# taz.de -- Empfehlung des Ethikrates zu Corona: Keine Ausnahmen für Geimpfte | |
> Der Ethikrat hält es für falsch, Coronaregeln für Geimpfte früher zu | |
> beenden. Die Experten unterscheiden zwischen staatlichen und privaten | |
> Regeln. | |
Bild: Alena Buyx (r.), Vorsitzende des Ethikrates, empfiehlt: momentan keine So… | |
BERLIN taz | Noch gibt es in Deutschland viel zu wenig Impfstoff, um auch | |
nur die besonders Gefährdeten zügig gegen den [1][Sars-CoV-2-Erreger] zu | |
impfen. Dennoch wird bereits seit Wochen in Politik wie an Küchentischen | |
kontrovers diskutiert, ob es für Geimpfte [2][Lockerungen bei den | |
Coronamaßnahmen] geben soll. Der Deutsche Ethikrat hat sich jetzt mit der | |
Ad-Hoc-Empfehlung „Besondere Regeln für Geimpfte?“ in die Diskussion | |
eingeschaltet. Und seine Empfehlung ist klar: Es sei zum jetzigen Zeitpunkt | |
falsch, für Geimpfte die Coronamaßnahmen früher zu beenden. | |
Zunächst müsse ohnehin geklärt werden, ob Geimpfte weiterhin andere | |
Menschen anstecken könnten, betonte Alena Buyx, die Vorsitzende des | |
Ethikrates, bei der Vorstellung des Papiers. Wenn das Risiko erfolgreich | |
gesenkt werden könnte, müssten die Maßnahmen für alle entsprechend | |
zurückgenommen werden, so die Medizinethikerin. Schließlich handele es sich | |
um gravierende Grundrechtseinschränkungen. | |
Maske zu tragen und Abstandsregeln einzuhalten, könne Geimpften und nicht | |
Geimpften hingegen noch länger zugemutet werden. Der Ethikrat, dessen | |
Mitglieder vom Bundestagspräsidenten ernannt werden, hat die Aufgabe, | |
Politik und Gesellschaft Orientierung zu geben. | |
Solange nicht alle Menschen die Chance auf eine Impfung hätten, würden | |
Sonderregelungen für Geimpfte als ungerecht empfunden werden, ergänzte | |
Sigrid Graumann, die Sprecherin der AG Pandemie des Ethikrates. Eine | |
vorherige Rücknahme der Maßnahmen für Geimpfte wäre demnach auch für die | |
allgemeine Akzeptanz in der Bevölkerung nicht richtig. | |
Eine Ausnahme macht der Ethikrat bei Alten- und Pflegeheimen, Einrichtungen | |
für Menschen mit Behinderung und chronisch Kranken. Die dort geltenden | |
extremen Kontaktbeschränkungen würden zu Depressionen, Demenzschüben und | |
anderen schwerwiegenden Problem führen. Diese Maßnahmen seien deshalb nur | |
zu rechtfertigen, solange die Menschen, die dort leben, noch nicht geimpft | |
sind. | |
Hier gehe es nicht um Sonderrechte, sondern um die Rücknahme von der | |
Benachteiligung, betonte Graumann. In den Einrichtungen zum Schutz der | |
Menschen, die nicht geimpft werden könnten oder wollten, weiter alle | |
Maßnahmen aufrechtzuerhalten, wäre nicht angemessen. Die nicht geimpften | |
Bewohner müssten dann mit anderen Maßnahmen wie Schnelltests, FFP2-Masken | |
und Schutzkleidung für Pflegekräfte geschützt werden. | |
Der Ethikrat betont, dass zwischen staatlichen Maßnahmen und dem Verhalten | |
von Unternehmen unterschieden werde müsse. Bei letzteren gelte die | |
Vertragsfreiheit, so der stellvertretende Vorsitzende, Volker Lipp. Bei | |
Angeboten der Grundversorgung, etwa beim öffentlichen Personennahverkehr | |
dürfe es aber keine Ungleichbehandlung geben. Lipp wies auch darauf hin, | |
dass es keine [3][arbeitsrechtliche Impfpflicht] geben könne. | |
Wenn aber beispielsweise eine Konzertveranstalterin oder ein | |
Restaurantbesitzer entscheiden würde, nur Geimpften den Zutritt zu | |
erlauben, so wäre dies durchaus möglich. Allerdings erst, wenn die | |
Schließung grundsätzlich aufgehoben ist. Die Vorstellung, man könne für | |
Geimpfte früher aufmachen, sei ein Missverständnis, so Buyx. | |
Sie betonte auch: „Daraus ergibt sich keine Impfpflicht durch die | |
Hintertür.“ Schließlich wäre es möglich, Tests als Alternative anzubieten. | |
Einen vorgezogenen Zugang zur Impfung für Profi-Sportler, die an | |
internationalen Wettbewerben teilnehmen, lehnte der Ethikrat ab. | |
Buyx wandte sich auch dagegen, in der Diskussion von „Privilegien“ zu | |
sprechen. „Ich würde mich freuen, wenn man den Begriff nicht mehr benutzen | |
würde.“ Er sei unpräzise und sorge für eine unnötige Verschärfung der | |
öffentlichen Debatte. | |
4 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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