# taz.de -- Junger Protest gegen Putsch in Myanmar: Witzig, respektlos und tech… | |
> Die junge sogenannte Generation Z wehrt sich gegen die Machtübernahme des | |
> verhassten Militärs. Selbstbewusst und mit kreativen Mitteln. | |
Bild: Demonstrant:innen protestieren als Hochzeitspaare gegen die Militärherrs… | |
YANGON taz | „Unser Baby soll unter keiner Militärregierung aufwachsen.“ | |
Mit diesem Spruch auf einem Schild demonstriert ein Hochzeitspaar vor dem | |
Büro der Vereinten Nationen und anderen diplomatischen Vertretungen in | |
Yangon. Das Paar ist Teil der [1][Generation Z], wie junge Menschen in | |
Myanmar genannt werden, die in den 90er und frühen 00er Jahren geboren | |
wurden. Ihre Botschaft an das Militär lautet: „Ihr legt euch mit der | |
falschen Generation an.“ | |
Mit Witz, Respektlosigkeit und Selbstbewusstsein, aber auch mit ihrem | |
bunten Outfit unterscheidet sich die Generation Z von den sogenannten | |
88ern, also denjenien, die 1988 und danach gegen die alte und neue | |
Militärdiktatur protestiert haben. | |
Außer in Hochzeits- und Ballkleidern demonstrieren Angehörige der | |
Generation Z in den beiden Großstädten Yangon und Mandalay auch als | |
Spidermen, in Bikinis oder als Bodybuilder mit bloßen Sixpacks. Auch gibt | |
es Rap, choreografierte Tanzeinlagen oder Breakdance. | |
Vor allem aber beherrscht die Generation Z das Internet und postet ständig | |
alles auf Facebook und Twitter. So wird etwa unter dem Hashtag | |
[2][#WhatsHappeningInMyanmar] über die Repression und den Widerstand | |
informiert. | |
## „Militärherrschaft ist für'n Arsch“ | |
„Wird das Internet wieder gesperrt, nutzen wir SIM-Karten aus | |
Nachbarländern“, sagt Saw War Ti, ein junger Mann aus der Volksgruppe der | |
Karen. „Wenn das auch nicht mehr hilft, gehen wir so lange auf die Straße, | |
bis uns das Ausland unterstützt.“ Er trägt einen kurzen Wickelrock, dazu | |
ein Schild mit der Aufschrift: „Militärherrschaft ist für’n Arsch“. | |
Der 23-Jährige gehört zu einer Gruppe, die vor der Polizeisperre am Rathaus | |
im Zentrum von Yangon gegen das Militär tanzt. Die Gruppe attraktiver | |
junger Männer trägt traditionelle schwarze Kostüme, dazu Schilder wie „Weg | |
mit dem Militärputsch“ oder „Unterstützt zivilen Ungehorsam“. | |
Laut Saw Ar Ti legt es die Gruppe darauf an, mit ihrer Performance Medien | |
auf sich aufmerksam zu machen. Man wolle schließlich gehört werden. „Ich | |
habe eigentlich keine Ahnung von Politik“, räumt er ein, „aber dass die von | |
uns gewählte Regierung einfach abgesetzt wurde, kann ich auch als Tänzer | |
nicht akzeptieren.“ | |
„Wichtig ist, dass wir uns international Gehör verschaffen und so | |
Unterstützung bekommen“, sagt der 24-jährige Win Kyaw Phyo, der die Gruppe | |
leitet. Er ist Rechtsanwalt, aber zur Gruppe gehören auch Designer und | |
Models. | |
## „Wir sind nur Bürger, die Gerechtigkeit wollen“ | |
Seiner Meinung nach unterscheidet sich [3][die junge Generation] in ihrem | |
Denken von der älteren, aber auch dadurch, dass sie sich bisher nicht in | |
gewaltsame Kämpfe mit Soldaten verwickeln lasse. „Wir sind keine | |
‚Terroristen‘, sondern nur Bürger, die Gerechtigkeit wollen. Wir wollen | |
nicht in einer so dunklen Zeit leben wie unsere Eltern. Wir brauchen | |
Demokratie und wollen unsere Führerin Mutter Suu [Aung San Suu Kyi] | |
zurück.“ | |
An einem anderen Tag demonstrieren sieben geschminkte Paare in ihren | |
Hochzeitskleidern vor Chinas Botschaft gegen Pekings Unterstützung für | |
Myanmars Militär. „Wir haben alle in letzter Zeit geheiratet. Wegen der | |
Coronapandemie konnten wir schon unsere Hochzeiten nicht feiern, auch läuft | |
es beruflich schlecht“, sagt Ma Ei, eine 27-jährige Lehrerin einer | |
Privatschule. „Von diesem Jahr hatten wir uns eine Verbesserung erwartet | |
und wollten Versäumtes nachholen. Aber jetzt fühlen wir uns vom Militär | |
betrogen.“ | |
Ko Thi Ha arbeitet in Japan für eine Technologiefirma und schickt | |
japanische SIM-Karten an Freunde in der Heimat, damit sie weiter | |
Nachrichten und Bilder in die Welt schicken können. „Ich fürchte, dass die | |
fantasievollen Aktionen, mit denen die Demonstrant:innen in Myanmar | |
international Aufmerksamkeit erregen, bald ihre Wirkung verlieren“, sagt | |
er. „Immerhin spricht die junge Generation Englisch und kann sich | |
international mitteilen.“ | |
## „Junge Leute haben eine andere Sprache und Technologien“ | |
Der Taxifahrer Kyi Soe, der an den Protesten 1988 beteiligt war, ist sehr | |
stolz auf die junge Generation und ihre fantasievollen Proteste. Auch wenn | |
er nicht mitdemonstrieren kann, versucht er die jungen Menschen zu | |
unterstützen, indem er sie manchmal kostenlos zu ihren Protesten fährt. | |
Sein Taxi trägt einen roten Aufkleber „Freiheit für Aung San Suu Kyi und | |
Präsident Win Myint“. | |
„Damals hatten wir kaum Zugang zu Informationen“, erinnert sich Kyi Soe. | |
„Die junge Generation hat heute eine ganz andere Sprache, Technologie und | |
Ideen. Die Jungen dehnen ihre Aktionen auf die ganze Stadt aus und | |
vermeiden die direkte Konfrontation mit dem Militär. Stattdessen | |
beherrschen sie perfekt das Internet.“ | |
Der Widerstand auf der Straße vereint Studierende verschiedener Fächer, | |
IT-Experten, Künstler:innen, aber eben auch Punks und Tänzer:innen. | |
Gemeinsam sind sie jung und gegen die Militärdiktatur. | |
18 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Nyein Ei Ei Htwe | |
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