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# taz.de -- Racial Profiling im Supermarkt: Immer wieder ich
> Wenn unser Autor einkaufen geht, wird er immer wieder von Ladendetektiven
> angehalten und kontrolliert – nur, weil er nicht weiß ist.
Bild: Die Überwachungskameras drehen Pirouetten
Ladendetektive und ich, wir werden keine Friends mehr. Regelmäßig
belästigen sie mich beim Einkaufen. Entweder sie kleben an mir zwischen den
Regalreihen, ihre Kameras an der Decke drehen Pirouetten gemäß meiner
Bewegungen oder die kleinen Columbos sind noch dreister und fischen mich
(natürlich ganz zufällig) heraus, um in meinen Rucksack zu schauen.
So zum x-ten Mal geschehen am vergangenen Freitag. Ich war in einem
Netto-Supermarkt in Berlin (nicht der mit dem Hundelogo, der andere).
Nachdem ich das gesuchte Produkt nicht gefunden hatte, fragte ich eine
Kundin an der Kasse freundlich, ob ich mit Corona-Abstand vorbei dürfe.
Wenige Schritte später hielt mich ein älterer Herr mit einer zu locker
sitzenden Gesichtsmaske auf. Aus dramaturgischen Gründen nenne ich ihn
Heinrich.
Er zeigte einen unleserlich-labbrigen Ausweis vor und fragte, ob ich was
mitgenommen hätte ohne zu bezahlen. Als ich das verneinte, schaute er
skeptisch, wollte mich aber großherzig gehen lassen. Nur wollte ich nicht
mehr gehen und fragte, wie er darauf komme, dass ich klaue. Er sagte, er
habe mich lediglich im Markt aus den Augen verloren. Als ich ihn nochmal
zur Rede stellte, pustete er nur noch in seine halbe Maske. Also bat ich
darum, mit der Filialchefin zu sprechen, was ihn empörte.
Die Filialleiterin, das muss ich ihr lassen, hat versucht die Situation zu
klären, sich später auch entschuldigt. Detektiv Heinrich behauptete vor
ihr, mein (halb leerer) Rucksack sehe halt so voll aus. Als ich erklärte,
dass [1][von Rassismus betroffene Menschen] unter Generalverdacht gestellt
würden und viele rassismuskritische Organisationen das dokumentieren und
bemängeln, schüttelte Heinrich den Kopf. Diese Kritik sei unangemessen. Er
nuschelte einen Paragrafen vor sich hin und deswegen dürfe er jede Person
kontrollieren. Jeder Kunde sei ein potenzieller Täter. Mein Kopf dann so:
Das ist keine gute Werbung für den hundelosen Netto.
Anyways: Heinrich, es ist klar, warum du Extra-Auge auf Schwarze Menschen
und People of Color machst – während Jonas und Annika in Ruhe klauen
können, wenn sie wollen. Solche Heinriche denken, [2][dass jeder Nafri in
Jogginghose abgepacktes Fleisch in Aspik mitgehen lässt]. Sie denken, dass
der Laden ihr Revier sei, sie jeden Morgen wie in einem Trailer für eine
nachmittagliche RTL-Scripted-Reality mit verschränkten Armen und eisernem
Blick vor der Kamera posieren und sie mit der Menschenwürde machen können,
was sie wollen. Leider reicht der Platz hier nicht aus, um alle Paragraphen
aufzuzählen, warum das nicht geht.
Weil ich nun mal der dauernörgelnde Nafri bin, der ich bin, habe ich bei
der Netto-Zentrale gefragt, wie es der Konzern so mit dem [3][Racial
Profiling] seiner Kundschaft hält. Die Antwort: Netto nehme alles sehr
ernst und habe umgehend Rücksprache mit den Verantwortlichen gehalten. Eine
Beleidigung oder sogar Diskriminierung sei zu keinem Zeitpunkt gegeben (was
auch immer das bedeutet). Das Filial Team und den Security Dienstleister
habe Netto für das Thema sensibilisiert (mal schauen). @Heinrich: See you
next time im Laden.
5 Mar 2021
## LINKS
[1] /Rassismus-im-deutschen-Alltag/!5738263
[2] /Rassismus-und-Selbstsorge/!5745173
[3] /Expertin-ueber-Racial-Profiling/!5698568
## AUTOREN
Mohamed Amjahid
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
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Kolumne Die Nafrichten
Racial Profiling
Katzen
Schwerpunkt Rassismus
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Polizei
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