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# taz.de -- Nach Todesschüssen in Bremen: Neue Ermittlungen gegen Polizei
> Gegen den Polizisten, der im Juni einen psychisch kranken Mann erschossen
> hatte, wird wieder ermittelt. Ein Video liefert neue Beweise.
Bild: Eine Polizistin untersucht den Ort des Einsatzes, bei dem Idrissi tödlic…
Bremen taz | Wieder aufgenommen werden die Ermittlungen gegen die Polizei,
die im Juni letzten Jahres Mohamed Idrissi [1][vor seiner Wohnung in
Gröpelingen erschossen] hatte. Zumindest gegen einen der Beamt*innen –
den, der die zwei tödlichen Schüsse abgesetzt hatte. Einen entsprechenden
[2][Bericht von Radio Bremen] bestätigte die Generalstaatsanwaltschaft am
Donnerstag. Grund dafür sei ein jetzt erst vorliegendes Video. Die gegen
den Ermittlungsstopp eingelegte Beschwerde des Anwalts der Angehörigen von
Idrissi war damit erfolgreich.
Im Oktober waren die Ermittlungen gegen zwei beteiligte Polizist*innen
eingestellt worden. Das zuvor gegründete Bündnis „Justice for Mohamed“
hatte dagegen protestiert.
Die zwei Schüsse waren nach Ermittlungsstand gefallen, nachdem eine Räumung
von Idrissis Keller wegen eines Wasserschadens eskaliert war. Eine
Sachbearbeiterin der Wohnungsbaugenossenschaft hatte die Polizei gerufen,
weil Idrissi nicht kooperieren wollte.
Auf einem Handy-Video des Einsatzes war damals zu sehen, wie Idrissi ein
großes Küchenmesser in der Hand hatte, als er im Hinterhof der Wohnanlage
auf die Polizei traf. Ohne dass Idrissi sie angriff, hatten die
Beamt*innen [3][mehrfach geschrien], er solle das Messer weglegen und
Pfefferspray eingesetzt. Erst danach war Idrissi auf einen der Beamten
zugelaufen – und erschossen worden.
Der Wohnungsbaugesellschaft sei bekannt gewesen, dass Idrissi „psychisch
krank war“, sagte Aicha Meisel-Suhr, Idrissis Tochter, im Oktober der taz.
Ihrer Meinung nach starb er „durch einen fehlerhaften und unkoordinierten
Einsatz der Polizei“. Für sie ist daher unverständlich, dass die
Wohnungsbaugesellschaft die Polizei rief und nicht die
sozialpsychiatrischen Betreuer.
Das neue Video kläre nun, was unmittelbar nach den Schüssen geschehen war,
sagt Anwalt Jan van Lengerich. Es zeige – im Gegensatz zum alten Video –
„das Verhalten der Polizisten nach den Schüssen“. Das Video sei von
strafrechtlicher Bedeutung, sagt er. „Was man da sieht, ist etwas, was die
Polizisten belastet.“ Sie hätten mehr tun müssen, um das Leben des
Menschen, auf den sie eben geschossen haben, zu retten, meint der Anwalt.
Mehr will er zu dem Inhalt des Videos nicht sagen. Nun sei es Sache der
Staatsanwaltschaft, das Geschehen neu zu bewerten.
Allein wegen des Videos müsste die Sache vor Gericht landen, sagt er. Aber
es gebe noch mehr: Van Lengerich kritisiert auch die anschließenden
Ermittlungen der Polizei. Fotos oder Videos vom Tatort gebe es keine –
obwohl das selbst bei jedem Verkehrsunfall Standard sei.
Das Video, das jetzt die neuen Ermittlungen ausgelöst hat, habe sich seine
Mandantin Meisel-Suhr selbst von einem Anwohner besorgt, der gefilmt hatte.
„Die Polizei hat es nicht für nötig befunden nachzufragen“, sagt van
Lengerich. Er ist sich sicher, dass „nicht ordentlich“ ermittelt wurde.
Seine Mandant*innen hätten es verdient, dass aufgeklärt wird, ob etwas
vertuscht wurde.
Seine Beschwerde ist lang, sagt der Anwalt. Die Polizei habe „Mist gebaut“.
Der Tod von Idrissi hätte nicht sein müssen. Und dann habe die Polizei
auch nur „halbherzig ermittelt – und die Staatsanwaltschaft hat das
hingenommen“.
Laut Arne Kluger, Sprecher der Bremer Generalstaatsanwaltschaft, sei das
Ermittlungsverfahren nun wieder im „ursprünglichen Status“ und „offen“…
jedes andere. Neue, aber auch damals schon vorliegende Beweise würden
beachtet werden.
Meisel-Suhr hofft nun, dass die Tat „vernünftig aufgearbeitet“ wird. „Wir
haben vorher schon an die Gerechtigkeit und die Vernunft der
Generalstaatsanwaltschaft appelliert.“ Aus Respekt habe man in letzter Zeit
nichts mehr von sich gegeben, weil man die Ermittlungsergebnisse abwarten
wollte. Nun sei die Hoffnung wieder da, dass „es einen gerechten Weg geht“.
28 Jan 2021
## LINKS
[1] /Polizist-erschiesst-psychisch-Kranken/!5691703
[2] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/gesellschaft/ermittlungen-wieder-a…
[3] /Toedlicher-Polizei-Schuss-in-Bremen/!5696443
## AUTOREN
Alina Götz
## TAGS
Bremen
Polizei Bremen
Psychische Erkrankungen
Polizeigewalt
Bremen-Gröpelingen
Polizei
Staatsanwaltschaft Bremen
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Polizei Bremen
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