Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Putsch von Myanmar im Fitnessvideo: Tanz den Militärputsch
> Eine Fitnesstrainerin in Myanmar macht Powerdance – und liefert damit
> unbewusst einen subversiv angehauchten Soundtrack zum jüngsten
> Militärputsch.
Bild: Myanmar: Powerdance vor schwarzen Limousinen und Militärfahrzeugen in Na…
Berlin taz | Die Fitnesstrainerin Khing Hnin Wai hat an diesem Montag
unbewusst mit einem Powerdance Geschichte geschrieben. Während sie
energisch tanzt, ist im Hintergrund zu sehen, wie schwarze Limousinen,
begleitet von Militärfahrzeugen, eine Straßensperre passieren – Livebilder
vom Putsch in Myanmars Hauptstadt. Der dreieinhalbminütige Videoclip ging
seitdem viral um die Welt und wurde bereits mehr als 20 Millionen Mal
geklickt.
Khing Hnin Wai hatte an diesem Morgen ganz normal ihre Arbeit begonnen. Wie
schon öfter baute sie ihre Kamera vor der zwanzigspurigen Straße auf, die
in Myanmars von der letzten Militärjunta gebauten Hauptstadt Naypyidaw zum
Parlament führt. Sie dachte sich nichts beim Anblick der Straßensperre im
Hintergrund, berichtete sie später einem Journalisten von [1][Vice], weil
an dem Tag das im November neugewählte Parlament zu seiner konstituierenden
Sitzung zusammenkommen sollte.
Viele Abgeordnete kommen nur zu den Sitzungstagen in die Hauptstadt, wo
dann die Sicherheitsvorkehrungen strenger sind. Dass bereits in den
Morgenstunden das Militär geputscht hatte, war der sportlichen Frau
entgangen. Denn die Militärs hatten Internet, Mobilfunk und
Telefonleitungen unterbrochen.
So begann die 26-Jährige, die seit 2019 an einer Schule als Trainerin
arbeitet, nach dem indonesischen Elektropopsong „Apun bang jago“ ihren
Powerdance. Das Ministerium für Gesundheit und Sport hatte im Rahmen eines
Wettbewerbs dazu aufgerufen, regelmäßig Fitnessvideos zu produzieren und
einzusenden.
## Fitnesstraining zum Sound von Polizeisirenen
Im Hintergrund ist die breite Staße ohne jedweden Verkehr zu sehen. Doch
der Song von Tian Storm und Ever Slkr ist nicht nur in Südostasien ein Hit,
sondern hat auch viele Töne, die sich wie das Heulen von Polizeisirenen
anhören.
In ihrer Heimat Indonesien wurde das Lied im Herbst oft bei
regierungskritischen Demonstrationen gespielt, in manchen der dazugehörigen
Videoclips inszenieren sich die boygroupartigen Musiker im Stil einer
coolen Jugendgang. Der ironisch gemeinte Titel des Songs lautet übersetzt
etwa „Vergib mir, Herr“ und macht sich über Polizei und Militär lustig.
Eine Textzeile lautet „sie kommen einer nach dem anderen und kämpfen um den
Thron“.
Mitten in den Sirenensound von Khing Hnin Wais Clip fährt im Hintergrund
ein bedrohlich aussehender Konvoi aus schwarzen Limousinen und
Panzerfahrzeugen vorbei. Doch die Trainerin bleibt ganz cool und zieht ihre
Danceshow durch.
Später, als das Internet wieder funktioniert, postet sie ihren
Dancevideoclip auf ihrer Facebookseite. Allein dort bekommt er mehr als
75.000 Likes, wird millionenfach geteilt und angeschaut.
Erst nach dem Posten des Clips merkt Khing Hnin Wai, dass geputscht wurde
und dass sie offenbar eine Szene davon zu ihrem Tanz gefilmt hat. So hat
sie quasi den Soundtrack zum Putsch produziert. Und durch ihre nonchalante
Art, ihre entschlossenen und selbstbewussten Moves sowie durch die
politische Geschichte des Songs alles mit einer subversiven Note. Tanz den
Putsch!
3 Feb 2021
## LINKS
[1] https://www.vice.com/en/article/xgzkqn/woman-danced-through-myanmar-coup-wh…
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Schwerpunkt Myanmar
Indonesien
Militärputsch
Schwerpunkt Myanmar
Schwerpunkt Myanmar
Schwerpunkt Myanmar
Schwerpunkt Myanmar
Schwerpunkt Myanmar
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vorwurf Wahlbetrug in Myanmar: Alte Tricks reloaded
Das Militär biegt sich nach dem Putsch die Verfassung zurecht. Damit
schafft es einen Vorwand, um Aung San Suu Kyi zu stürzen und von Wahlen
auszuschließen.
Kampagne des zivilen Ungehorsams: Myanmar probt den Generalstreik
Die Proteste gegen die Machtübernahme des Militärs bekommen noch mehr
Zulauf. Erstmals drohen die Generäle jedoch mit Konsequenzen.
Militärputsch in Myanmar: Im Namen der Stabilität
Mit Trommelschlägen protestieren die Leute in Myanmar gegen das Militär.
Oppositionelle senden per Hashtag Hilferufe ans Ausland.
Reaktion auf den Putsch in Myanmar: Topfschlagen gegen das Militär
In Myanmar bildet das Militär sein Regierungskabinett. Am Abend regt sich
in Yangon der erste lautstarke Protest, dem weitere folgen sollen.
Staatssteich in Myanmar: Putsch mit Ansage
Das Militär übernimmt die Führung in Myanmar nun vollends. Dabei ist
unklar, was sich die Generäle davon genau versprechen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.