# taz.de -- Trauerkundgebung am Sonntag in Berlin: Offene Fragen nach Femizid | |
> Ein Jahr nach einem Doppelmord an einer Mutter und ihrer Tochter in | |
> Marzahn gibt es Zweifel an der Schuld des Tatverdächtigen. | |
Bild: Kritisieren die Ermittlungen: Mitglieder der Initiative beim Protest vor … | |
Berlin taz | Es war ein unglaublich brutaler Mord in einem Hochhauskomplex | |
in Marzahn: Mit 37 Messerstichen wurden die 38-jährige Afghanin Homa Z. und | |
ihre neunjährige Tochter Tajala vor knapp einem Jahr ermordet. Angeklagt | |
deswegen ist der 32-jährige Ali H., ein Nachbar und Bekannter der Familie | |
aus dem selben Haus, ebenfalls Afghane. Er sitzt in Untersuchungshaft, das | |
Gerichtsverfahren gegen ihn läuft seit September. Aus Habgier und auf der | |
Suche nach Geld soll H. laut Anklage erst die Frau und dann ihre Tochter | |
ermordet haben. | |
Die Staatsanwaltschaft stützt sich vor allem auf Indizien. Die Verteidigung | |
weist die Anklage zurück – vor allem die Brutalität der Tat verweise auf | |
eine Strafaktion. Eine Initiative feministischer Frauen, zu denen das Opfer | |
in Kontakt stand, hat ebenfalls Zweifel an der Anklage der | |
Staatsanwaltschaft. Sie hat sich nach den zwei Ermordeten benannt: „Homa | |
und Tajala Aufklärungsinitiative“, ist Teil des Netzwerks gegen Femizide | |
und beobachtet den Prozess. | |
Ein Mitglied der Initiative sagte der taz: „Habgier als Motiv ist | |
zweifelhaft, weil bisher nicht belegt werden konnte, dass der Angeklagte | |
tatsächlich Geldsorgen hatte. Sein Konto war gedeckt.“ | |
Die Initiative fragt, ob nicht auch ein frauenfeindliches oder gar | |
rassistisches Motiv hinter der Tat stecken könnte. „Homa Z. hat nach | |
rassistischen Anfeindungen in der Nachbarschaft Angst gehabt. Seit einem | |
Jahr fragen wir, warum die Motive Rassismus und Frauenfeindlichkeit nicht | |
geprüft worden sind“, so das Mitglied der Initiative. Die | |
Ermittlungsbehörden seien dem Verdacht nicht ausreichend nachgegangen. | |
„Dass die beiden Opfer Frauen und Migrant:innen waren, darf nicht zu | |
einer Behandlung zweiter Klasse führen, die im Zweifel den Täter deckt.“ | |
## Rassismus ist hier Alltag, sagt eine Aktivistin | |
Eine Antifa-Aktivistin aus Marzahn-Hellersdorf bestätigt der taz, dass | |
extrem rechte Sticker und Rassismus in der Gegend Alltag seien. | |
„Insbesondere für migrantische Frauen ist die Lage in Marzahn-Hellersdorf | |
schwierig“, sagt sie. | |
Frauen aus der Initiative haben zusammen mit afghanischen Frauen vor Ort | |
direkt nach dem Mord eine Trauerdemo mitorganisiert und stehen auch im | |
Kontakt mit der Anwältin des hinterbliebenen Ehemannes von Homa Z., der im | |
Prozess als Nebenkläger auftritt. | |
## Trauerkundgebung am Bürgerpark | |
Am Sonntag ist der Mord ein Jahr her. Anlässlich des Jahrestages | |
veranstaltet die Aufklärungsinitiative eine Trauerkundgebung am Bürgerpark | |
Marzahn um 14 Uhr. Auch der hinterbliebene Ehemann Ahmad Z. wird vor Ort | |
sein. Der Fall habe tiefe Wunden und Verunsicherung bei Angehörigen, | |
Freund:innen, Bekannten und Nachbar:innen hinterlassen, heißt es in | |
einem Aufruf. Und weiter: „Seit diesem Femizid ist ein Jahr vergangen, ein | |
Jahr voller Trauer und Wut. Wir vermissen die beiden und wollen deutlich | |
machen, dass ihr Tod weder vergessen noch vergeben ist.“ | |
26 Feb 2021 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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