mal in den Zug zu steigen“, sagt der
Arzt. Tatsächlich sprechen Betroffene meist nicht davon, das Geschlecht zu
wechseln, sondern von einer körperlichen Angleichung oder einfach einer
Transition. Betroffenen rät Steffens, erst einmal lange mit einem
Therapeuten darüber zu reden, „ob man das überhaupt machen will“.
## Ärzte für trans* Personen
Für die queerpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Maja Tegeler, ist die
Situation weiterhin nicht zufriedenstellend: „Das nervt mich gerade
hochgradig, dass wir da nicht weiterkommen.“ Sie sei ständig mit der
Gesundheitsbehörde dazu im Kontakt, denn mittelfristig müsse in Bremen
„total viel nachgesteuert“ werden.
Mit der Frage, warum die medizinische Versorgung für trans* Personen in
Berlin und Hamburg besser sei als in Bremen, beschäftigt sie sich auch im
Rahmen einer Online-Diskussion der Linken-Fraktion, die Samstagabend um 18
Uhr (Teilnahme über [1][linksfraktion-bremen.de]) stattfindet.
Geladen ist als Best-Practice-Beispiel unter anderem ein Arzt, der in
Berlin mit einer Kollegin eine Praxis gegründet hat, die sich explizit und
bedürfnisorientiert mit den Bedarfen von trans* Personen beschäftigt. Maja
Tegeler ist zuversichtlich und hofft, „auch Hinweise für Bremen zu kriegen,
wie man die Situation hier verbessern kann“.
26 Feb 2021
## LINKS
[1] http://www.linksfraktion-bremen.de
## AUTOREN
Franziska Betz
## TAGS
Trans-Community
Medizin
Trans
Transgender
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
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