# taz.de -- Bauprojekt contra Grünfläche in Altona: Verdichtete Konflikte | |
> Die Haspa will am Alsenplatz ein Azubi-Wohnhaus bauen. Weil dafür aber | |
> rund 30 Bäume gefällt werden müssen, protestieren Anwohner*innen. | |
Bild: Sollen einem Neubau weichen: Bäume am Alsenplatz | |
HAMBURG taz | Der Kampf um die letzten Freiflächen in Hamburgs | |
dichtbesiedelten Stadtteilen spitzt sich zu. Während die Stadt verdichten | |
und letzte Baulücken schließen will, um ihr ehrgeiziges Wohnbauprogramm | |
umzusetzen, protestieren Anwohner*innen gegen die Bebauung der | |
Freiflächen. So will die [1][Hamburger Sparkasse (Haspa) am Alsenplatz in | |
Altona etwa dreißig Bäume fällen lassen, um ein sechsstöckiges Wohnheim zu | |
errichten], in dem 140 Auszubildende günstig – für 235 Euro Netto/kalt pro | |
Mieter*in – wohnen können. Die Anwohner*innen des Platzes | |
protestieren gegen den Kahlschlag und wollen ihn mit einer | |
[2][Online-Petition] verhindern. | |
Dabei ist der Alsenplatz derzeit kein Naturreservoir. Der größte Teil ist | |
Parkfläche, die eine Pufferzone mit etwa 70 Bäumen, darunter Eichen, Buchen | |
und Linden, vom Doormannsweg abtrennt. Der kopfsteinbeflasterte Platz hat | |
zwar keine Freizeit- aber „Freiraumqualität“, wie die | |
Anwohner*inneninitiative [3][Green Alsenplatz] betont. Denn der | |
Grünstreifen, auf dem zahlreiche 70 Jahre alte Bäume wachsen, ist die | |
letzte grüne Lunge in der verkehrsbelasteten Gegend. | |
Dass dem Bauvorhaben mehr als 30 Bäume zum Opfer fallen sollen, | |
widerspreche dem erst Ende 2019 abgeschlossenen Vertrag „Hamburgs Grün | |
erhalten“ sowie der „Qualitätsoffensive Freiraum“ der Umweltbehörde. | |
„Auf der Fläche haben sich über die Jahre Straßenbäume und Sträucher | |
entwickelt, die als wichtige Barriere gegen Abgase und Lärm zur | |
vielbefahrenen Verkehrsachse fungieren“, sagt Hamburgs Nabu-Chef Malte | |
Siegert. Der Randbewuchs des Alsenplatzes sei eine „kleine, innerstädtische | |
Oase in einem dichtbebauten Viertel“. Der Nabu „sieht das Vorgehen am | |
Alsenplatz als Beispiel dafür, dass immer mehr Bäume und Grün in der Stadt | |
zugunsten lukrativer Bauprojekte verschwinden“. | |
## Die Zahl der Straßenbäume nimmt ständig ab | |
Allein in den vergangenen zehn Jahren hat der Bestand an Hamburgs | |
Straßenbäumen um mehr als 8.000 abgenommen. Innerstädtischer Lebensraum für | |
Tiere würde so verschwinden, das Mikroklima leiden, Straßen leichter | |
überfluten, weil Grünbereiche versiegelt werden, heißt es vom Nabu. | |
Bezirksamtschefin Stefanie von Berg (Grüne) kann sich allerdings | |
vorstellen, „dass aktuell versiegelte Stellplatzflächen zukünftig | |
unversiegelte Flächen sind“. | |
Doch Corinna Lutz von der Anwohnerinnen*initiative fürchtet zudem | |
„die Verschattung der umliegenden Wohnungen durch den massiven Bauklotz“. | |
Die zwischen 1893 und 1902 erbaute Häuserreihe am Alsenplatz bildet ein | |
Denkmal-Ensemble. Während die Errichtung eines Fahrradhäuschen vor dem | |
Ensemble vom Bezirk Altona als „nicht denkmalverträglich“ abgelehnt wurde, | |
haben die Planer*innen gegen die geplante sechsstöckige Bebauung und die | |
Platzrodung nichts einzuwenden. Um auf den drohenden Kahlschlag | |
hinzuweisen, hat Green Alsenplatz viele der todgeweihten Bäume mit gelben | |
Holzkreuzen markiert. | |
