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# taz.de -- Vorwurf Beihilfe zum Mord: KZ-Wächter wieder in der Heimat
> US-Behörden haben einen 95-jährigen ehemaligen KZ-Wachmann in die
> Bundesrepublik ausgewiesen. Dort sind die Ermittlungen schon eingestellt.
Bild: KZ-Gedenkstätte Neuengamme
BERLIN taz | Ein ehemaliger KZ-Wachmann ist am Samstag von den USA in die
Bundesrepublik ausgewiesen worden. Der 95-Jährige, dessen Namen das
US-Justizministerium mit Friedrich Karl Berger angegeben hat, landete an
Bord eines Ambulanzflugzeugs auf dem Frankfurter Flughafen. Nach Angaben
der Generalstaatsanwaltschaft Celle habe er gegenüber der deutschen Polizei
seine Zustimmung zu einer Befragung signalisiert.
Berger war nach dem Krieg zunächst nach Kanada und 1959 in die USA
ausgewandert, wo er sich mit seiner Familie im Bundesstaat Tennessee
niederließ. Seit 1979 bemühen sich die US-Justizbehörden, frühere
NS-Verbrecher aufzuspüren und aus dem Land auszuweisen.Im Februar hatte ein
Gericht die [1][Ausweisung von Berger wegen dessen Tätigkeit bei der
Bewachung von Gefangenen] in Meppen-Dalum, einer Außenstelle des KZ
Neuengamme, im Jahr 1945 entschieden.
Er habe Gefangene unter „grausamen“ Bedingungen festgehalten, damit diese
„bis zu Erschöpfung und Tod“ Zwangsarbeit leisteten, sagte der dortige
Generalstaatsanwalt. Staatsanwalt Monty Wilkinson begründete die Ausweisung
damit, dass die USA kein „sicherer Hafen für diejenigen seien, die an
Nazi-Verbrechen teilgenommen haben“.
## Ermittlungen eingestellt
In Deutschland sind die Ermittlungen gegen Berger wegen Beihilfe zum Mord
erst im Dezember 2020 eingestellt worden. Es fehle ein hinreichender
Tatverdacht, teilte damals die Generalstaatsanwaltschaft Celle mit. Es sei
unmöglich, Bergers in den USA gemachte Aussage, er habe zwar Gefangene
bewacht, aber Misshandlungen nicht beobachtet und von Todesfällen nichts
erfahren, zu widerlegen.
Die deutsche Rechtsprechung fordert für eine Verurteilung entweder den
Nachweis eines individuellen Mordes oder den Einsatz eines Wachmanns in
einem Konzentrationslager, in dem systematische Tötungen von Gefangenen
erfolgten. Ein solcher Nachweis dürfte im Fall des Außenlagers in Meppen
kaum zu führen sein.
Nach Angaben der Gedenkstätte Neuengamme war Berger im Rahmen eines
Personalaustauschs von der Kriegsmarine nach Neuengamme gekommen. Im Herbst
1944 wurden Angehörige des ursprünglichen SS-Wachpersonals an kämpfende
Waffen-SS-Einheiten an die Westfront befohlen und durch Soldaten ersetzt,
darunter am 23. Januar 1945 auch 80 bis 100 Angehörige des Marinebataillons
354. Unter ihnen befand sich der damals 19-jährige Maschinengefreite
Friedrich Karl Berger. Er wurde dem Wachpersonal in Meppen zugeteilt.
Dort waren mindestens 1.773 Gefangene aus vielen europäischen Ländern dazu
gezwungen, den sogenannten Friesenwall zu errichten, der eine Eroberung
Deutschlands durch die Alliierten verhindern sollte. Aufgrund der grausamen
Haftbedingungen starben Hunderte Häftlinge, 297 von ihnen fanden auf der
Kriegsgräberstätte Versen ihre letzte Ruhestätte. Am 25. März 1945 ließ die
SS das Lager Meppen-Dalum vor den heranrückenden Alliierten räumen und
zwang die Gefangenen zu einem Fußmarsch bis nach Bremen. Auf diesem Marsch
sollen mindestens weitere 50 Häftlinge ums Leben gekommen sein.
Der Fall Berger erinnert an Jakiw Palij, der im August 2018 aus New York
nach Deutschland ausgewiesen wurde. Dem früheren SS-Hilfswilligen wurde
vorgeworfen, [2][im SS-Lager Trawniki] im besetzten Polen eingesetzt worden
zu sein. Wegen fehlender Beweise kam es in Deutschland nicht zu einem
Strafverfahren. Palij starb Anfang 2019 in einem Pflegeheim im Kreis
Warendorf.
22 Feb 2021
## LINKS
[1] /Letzter-NS-Scherge-in-den-USA/!5711479
[2] /Der-Demjanjuk-Prozess/!5120998
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
## TAGS
Holocaust
Neuengamme
NS-Verbrechen
Konzentrationslager
KZ
KZ Stutthof
NS-Verbrechen
Schwerpunkt Nationalsozialismus
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