# taz.de -- Umstrittene Ermittlungsmethode: Wo sind die Staatstrojaner? | |
> Das Bundesamt für Justiz korrigiert seine Statistik deutlich nach unten: | |
> Staatsanwaltschaften setzten viel weniger Spähsoftware ein als gedacht. | |
Bild: Das Bundesamt für Justiz hat jetzt seine Überwachungsstatistik dramatis… | |
FREIBURG taz | In Deutschland werden sogenannte Staatstrojaner viel | |
seltener eingesetzt als zunächst von den Sicherheitsbehörden mitgeteilt. | |
Das Bundesamt für Justiz hat jetzt seine Überwachungsstatistik dramatisch | |
nach unten korrigiert. | |
Im Sommer 2017 hat der Bundestag kurz vor der Wahl noch den Einsatz von | |
[1][Staatstrojanern zur Aufklärung von Straftaten zugelassen]. In der | |
Strafprozessordnung wurde sowohl die Online-Durchsuchung als auch die | |
Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) eingeführt. | |
In beiden Fällen muss Spähsoftware (der so genannte Staatstrojaner) auf den | |
Computer oder das Smartphone gespielt werden. Bei der Online-Durchsuchung | |
übermittelt der Trojaner dann den Inhalt der Festplatte an die Polizei, bei | |
der Quellen-TKÜ ermöglicht er das Auslesen verschlüsselter Telefonate, | |
Emails und Chats. | |
Ende 2020 legte das Bundesamt für Justiz erstmals die gesetzlich | |
vorgesehene Statistik für beide Maßnahmen vor. Vor allem die Zahlen für die | |
Quellen-TKÜ waren damals höher als erwartet. Im Jahr 2019 sollen 578 | |
Trojaner-Einsätze angeordnet und 368 durchgeführt worden sein. Erstaunlich | |
war dies, weil jede Installation eines Trojaners aufwendig vorbereitet | |
werden muss. | |
Besonders oft setzten laut der Statistik vor allem folgende Bundesländer | |
Trojaner ein: Meckpomm (95), Niedersachsen (89), Sachsen (76), Hessen (52), | |
Saarland (24) und NRW (14). Recherchen von NDR und WDR ergaben jedoch, dass | |
diese Zahlen deutlich zu hoch waren. Viele Staatsanwaltschaften hatten das | |
veränderte Abfrage-Formular nicht richtig verstanden. | |
Nun legte das Bundesamt für Justiz eine „berichtigte“ Statistik vor – mit | |
eklatant niedrigeren Zahlen. Danach wurde bundesweit die Quellen-TKÜ nur 31 | |
Mal (statt 578 Mal) angeordnet und ganze drei Mal (statt 368 Mal) | |
durchgeführt: je einmal in Niedersachsen, NRW und in Brandenburg. Dies | |
könnte die aktuellen Diskussionen um die Einführung der Quellen-TKÜ [2][bei | |
der Bundespolizei] und [3][beim Bundesamt für Verfassungsschutz] etwas | |
entspannen. | |
Bei der Online-Durchsuchung musste kaum etwas berichtigt werden, die Zahlen | |
waren aber ebenfalls eher niedrig. So wurde die Online-Durchsuchung 2019 | |
bundesweit 21 Mal zur Strafverfolgung angeordnet und 12 Mal tatsächlich | |
durchgeführt, davon sechs Mal in Bayern. | |
18 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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