Die zuständigen Gremien haben der Vergabe des 1.143 Quadratmeter großen, | |
bislang städtischen Grundstücks an die Haspa längst zugestimmt, der | |
Kaufvertrag wurde bereits Anfang 2020 unterschrieben, der Bezirk hat einem | |
Bauvorbescheid zugestimmt. Doch erst im vergangenen September, zwei Tage | |
vor der offiziellen Veröffentlichung der Baupläne, erfuhren die | |
Anwohner*innen von dem geplanten Neubau mit 63 Azubi-Appartements. | |
Seitdem protestieren sie gegen das Gebäude, dessen Baubeginn, wie | |
Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg der taz bestätigt, noch im | |
laufenden Jahr sein soll und dessen Fertigstellung für 2023 geplant ist. | |
Für die Haspa haben andere Argumente Vorrang: „Mit der Realisierung dieses | |
öffentlich geförderten Wohnheimes kann die Haspa, als einer der größten | |
Ausbildungsbetriebe der Stadt, ihrem Nachwuchs bezahlbare Wohnungen zur | |
Verfügung stellen.“ | |
## Bezahlbare Wohnungen für Auszubildende schaffen | |
Andreas Dressel, Chef der Finanzbehörde, die das Grundstück verkaufte, | |
betont, „es erleichtert die Nachwuchsgewinnung, wenn man als Arbeitgeber | |
auch ein Wohnangebot machen kann“. Das Wohnheim werde, so Dressel, „mit | |
seinen jungen Bewohnerinnen und Bewohnern dazu beitragen, dass Altona-Nord | |
ein lebendiger und dynamischer Stadtteil bleibt.“ | |
Und auch von Berg sagt: „Fest steht, dass wir in Hamburg günstigen Wohnraum | |
für Auszubildende benötigen. Selbst WG-Zimmer schlucken zum Teil das | |
gesamte Einkommen, zum Leben bleibt nichts mehr übrig. Das Bauprojekt ist | |
also eng mit einem sozialen Auftrag verbunden.“ | |
Wie viele Bäume gefällt und wie viele Flächen für das Wohngebäude, dass ein | |
Gründach erhalten soll, versiegelt werden, kann die Bezirkschefin noch | |
nicht sagen, verspricht aber, recht allgemein: „Wir werden darauf achten, | |
dass auch ökologische Belange nicht zu kurz kommen.“ | |
22 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.haspa.de/de/home/unternehmen-haspa/presse/pressemitteilungen/pr… | |
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/der-alsenplatz-muss-unverbaut-u… | |
[3] https://greenalsenplatz.jimdosite.com/ | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
## TAGS | |
Flächenversiegelung | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
Rodung | |
Altona | |
Wohnraum | |
Hamburg | |
Hamburg | |
Fremd und befremdlich | |
Stadtplanung | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Streit um Bauprojekt der Sparkasse: Bank versus Bäume | |
Die Hamburger Sparkasse will auf dem Alsenplatz in Hamburg-Altona | |
„bezahlbaren Wohnraum“ schaffen. Doch Anwohner*innen wehren sich. | |
St. Pauli, das Paulihaus und die Bäume: Ein Paradox | |
Auf St. Pauli gibt es Proteste gegen das geplante Paulihaus. Dabei sind die | |
Leute hinter dem Paulihaus doch gar nicht die Bösen. Oder etwa doch? | |
Altona will Ausfallstraßen umgestalten: Im Westen was Neues | |
Altonas Bezirksamtschefin Stefanie von Berg will die Autos von den | |
Ausfallstraßen in ihrem Bezirk verdrängen und diese Magistralen bebauen. | |
Abriss der Sternbrücke in Hamburg: Trostpflaster für Monsterbrücke | |
Der Abriss der Hamburger Sternbrücke kommt. Mit dem Versprechen, ein neues | |
„Clubhaus“ zu bauen, zieht der Senat die örtlichen Clubs auf seine Seite. |