# taz.de -- Rassismus und Selbstsorge: Schützt euren Akku! | |
> Jede Woche liefert Deutschland frische rassistische Fehltritte. Wenn | |
> People of Color jedes Mal gegenhalten müssen, kommen sie zu nichts | |
> anderem mehr. | |
Bild: Aufstehen gegen Rassismus ist wichtig, aber kann Schwarze Menschen und Po… | |
Deutschland ist ein großes Tchibo. Nur nicht mit so Produkten im | |
wöchentlichen Angebot, von denen zuvor niemand wusste, dass sie überhaupt | |
existieren. Im Almanya-Wochenprospekt gibt es stattdessen palettenweise | |
Rassismus: Relativierung des [1][Porajmos] (das ist die Bezeichnung für den | |
Massenmord an Sinti*zze und Romn*ja während des Nationalsozialismus), | |
menschenfeindliche Kommentare von Journalist*innen, Satire, die nur Witze | |
über das Leid der anderen reißen kann (weil Deutschland führt Humor nicht | |
im Sortiment) oder die Dosis Springer-Papiermüll und | |
-Internetverschwendung. Das deutsche Geschäftsmodell bleibt stabil. | |
Werbeslogan: Jede Woche eine alte Welt. | |
Ich frage mich mindestens jeden siebten Tag: ignorieren? Oder mich und | |
andere verteidigen? Es ist manchmal eine gute Strategie, die x-te Debatte | |
oder Talkshow oder Instagram-Kachel, die Rassismus reproduziert, einfach | |
beiseitezuwischen. Dafür braucht es Nerven. Wenn ich mich jede Woche um | |
jeden „Ausrutscher“ kümmern würde: Ich würde zu nix mehr kommen. | |
Andauernd auf die ewig gestrige Menschenfeindlichkeit zu reagieren, kostet | |
Zeit, Energie und Geld. Ressourcen, die bei vielen marginalisierten | |
Menschen knapp sind. Ich bin privilegierter Autor, schreibe und rede | |
hauptberuflich und dennoch zehrt es an den Kräften, sich auf jede (im | |
Nachhinein natürlich missverstandene!) rassistische Tirade einzulassen. | |
Andersherum ist ghosten allerdings nur dann strategisch klug, wenn alle | |
mitmachen. Denn Pfauenfeder-Rassismus ernährt sich von Aufmerksamkeit. | |
In meiner letzten Kolumne habe ich mich entschieden, mich nicht am | |
Wochenprospekt zu orientieren und meine Aufmerksamkeit [2][dem Leid | |
erfrierender Geflüchteter an den EU-Außengrenzen] zu widmen. Die | |
rassistischen Wochenangebote sollen die Emanzipation der Unterdrückten | |
aufhalten und viel Akku verbrauchen. Deswegen haben es vor allem von | |
Rassismus betroffene Menschen verdient, auch mal ganz abzuschalten, sich | |
nicht auf jede Aushandlung ihrer Menschenwürde einzulassen. | |
## Manchmal geht's nicht anders | |
Dann aber ist es manchmal unmöglich, seine Existenz nicht zu verteidigen. | |
Wichtig ist: [3][Werden Sinti*zze und Rom*nja rassistisch angegriffen], | |
müssen marginalisierte Gruppen zusammenstehen und sie verteidigen. Werden | |
Jüdinnen*Juden antisemitisch angegriffen, müssen marginalisierte | |
Gruppen zusammenstehen und sie verteidigen. Werden Schwarze Menschen, | |
Kurd*innen, Geflüchtete, Queers, Menschen mit Behinderung oder andere | |
verletzbare Minderheiten rassistisch angegriffen, müssen marginalisierte | |
Gruppen zusammenstehen und sie verteidigen. | |
Natürlich sind vor allem Weiße verantwortlich, die rassistischen Strukturen | |
der weißen Mehrheitsgesellschaft abzubauen. Aber ich will jene von | |
Menschenfeindlichkeit betroffene Communitys ins Zentrum stellen. Tut, was | |
Euch im Moment gut tut! Während unverbesserliche Almans weiter racist | |
Treuebohnen sammeln: Es wird eine Zeit kommen, wo sie sie nicht mehr | |
einlösen können. | |
4 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] /NS-Verbrechen-Porajmos/!5647335 | |
[2] /Gefluechtete-in-Lipa/!5742046 | |
[3] /WDR-Talkshow-Die-Letzte-Instanz/!5744938 | |
## AUTOREN | |
Mohamed Amjahid | |
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