# taz.de -- Proteste gegen Verhaftung von Rapper: Gewalt und Kunstfreiheit | |
> In Spanien demonstrieren Tausende gegen die Verhaftung eines Rappers. | |
> Künstler und Menschenrechtler protestieren für Meinungsfreiheit. | |
Bild: Schwere Auseinandersetzungen bei den Protesten in Madrid am Mittwoch | |
MADRID taz | Seit Dienstagabend protestieren in den vier katalanischen | |
Provinzhauptstädten meist junge Menschen für Meinungsfreiheit und gegen die | |
Inhaftierung des Rappers [1][Pablo Hasél]. Am Mittwoch schlossen sich auch | |
Demonstranten in Madrid und Andalusien an. | |
Bei den Protesten kam es zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. | |
Mindestens 57 Menschen wurden verhaftet. Die Medien zählen 88 Verletzte. In | |
Barcelona verlor eine junge Frau ein Auge durch ein Gummigeschoss. | |
Der 32-jährige Hasél war der Anordnung des Sondergerichts für Terrorismus | |
und Bandenkriminalität Spaniens nicht gefolgt, bis vergangenen Freitag eine | |
neunmonatige Gefängnisstrafe anzutreten. Er verschanzte sich stattdessen | |
mit rund 30 Unterstützern im Rektorat der Universität seiner katalanischen | |
Heimatstadt Lleida. Die Polizei stürmte am Dienstag um 6.30 Uhr und führte | |
alle ab. | |
Dem linken Sänger wurden seine Nachrichten auf Twitter sowie seine Texte | |
zum Verhängnis. Den ehemaligen König Juan Carlos I., der sich in die | |
Arabischen Emirate abgesetzt hat, nachdem gegen ihn in der Schweiz und in | |
Spanien wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung ermittelt wird, bezeichnet | |
er als „Dieb“ und „mafiös“. | |
## 90.000 Unterschriften bei Amnesty International | |
Hasél lässt immer wieder seinen Gewaltfantasien freien Lauf, singt von | |
Schüssen auf Politiker. „Beleidigung und Verunglimpfung der Krone“ und | |
„Verherrlichung des Terrorismus“ sahen die Richter darin. Eine andere | |
Haftstrafe von weiteren zwei Jahren steht noch aus. | |
Bereits vergangene Woche unterzeichneten über 200 Künstler eine | |
Solidaritätsadresse für Hasél. Unter ihnen befindet sich die Regisseure | |
Pedro Almodóvar und Fernando Trueba und der Schauspieler Javier Bardem. | |
„Morgen kann es jeden von uns treffen“, schreiben sie. | |
Die spanische Sektion von Amnesty International hat seit der Verhaftung | |
[2][knapp 90.000 Unterschriften] gesammelt. „Niemand sollte strafrechtlich | |
verfolgt werden, nur weil er in den sozialen Medien etwas schreibt oder | |
weil er etwas singt, was unangenehm oder skandalös sein kann“, sagt | |
Amnesty-Vorsitzender Esteban Beltrán. Der Artikel 578 des Strafrechts, der | |
solche Urteile möglich macht, müsse geändert werden, um Meinungsfreiheit | |
und künstlerischen Ausdruck zu schützen. | |
Der Artikel stammt in seiner jetzigen Form aus dem Jahr 2015. Seither | |
fanden über 70 Verfahren gegen Musiker und Benutzer der sozialen Netzwerke | |
wegen „Verherrlichung des Terrorismus“ und „Erniedrigung der Opfer“ sta… | |
## Zwei Pfeiler zur Einschränkung der Meinungsfreiheit | |
Das führt zu skurrilen Urteilen. So wurde etwa ein Journalist verurteilt, | |
weil er auf Facebook schrieb: „Der Kampf ist der einzige Weg!“ Dies wird | |
oft auf spanischen Demonstrationen gerufen. Da der Satz einst auch von der | |
baskischen Separatistenorganisation ETA genutzt wurde, sahen die Richter | |
darin „Verherrlichung des Terrorismus“ und verhängten 2018 eine 18-monatige | |
Haftstrafe. | |
Für Amnesty ist der Artikel 578 nur „einer von zwei Pfeilern bei der | |
Einschränkung der Meinungsfreiheit in Spanien“. Ebenfalls 2015 erließ die | |
damalige konservative Regierung das „Gesetz für die Sicherheit der Bürger�… | |
„Fehlender Respekt gegenüber den Ordnungskräften“, „Eingriff in den | |
Verkehr“, Aufruf oder Teilnahme an einer nicht angemeldeten Protestaktion | |
oder die Veröffentlichung von Fotos und Videos von Polizeibeamten bei | |
Einsätzen führen zu Bußgeldbescheiden von bis zu 30.000 Euro. | |
Bis Ende 2019 verhängte die Polizei rund eine 1 Million Bußgelder im Wert | |
von über 560 Millionen Euro. Das Gesetz kommt auch bei alltäglichen | |
Situationen zum Einsatz. Anfang 2020 kamen weitere 1,1 Millionen Bescheide | |
wegen Verstoßes gegen die Corona-Auflagen hinzu. | |
18 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kritik-am-spanischen-Koenig/!5746761 | |
[2] https://www.es.amnesty.org/actua/acciones/codigo-penal-libertad-expresion-f… | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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