# taz.de -- Bremer Schüler*innen beschweren sich: Noch mehr Stress | |
> Bremens Schüler*innenvertretungen sind mehrheitlich gegen die | |
> Verschiebung des Abiturs. In einem offenen Brief nennen sie Alternativen. | |
Bild: Auch für diesen Sommer ein Vorbild: Abi-Zeugnis-Vergabe 2020 | |
BREMEN taz | Seit wenigen Tagen steht fest: Das Abi wird verschoben. | |
Angesichts des fehlenden Unterrichts klingt das sinnvoll – doch nicht nur | |
die Phase zur Prüfungsvorbereitung wird verlängert, auch der so genannte | |
„zeugnisrelevante“ Unterricht. Also der, in dem die Schüler*innen | |
bewertet werden. Dies sei eine [1][zusätzliche Belastung], sagt Janne | |
Möller, Schulsprecherin des Alten Gymnasiums. Möller und weitere | |
Schüler*innenvertretungen kritisieren im Namen der | |
Abschlussjahrgänge Bildungssenatorin und Abgeordnete in einem offenen | |
Brief. | |
Eigentlich hätte der Fahrplan fürs Abi so ausgesehen: Unterricht bis Ende | |
März, Osterferien, zwei Wochen lernen, die erste Prüfung am 23. April. Nach | |
der [2][Entscheidung der Kulturminister*innen] letzte Woche heißt es | |
jedoch jetzt: Der normale Unterricht geht nach den Osterferien bis Ende | |
April weiter. Der Mai dient als Lernphase. Am 1. Juni findet dann die erste | |
Abiklausur statt. | |
„Die Entscheidung war für uns sehr überraschend“, beschwert sich | |
Schulsprecherin Möller. Schüler*innen, Lehrkräfte, selbst Schulleitungen – | |
alle seien „übergangen“ worden. Die Mehrheit der Bremer | |
Abiturient*innen spreche sich aktuell gegen die Verschiebung aus, so | |
Möller. | |
Und wenn verschieben, dann nur, wenn die zusätzliche Zeit allein für die | |
Prüfungsvorbereitung genutzt wird – und nicht für Unterricht, in dem | |
jede*r noch angestrengt um seine mündliche Note kämpfen muss. Dies führe | |
zu einem erhöhten „Stresspegel, da wir uns mit nicht-abiturrelevanten | |
Fächern beschäftigen müssten“, heißt es im Brief. | |
Lieber sollte der Bewertungshorizont der Abiklausuren, in dem festgelegt | |
wird, welche Note es für welche Leistung gibt, flexibler angewandt werden. | |
Das hieße, dass Lehrer*innen bei der Benotung individuell ausgleichen | |
könnten, wenn Schüler*innen keinen vernünftigen Arbeitsplatz in den | |
eigenen vier Wänden oder einen geringeren Lernerfolg abhängig von den | |
sozialen und ökonomischen [3][Verhältnissen der Familie] hatten. Denn nur | |
eine Verschiebung hebe die coronabedingten Nachteile nicht auf. | |
Eine andere Idee: Teilthemen aus den Prüfungen schmeißen, sodass weniger | |
Stoff übrig bleibt. Denn der Distanzunterricht hätte ganz klar zu einem | |
verringerten Lernpensum geführt. | |
Durch den [4][neuen Zeitplan] verschiebt sich die Zeugnisausgabe um einen | |
knappen Monat. Ebenfalls problematisch, sagt Möller, denn man wisse nicht, | |
ob alle Unis darauf mit verlängerten Fristen reagieren. Auch Praktika oder | |
Jobs seien jetzt schwieriger im kurzen Sommer unterzubringen. | |
Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft unterstützt die Kritik der | |
Schüler*innen, sagt Landesvorstandssprecherin Barbara Schüll. Sie fordert, | |
die Abiprüfungen sausen zu lassen. Eine Verlegung ändere nichts an der | |
angespannten Situation. Auf die Prüfungen zu verzichten sei möglich, weil | |
es mit den Vornoten aus der Oberstufe eine Grundlage gebe, die | |
Schüler*innen trotzdem zu bewerten. | |
Natürlich fänden einige die Idee blöd, die Klausuren einfach wegzulassen, | |
weiß auch Schüll. „Es gibt Menschen mit Prüfungsangst und welche, die sich | |
auf das Abschluss-Battle freuen.“ Das sei schon immer so gewesen. Der | |
Unterschied jetzt sei nur: „Wir sind mürbe.“ Auch die Lehrer*innen, die | |
zurzeit wieder [5][mit Halbgruppen hantieren] und gleichzeitig ein | |
komplettes Homeschooling auf die Beine stellen müssen. Jetzt die | |
Unterrichtszeit in der Oberstufe verlängern und die aufwendigen Prüfungen | |
abhalten? „Man verschleißt doch das Personal.“ | |
Die Delegierten der Abschlussjahrgänge waren sich bezüglich der Absage des | |
Abis uneinig, sagt Möller. „Ein paar Jahrgänge befürworten das | |
Durchschnittsabitur, viele aber auch nicht.“ | |
## Bildungsressort zeigt sich kritikfähig | |
Bei der [6][Bildungssenatorin Claudia Bogedan] (SPD) selbst seien Mails und | |
Briefe von Abiturient*innen angekommen, sagt ihre Sprecherin Annette | |
Kemp. Einige wünschten sich eine Verschiebung, andere, aber weniger, eine | |
Beibehaltung der Termine; wieder andere ein Abi anhand des bisherigen | |
Notendurchschnitts. | |
Doch wenn Bremen mit letzterem von den anderen Ländern abweicht, „haben wir | |
das Problem der Anerkennung in anderen Bundesländern und auch im Ausland“. | |
Man versuche daher, „die Unterstützung darauf zu fokussieren, dass die | |
Prüfungsfächer intensiv vorbereitet werden“. Das ginge durch die | |
Verschiebung nun den ganzen Mai über. | |
Die Kritik der Schüler*innen nehme man auf: „Wir prüfen, ob wir am | |
zeugnisrelevanten Unterricht noch etwas verändern können.“ Auch die | |
teilweise unzureichende Kommunikation werde zurecht bemängelt, sagt Kemp. | |
Geschuldet sei diese den „extrem schnell zu fällenden Entscheidungen“. Man | |
werde weiter darüber nachdenken, wie sie verbessert werden kann. | |
Neben den Abiturient*innen sind auch die Abgänger*innen aus der | |
Sekundarstufe 1 betroffen. Bremen prüfe laut Behörde derzeit, ob der Beginn | |
der Ausbildungen auf September verlegt werden kann – dann wäre der Weg | |
frei, auch hier die Prüfungen zu verschieben. | |
25 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Videokonferenz-mit-Buergerbeteiligung/!5742075 | |
[2] https://www.kmk.org/aktuelles/artikelansicht/abschlusspruefungen-finden-auc… | |
[3] /Kita-trotz-Lockdown/!5741404 | |
[4] https://www.senatspressestelle.bremen.de/detail.php?gsid=bremen146.c.350933… | |
[5] /Schulen-im-Lockdown/!5745613 | |
[6] /Bremens-Bildungssenatorin-ueber-Corona/!5731216 | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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