# taz.de -- Wohnen und Kosten: Mietenstopp für alle | |
> Ein Bündnis fordert einen Mietenstopp für sechs Jahre. Dabei wird auch | |
> auf Einkommenseinbußen durch Corona verwiesen. | |
Bild: Hier wohnen und wissen, es wird nicht teurer, das wär's: Straßenszene i… | |
BERLIN taz Niemand soll mehr Angst vor Vertreibung haben. „Jeder muss das | |
Recht haben, dort wohnen zu bleiben, wo er oder sie lebt“ sagte Ulrich | |
Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, am | |
Freitag. Der Gesamtverband gehört zu einem Bündnis, das jetzt eine Kampagne | |
[1][für einen Mietenstopp startete.] | |
Das Bündnis, in dem auch der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche | |
Mieterbund und mehrere regionale Mieteriniativen vertreten sind, fordert, | |
dass die Mieten bundesweit für sechs Jahre eingefroren werden. | |
„Wir brauchen wirksame Maßnahmen, die weitere Mieterhöhungen unterbinden“, | |
sagte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes. | |
Coronabedingt hätten viele Beschäftigte Einkommenseinbußen, gerade sie | |
bräuchten einen Mietenstopp, erklärte Stefan Körzell vom Bundesvorstand des | |
Gewerkschaftsbundes. | |
Bei Wiedervermietungen soll der Mietpreis maximal auf die ortsübliche | |
Vergleichsmiete angehoben werden dürfen. Ausgenommen vom Stopp sollen | |
Neubauten sein und sogenannte faire VermieterInnen, deren Mietpreise nur 80 | |
Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete betragen. Sie sollen die Miete | |
maximal um 2 Prozent jährlich steigern können. | |
## Wohnen von Kapitalanlage entkoppelt | |
In München gehe es „schon lange nicht mehr um das Schaffen von Wohnraum, | |
sondern ausschließlich um Kapitalanlage und Profitmaximierung“, sagte | |
Tilman Schaich von der Initiative [2][#ausspekuliert] in München. Ulrich | |
Schneider berichtete, dass durch den Wohnungsmangel in den Ballungsgebieten | |
die soziale Arbeit vieler Träger nicht mehr gemacht werden könne. Er kenne | |
Fälle in der Gefährdetenhilfe, wo Menschen, die vorzeitig aus einer Haft | |
entlassen werden könnten, „dies nicht tun, weil sie keinen Wohnraum | |
finden“. | |
Anlass der Kampagne ist eine Konferenz der Bundesregierung am kommenden | |
Dienstag, in der diese eine Bilanz ihrer „Wohnraumoffensive“ vorstellen | |
will. Aus Sicht der KampagnenvertreterInnen ist diese Bilanz unzulänglich. | |
Die Mietenentwicklung sei „ungebremst“, sagte Siebenkotten. Das Bündnis | |
fordert neben dem Mietenstopp mehr geförderten sozialen Wohnungsneubau, | |
strengere Regeln für Eigenbedarfskündigungen und Umwandlungen, ein soziales | |
Bodenrecht und eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit. | |
## Kritik der Wohnungswirtschaft | |
Mit der Forderung nach einem Mietenstopp „scheint nun auch der Deutsche | |
Mieterbund den Lockrufen des Populismus zu erliegen“, sagte Maren Kern, | |
Vorständin des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen | |
(BBU), am Freitag. Das Experiment des Mietendeckels in Berlin beweise, dass | |
dieses die Wohnungsknappheit für einkommensschwache Haushalte verschärfe | |
und die Investitionskraft der sozialen Wohnungswirtschaft schwäche. | |
Das Immobilienportal [3][Immowelt hatte] in dieser Woche Zahlen | |
veröffentlicht, nach denen in den Ballungszentren die Entwicklung von | |
Kaufkraft und Mieten auseinanderklafft. In München liegt die Kaufkraft 33 | |
Prozent über dem Deutschlandmittel, die Angebotsmieten sind dort aber um | |
133 Prozent höher als der Durchschnitt. In Berlin beträgt die Kaufkraft 8 | |
Prozent weniger als der bundesweite Durchschnitt, die Angebotsmieten liegen | |
hier aber 56 Prozent darüber. | |
19 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://mietenstopp.de/ | |
[2] https://www.ausspekuliert.de/ | |
[3] https://www.immowelt-group.com/presse/pressemitteilungenkontakt/immoweltde/… | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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