Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Podcast „We Care!“: Queer in Zeiten von Corona
> Queere Personen sind stärker als andere von den Auswirkungen der
> Coronakrise betroffen. Dabei ließe sich von ihnen gesamtgesellschaftlich
> viel lernen.
Bild: Queere Menschen kommen in der aktuellen Debatte kaum vor
LEIPZIG taz | Die Gefahr durch eine Ansteckung mit dem Virus. Die
Ausgangssperren, Abstands- und Personenregelung. Die Kita- und
Schulschließungen. Sie alle betreffen unsere gesamte Gesellschaft. „Vor dem
Coronavirus sind alle Menschen gleich“, hieß es vor einigen Monaten. Aber
die Auswirkungen der Coronapandemie treffen einige härter als andere.
Bereits vergangenes Jahr machte die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH)
[1][darauf aufmerksam], dass queere Menschen besonders von den Folgen der
Pandemie betroffen sind und forderte dazu auf, lesbische, schwule,
bisexuelle, trans-, intergeschlechtliche und queere Menschen (LSBTIQ)
[2][besonders in den Blick zu nehmen].
Doch was bedeuten die Maßnahmen für Menschen, die nicht in Kleinfamilien
oder Haushalten mit einem:r Partner:in leben? Menschen, die nicht zu
ihren Eltern oder Partner:innen gehen können oder wollen, deren
Bezugspersonen in anderen Wohnungen leben, [3][die Kinder mit Menschen
haben, mit denen sie sich keine Wohnung teilen]? Was bedeutet die Pandemie
für Menschen, für die gemeinschaftlich organisierte Lebensräume die
existenzielle Grundlage bilden?
Inzwischen gehört es zum weit verbreiteten Wissen, dass wir ohne Fürsorge
nicht leben können. Wir brauchen einander. Doch wer nicht ins Modell passt,
vereinsamt. Denn in der Pandemie werden heteropatriarchale
Gesellschaftsstrukturen wie unter einem Brennglas sichtbar. Insbesondere
queere und trans Personen stellt das vor existenzielle Herausforderungen.
„Die meisten Debatten im Zusammenhang mit Covid-19 orientieren sich am
Modell der weißen heterosexuellen Mittelklassefamilie, die Auswirkung der
Pandemie auf LSBTIQ-Personen bleibt unsichtbar“, schreibt Francis Seeck in
der kürzlich fertiggestellten Doktor:innenarbeit. Seeck ist
Kulturanthropolog:in, Geschlechterforscher:in und
Antidiskriminierungstrainer:in und auf feministische
Care-Forschung spezialisiert. Seeck beobachtet, dass in der Debatte über
die Pandemie eine Art Retraditionalisierung stattfindet, in der sich immer
wieder auf die Kleinfamilie bezogen wird, während Kritik an Hetero- und
Cisnormativität nur selten auftauchen. Dabei, so Seeck, gebe es viel
komplexere Fürsorgebeziehungen als die der Heterobeziehung.
In der Dissertation mit dem Titel „Care trans_formieren. Eine
ethnographische Studie zu trans und nicht-binärer Sorgearbeit“ hat Seeck
Interviews mit Personen geführt, die von dieser Entwicklung betroffen sind.
Der Fokus liegt darauf, Praktiken der Selbstsorge und kollektiven Fürsorge,
die trans und nicht-binäre Personen entwerfen und füreinander leisten, in
den Fokus zu nehmen. Einige der Befragten berichteten darin von
existenziellen Krisen und Vereinsamung durch Corona. Denn die Pandemie
führt dazu, dass queere Begegnungsräume zunehmend wegfallen. Das isoliert
viele trans und queere Personen noch mehr. Auch Modelle, in denen Fürsorge
gemeinschaftlich und abseits der heterosexuellen Kleinfamilie organisiert
wird, sind zunehmend erschwert.
Bereits in den 80er Jahren sind im Zuge der AIDS-Krise sogenannte
„[4][Communites of Care]“ gewachsen, Gemeinschaften, in denen es darum
ging, kollektive Fürsorge zu organisieren. Auch heute noch sind diese
solidarischen Netzwerke und Selbsthilfestrukturen elementar für queere
Communities und trans Personen.
In der neuen Folge des taz-Podcast „We Care“ spricht Francis Seeck darüber,
was unsere Gesellschaft von queeren Fürsorgepraktiken lernen kann und wie
sich solche „Communities of Care“ aufbauen lassen. Aber auch darüber, was
der aktuelle Diskurs für queere, nichtbinäre und trans Personen eigentlich
bedeutet. Außerdem gibt Seeck Tipps, wie wir queere Räume unterstützen
können. Denn: Nur weil es nicht der eigene Kampf ist, heißt es nicht, dass
es kein wichtiger Kampf ist. Feministisch kämpfen heißt auch, solidarisch
für die Kämpfe anderer Communities einstehen.
„We Care!“ [5][Der feministische taz-Podcast zu emotionaler Arbeit und
Care.] Immer monatlich auf taz.de, Spotify, Deezer und iTunes.
16 Feb 2021
## LINKS
[1] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/hirschfeld-stiftung-f…
[2] /Queerer-Rettungsschirm-gefordert/!5725569
[3] /Soziologin-ueber-Co-Parenting/!5746742
[4] https://www.zeitschrift-luxemburg.de/communities-of-care-queere-politiken-d…
[5] /Podcast-We-Care/!5745960
## AUTOREN
Sarah Ulrich
## TAGS
Podcast „We care!“
Feminismus
Queer
Schwerpunkt LGBTQIA
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Schwulen- und Lesbenpolitik
Schwerpunkt LGBTQIA
Schwerpunkt Coronavirus
Eltern
Queer
## ARTIKEL ZUM THEMA
Queere Forderungen an den nächsten Senat: Weit hinterm Regenbogen
Die Erwartungen queerer Träger und Clubs an den nächsten Senat sind hoch.
Unklar ist, welche Rolle Queerpolitik in den Koalitionsverhandlungen
spielt.
Brandanschlag wegen Regenbogenflagge: „Ich bin fassungslos“
In der hannoverschen Nordstadt gab es einen queerfeindlichen Brandanschlag.
Die Solidarität in der Nachbarschaft ist groß. Der Staatsschutz ermittelt.
RKI-Studie zum Coronavirus: Dunkelziffer kommt ans Licht
Rund 2.300 Menschen habe in Mitte an einer Antikörper-Studie teilgenommen.
Die Infektionszahlen könnten höher sein, als die Daten der Behörden zeigen.
Soziologin über Co-Parenting: „Alle Familien sind richtig“
Kindererziehung kann auch ohne romantische Liebe auskommen, sagt Soziologin
Christine Wimbauer. Sie hat ein Buch über Co-Elternschaft geschrieben.
Queerer Rettungsschirm gefordert: „Jetzt muss es um Taten gehen“
Queere Events und Projekte brauchen staatliche Hilfen, um die Corona-Krise
zu überleben, sagt Alain Rappsilber, Organisator des Folsom-Festivals.
Corona: Queere Community verunsichert: Die Krise meistern
Die Existenz der queeren Infrastruktur steht wegen Corona auf dem Spiel.
Wie wird queeres Leben nach der Krise aussehen? Eine erste
Bestandsaufnahme.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.