# taz.de -- Mitsprache in Bremer Schulkonferenzen: Mehr Macht für Schüler*inn… | |
> Bislang sind Schüler*innen und Eltern in Schulkonferenzen nur zu je | |
> einem Viertel vertreten. Das will die rot-grün-rote Koalition jetzt | |
> ändern. | |
Bild: In Schulkonferenzen sollen Schüler*innen in Zukunft mehr Mitspracherecht… | |
BREMEN taz | Es bringe nichts, sich zu engagieren – wichtige Dinge könne | |
man doch nicht ändern: Die Sorge vor zu wenig Mitbestimmungsmöglichkeiten | |
hört Zora Machura immer wieder, wenn sie neue Mitstreiter*innen für die | |
Schüler*innenvertretung am Alten Gymnasium sucht. Das Gesetz zur | |
Änderung des Bremischen Schulverwaltungsgesetzes, mit dem sich [1][die | |
Bildungsdeputation] in ihrer gestrigen Sitzung erstmals befasst hat, könnte | |
dieses Argument nun entkräften. | |
Denn in der Gesetzesnovelle, die das Bildungsressort vorgelegt hat, wird | |
unter anderem die sogenannte Drittelparität in der Schulkonferenz – dem | |
größten Gremium an der Schule – festgelegt. Bisher sieht das Gesetz vor, | |
dass die Schulkonferenz in den weiterführenden Schulen zur einen Hälfte aus | |
Vertreter*innen der Gesamtkonferenz, also aus Lehrkräften besteht. Die | |
andere Hälfte setzt sich aus Vertreter*innen des Schüler*innen- und | |
Elternbeirats zusammen. | |
Laut neuem Gesetzentwurf würden Schüler*innen und Eltern statt zu je | |
einem Viertel zu einem Drittel [2][Mitspracherecht haben] – und damit das | |
gleiche Stimmgewicht wie die Lehrkräfte. | |
Dabei gehe es nicht um die Durchsetzung konkreter Themen, sondern um den | |
Ansatz, Schule grundsätzlich demokratischer zu organisieren, sagt Miriam | |
Strunge, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Die Stärkung von | |
Demokratie in der Schule ist bereits im rot-grün-roten Koalitionsvertrag | |
vereinbart. | |
Es sei wichtig, schon in der Schule zu lernen, wie Demokratie funktioniert, | |
sagt Strunge. „Was ist das für ein Signal an die Schüler*innen, wenn sie | |
qua Amt weniger Stimmrecht haben als die Lehrkräfte?“ Auch die im Entwurf | |
verankerte Einführung einer Vollversammlung sei ein Schritt hin zu mehr | |
Demokratie, bei dem nicht nur gewählte Vertreter*innen, sondern alle | |
Beteiligten gehört würden. | |
## Diffundiert die Verantwortung? | |
Die FDP fürchtet eine „Verantwortungsdiffusion“ durch die neue Regel. Die | |
Sprecherin für Bildung, Birgit Bergmann, verweist in der Deputationssitzung | |
auf die höhere Fachkompetenz des Lehrpersonals im Gegensatz zu | |
Schüler*innen und Eltern. Diese würde durch die Zweidrittelmehrheit, die | |
Letztere laut des Beschlusses gemeinsam erreichen könnten, nicht mehr zum | |
Tragen kommen. | |
Laut Yvonne Averwerser, bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, | |
stelle sich auch die Frage, wie lange die jeweiligen Entscheider*innen | |
von den Ergebnissen der Entscheidung betroffen seien. „Es ist ein | |
Unterschied, ob ich als Schülerin noch zwei Jahre zur Schule gehe oder als | |
Lehrkraft noch lange mit der getroffenen Entscheidung leben muss.“ | |
Auch Averwerser befürwortet die Stärkung von demokratischen Prozessen in | |
Schulen, „aber man muss sehr genau gucken, was man damit bewirkt“. Und aus | |
der Drittelparität folge laut Averwerser nicht automatisch eine höhere | |
Beteiligung von Schüler*innen in den Gremien. | |
Das sieht Zora Machura anders. Die 17-Jährige ist sich nicht nur | |
Schulsprecherin, sondern auch in der Gesamtschüler*innenvertretung in | |
Bremen engagiert. Sie berichtet von großer Unzufriedenheit bis hin zu | |
emotionalen Zusammenbrüchen nach Schulkonferenzen, „weil es gefühlt völlig | |
egal ist, was du erzählst“. Einige Schüler*innen würden aus diesen | |
Gründen aufhören, sich zu beteiligen. | |
## Mitsprache fällt unter den Tisch | |
Ein weiteres Problem sei, dass ihre Anliegen oft die letzten | |
Tagesordnungspunkte einer Konferenz seien und so aus Zeitgründen unter den | |
Tisch fielen. Machura betont, dass dies nicht an allen Schulen der Fall sei | |
– einige hätten die Drittelparität bereits auf freiwilliger Basis | |
eingeführt. Dies sei allerdings die Ausnahme. „Durch die Drittelparität | |
sind die Lehrkräfte gezwungen, mit uns auf Augenhöhe zu kommunizieren.“ | |
In den nächsten Wochen soll der Gesetzentwurf mit den | |
Interessenvertretungen wie etwa dem Personalrat oder den | |
Schulleitervereinigungen debattiert werden. [3][Die Senatorin für Kinder | |
und Bildung, Claudia Bogedan] (SPD), sagt, dass es bei dem Gesetzesentwurf | |
vor allem darum gehe, dass die Entscheidungen in den Schulen nicht im | |
stillen Kämmerlein getroffen werden. | |
Es gebe bei den Akteur*innen im Schulalltag gegensätzliche Interessen | |
und diese Widersprüche werde man auch im Gesetzentwurf nicht gänzlich | |
verhindern können. „Aber es ist ein Startschuss, damit wir eine offizielle | |
und öffentliche Beteiligung haben.“ | |
18 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bildung.bremen.de/deputation-4974 | |
[2] /Bremer-Schuelerinnen-beschweren-sich/!5743181 | |
[3] /Bremens-Bildungssenatorin-ueber-Corona/!5731216 | |
## AUTOREN | |
Teresa Wolny | |
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