# taz.de -- Kampagne des zivilen Ungehorsams: Myanmar probt den Generalstreik | |
> Die Proteste gegen die Machtübernahme des Militärs bekommen noch mehr | |
> Zulauf. Erstmals drohen die Generäle jedoch mit Konsequenzen. | |
Bild: In der früheren Hauptstadt Yangon protestierten am Montag mindestens 100… | |
BERLIN taz | Am [1][dritten Tag in Folge] sind am Montag in Myanmar | |
zehntausende Menschen gegen den [2][Militärputsch] auf die Straße gegangen. | |
In der früheren Hauptstadt Yangon (Rangun) wurde die Zahl der | |
Protestierenden wieder auf mindestens 100.000 geschätzt, landesweit dürften | |
es 150.000 gewesen sein. | |
„Bei mir läuft seit fünf Stunden ein endloser Strom an Leuten in Richtung | |
Innenstadt vorbei. Davon die ersten drei Stunden als Demonstrationszug“, | |
berichtete ein Augenzeuge per Messenger der taz aus Yangon. | |
Die Demonstrant:innen kamen aus breiten gesellschaftlichen Schichten: | |
Studierende und junge Menschen mit Schildern wie „Ihr legt euch mit der | |
falschen Generation an“, Büroangestellte, Lehrer:innen, | |
Gewerkschafter:innen und Mitarbeiter:innen von Behörden | |
protestierten friedlich gegen die Absetzung der gewählten Regierung und | |
Volksvertreter:innen. Auch LGBTQ-Aktivist:innen beteiligten sich mit | |
Regenbogenfahnen. | |
Viele Demonstrant:innen trugen Bilder der bisherigen faktischen | |
Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Andere hatten durchgestrichene Fotos des | |
Putschführers [3][General Min Aung Hlaing] dabei. | |
## Aufrufe zu Generalstreik und Boykotte von Firmen des Militärs | |
Am Vorabend hatte es erste Aufrufe zum Generalstreik gegeben. Noch hat die | |
Bewegung des zivilen Ungehorsams keine Führung. Auch wurde zum Boykott von | |
Firmen des Militärs aufgerufen. So räumte eine Ladenkette Bier der Marke | |
Myanmar aus den Regalen, die der Konzern Mehl des Militärs mit der | |
japanischen Großbrauerei Kirin produziert. [4][Kirin] hatte am Freitag den | |
Rückzug aus Myanmar bekannt gegeben und dies mit dem Putsch begründet. | |
Am Montag schlossen auch viele Filialen der KBZ-Bank, einer der größten des | |
Landes, weil sich viele Angestellte den Protesten angeschlossen hatten, | |
berichtete die Zeitung [5][Frontier] auf ihrer Webseite. In Yangon | |
beteiligte sich auch erstmals eine größere Zahl buddhistischer Mönche an | |
den Protesten. 2007 hatten Mönche noch die sogenannte Safranrevolution | |
gegen das Militär angeführt. In den letzten Jahren hatten dagegen nur noch | |
nationalistische Mönche mit antimuslimischer Hetze Schlagzeilen gemacht. | |
Proteste gab es wie schon in den beiden Tagen zuvor auch in anderen | |
Landesteilen. Oft fuhren Demonstrant:innen in endlos scheinenden | |
Motorradkonvois durch die Straßen. In Yangon sind dagegen Motorräder | |
verboten. Selbst in der Hauptstadt Naypyidaw, die vom Militär 2005 aus | |
Sicherheitsgründen ins Landesinnere gebaut und mit extrem breiten Straßen | |
ausgestattet wurde, gab es Proteste. Hier setzte die Polizei erstmals zwei | |
Wasserwerfer ein, gab dies aber bald wieder auf. Doch soll es Verletzte | |
gegeben haben. | |
## Teilweise gelten jetzt Ausnahmezustand und Ausgangssperren | |
Am Nachmittag äußerte sich erstmals die Militärjunta zu den Protesten und | |
drohte mit Repressionen: „Gegen Vergehen, die die Stabilität des Staates, | |
die öffentliche Sicherheit und die Rechtsstaatlichkeit stören, muss nach | |
dem Gesetz mit wirksamen Schritten vorgegangen werden“, erklärte ein | |
Sprecher des vom Militär kontrollierten Staatssenders MRTV im Namen der | |
Junta. | |
Details nannte er nicht. Doch verhängte das Militär in einigen Regionen | |
eine Ausgangssperre. Jedoch bisher nicht in der größten Stadt Yangon, wo es | |
die größten Proteste gibt. | |
Am Nachmittag waren in Yangon Konvois mit Anhängern des Militärs | |
eingetroffen. Der bekannte Politikanalyst Khin Zaw Win vermutete auf | |
Facebook, dass es „bezahlte Provokateure“ seien. Sie könnten | |
Demonstrant:innen angreifen. | |
Es blieb zunächst ruhig, doch scheint eine Reaktion des Militärs bis hin | |
zum gewaltsamen Durchgreifen demnächst wahrscheinlicher. Die von den | |
Generälen verhängten jeweiligen Sperren von [6][Facebook], Twitter und dem | |
Internet waren jeweils nach kurzer Zeit gewesen und konnten nicht | |
verhindern, dass die Menschen sich zum Protest verabredeten. | |
Am Montag wurden zwei weitere Regionalpolitiker festgenommen, darunter der | |
bisherige Regierungschef der Region Sagaing. Dort hatten Abgeordnete des | |
für aufgelöst erklärten Regionalparlaments getagt. | |
8 Feb 2021 | |
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[5] https://www.frontiermyanmar.net/en/myanmar-protests-live-tens-of-thousands-… | |
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## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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