# taz.de -- Wahl zum CDU-Vorsitz: Der Osten trauert um Friedrich Merz | |
> Die Spitzen der ostdeutschen CDU-Landesverbände werben für | |
> Geschlossenheit. Doch vor allem in der zweiten Reihe grummelt es. | |
Bild: Ihn hätten sie lieber gehabt: Abschiedswinken von Friedrich Merz am Ende… | |
Dresden taz | Die Union braucht nach der [1][Wahl von Armin Laschet] zum | |
CDU-Vorsitzenden wohl einen Integrationsbeauftragten. Dieser Eindruck | |
entsteht jedenfalls, wenn man sich in den ostdeutschen Landesverbänden | |
umhört. Die Anhängerschaft seines Konkurrenten Friedrich Merz ist hier | |
groß. Nach dessen Niederlage beim Kampf um den Parteivorsitz schicken sich | |
seine Fans nur mühsam in die im Wahljahr 2021 von der Führung beschworene | |
Parteidisziplin. | |
Während die Landesspitzen für Geschlossenheit werben, grummelt es vor allem | |
in der zweiten Reihe. Der Spiegel veröffentlichte in der vergangenen Woche | |
Chats unter Parteifreunden aus Sachsen-Anhalt. Laschet könne keinen | |
einzigen AfD-Wähler zurückholen, die CDU öffne weiter die Flanke auf der | |
konservativen Seite, „und die Quittung bekommen wir im Osten“. | |
Manipulierte Bilder zeigen Laschets Gesicht auf Angela Merkels Körper oder | |
Laschet und seinen Teampartner Jens Spahn als die legendären Komiker Laurel | |
und Hardy – alias Dick und Doof. „Der Kandidat der Basis hat verloren“, | |
twitterte der Landeschef der Werte-Union, Ingo Gondro. „Friedrich Merz | |
hätte der CDU ihr CDU-Gesicht wiedergegeben!“ | |
Die Mittelstandsvereinigungen in Sachsen-Anhalt und in Sachsen zählen | |
ebenfalls zu den offenen, aber gemäßigten Unterstützern von Merz. | |
„Selbstverständlich war für viele unserer Mitglieder die Wahl eine | |
Enttäuschung“, antwortet der sächsische Landesvorsitzende Markus Reichel | |
auf Anfrage. Man traue aber Laschet eine wirtschaftsfreundliche Politik und | |
integrierende Kraft zu und werde ihn bald nach Sachsen einladen. „Wir haben | |
aber die Erwartung, dass die fast 50 Prozent für Friedrich Merz sich | |
entsprechend im Wahlprogramm der CDU für die Bundestagswahlen | |
niederschlagen“, fügt Reichel hinzu. | |
Keine Lust mehr auf CDU-“Einheitsbrei“ | |
Wenn in Thüringen auch eine Spitzenpolitikerin wie die ehemalige | |
Landtagspräsidentin Dagmar Schipanski die Wahl Laschets begrüßte, haben | |
doch Werte-Union und Merz-Fans vor allem in Südthüringen jenseits des | |
Thüringer Waldes ihre Hochburgen. Aber auch im Norden, im katholisch | |
dominierten Eichsfeld mit seiner mittelständisch-handwerklichen | |
Wirtschaftsstruktur, hätte man Merz lieber als Häuptling gesehen. „Einige | |
aus meinem Umfeld, denen das Konservative fehlt, sind enttäuscht“, | |
berichtet die Eichsfelder Landtagsabgeordnete Christina Tasch. | |
Warum Merz im Osten so populär ist, sagt sie auch. Viele hätten den | |
„Einheitsbrei“ in der Union satt, wünschten sich mehr Streit als Mainstream | |
und fänden deshalb einen „Unangepassten“ richtig. | |
„Die Ostdeutschen haben eine Sympathie für Macher“, meint der | |
parlamentarische Geschäftsführer der Sachsen-Anhalter CDU-Fraktion Markus | |
Kurze. „Laschet wäre gut beraten, die Zusammenarbeit zu suchen“, sagte der | |
Konservative Kurze, der den Sieger gleich nach der Wahl als | |
„Funktionärskandidaten“ bezeichnet hatte. | |
Sachsens CDU-Generalsekretär Alexander Dierks erklärt die Sympathien für | |
Merz mit dem „Interesse an einem starken Profil“. Nach dem Streit über die | |
Personalfrage müsse man nun aber das Ergebnis anerkennen und zu einem | |
„Mannschaftsspiel“ finden. Wie schwierig das wird, sagte Ministerpräsident | |
Michael Kretschmer der Leipziger Volkszeitung. Diese erforderliche | |
Akzeptanz sei „gerade auch in Sachsen eine Herausforderung“. | |
Fünf Ostdeutsche im Bundesvorstand | |
Kretschmer sagt aber auch, dass sich der Osten im Parteipräsidium bestens | |
repräsentiert fühlen kann. Er und sein Kollege Haseloff erzielten mit mehr | |
als 800 Stimmen die beiden besten Wahlergebnisse. Weitere fünf Ostdeutsche | |
wurden in den Bundesvorstand gewählt, wobei es der ehemalige Thüringer | |
CDU-Chef Mike Mohring mit dem schlechtesten Ergebnis von 527 Stimmen gerade | |
so schaffte. | |
Klar ist, dass der [2][unterlegene Bewerber] sich in der Union nicht | |
einfach „ausmerzen“ lässt. Merz selbst hat in seinem Brief an die | |
Parteimitglieder zugesichert, „für die Partei weiter engagiert zu | |
arbeiten“. Manchen mag das wie eine Drohung erscheinen, seinen ostdeutschen | |
Anhängern eher wie ein Trost. | |
Es fällt nur auf, dass keiner der Befragten klar empfiehlt, wo Friedrich | |
Merz platziert werden sollte. Vage ist nur von einer „repräsentativen | |
Stellung“ oder vom „Kompetenzteam“ die Rede. Glaubt man einer | |
Langzeit-Onlineumfrage des Civey-Instituts, wollen nur etwa 40 Prozent eine | |
konservativere Union, während mehr als zwei Drittel für Konstanz oder gar | |
einen linksliberaleren Kurs plädieren. | |
25 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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