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# taz.de -- Gesetzesänderung für Arbeitsbedingungen: Fleischindustrie beugt s…
> Wegen massenhafter Corona-Infektionen mussten viele Schlachthöfe
> zeitweise schließen. Nun reagieren Tönnies & Co auf ein Verbot von
> Werksverträgen.
Bild: Soll nun nicht mehr von Leiharbeitern gemacht werden: Zerlegung von Schwe…
Münster dpa | In der Fleischindustrie hat das [1][seit Jahresanfang
geltende Gesetz für bessere Arbeitsbedingungen] die Zahl der
Festanstellungen in der Branche deutlich erhöht. Die großen
Schlachtbetriebe in Deutschland haben ihre Stammbelegschaft stark
aufgestockt.
Bundesweit sind bei den nordrhein-westfälischen Unternehmen Tönnies
(Rheda-Wiedenbrück) und Westfleisch (Münster) sowie bei Vion Deutschland im
bayerischen Buchloe insgesamt rund 12.300 Werkarbeiter als Angestellte von
Subunternehmen in die Unternehmensbelegschaften gewechselt, wie die
Sprecher der Firmen der Deutschen Presse-Agentur mitteilten.
Tönnies, Westfleisch und Vion hatten entsprechende Programme im Zuge der
Corona-Pandemie bereits im Sommer angekündigt. Nach zahlreichen Infektionen
in der Belegschaft war die Fleischbranche im Frühjahr unter Druck geraten.
Besonders die hohe Zahl der Werkarbeiter aus Osteuropa, [2][von denen
manche in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht waren, hatte Kritik
ausgelöst]. Die Schlachthöfe wurden zum Teil für Wochen geschlossen, um die
Infektionsketten zu unterbrechen.
Die [3][Bundesregierung untersagte daraufhin zum 1. Januar 2021 den Einsatz
von Werkarbeitern] im Kerngeschäft der Schlachthöfe im Bereich der
Schlachtung und Zerlegung. Ab dem 1. April gilt auch mit Einschränkungen
ein Verbot des Einsatzes von Zeitarbeitnehmern. Ausgenommen sind
Handwerksbetriebe mit weniger als 50 Beschäftigen.
## 6.000 neue Festanstellungen bei Tönnies
Marktführer Tönnies kommt nach eigener Aussage mit den zusätzlich 6.000 auf
12.500 festangestellte Mitarbeiter in Deutschland. Am Stammsitz in
Rheda-Wiedenbrück sind 3.500 ehemalige Werkarbeiter jetzt in der
Stammbelegschaft. Tönnies hat 2019 einen Umsatz mit Fleischprodukten von
7,3 Milliarden Euro erzielt.
Westfleisch mit Sitz in Münster hatte bereits im Juni angekündigt, alle
Mitarbeiter direkt einzustellen. Nach der Integration von etwa 3.000
Werksarbeitern zum 1. Januar 2021 liegt die Gesamtzahl der Mitarbeiter bei
rund 7.000. Westfleisch hat 2019 knapp 2,8 Milliarden Euro umgesetzt.
Die Vion-Gruppe, die ihren Hauptsitz in den Niederlanden hat, hat an 16
Standorten in Deutschland zum Jahreswechsel zu der bisherigen Belegschaft
von 3.000 rund 3.300 Mitarbeiter von Subunternehmern fest eingestellt.
Weltweit setzte Vion 2019 mit dem Schlachten von Schweinen und Rindern 5,1
Milliarden Euro um.
„Bei dem seit dem 1. Januar gültigen Gesetz haben wir nicht den Eindruck,
dass es sich um Kosmetik handelt“, sagte Johannes Specht von der
Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) der Deutschen Presse-Agentur.
„Wenn die Branche das jetzt nicht verstanden hat, dass sich etwas ändern
muss, dann ist denen nicht zu helfen. Und ändern heißt dann: faire Arbeit,
mit Einhaltung der Gesetze und mit Tarifverträgen“, sagt Specht.
## Bisher keine Antwort an Gewerkschaft
„Zum Thema flächendeckender Tarifvertrag, für den sich Herr Tönnies ja
ausgesprochen hat: Wir sind offen für Verhandlungen“, sagt der Leiter der
NGG-Tarifabteilung. Bislang habe die Gewerkschaft allerdings weder von
Tönnies noch von den Fleischverbänden dazu eine Antwort bekommen.
Tönnies verweist dagegen auf die Zuständigkeit des Verbandes. „Schon im
Zuge des Gesetzgebungsverfahrens hat der Verband der Ernährungswirtschaft
die NGG zu Gesprächen über Tarifverträge aufgefordert. Erst mit Abschluss
des Gesetzgebungsverfahrens ist die NGG dann im Dezember auf den Verband
zugegangen“, erklärt ein Unternehmenssprecher. Die ersten
Sondierungsgespräche zwischen dem sozialpolitischen Ausschuss der deutschen
Fleischindustrie, in dem auch Tönnies und dessen Mitbewerber vertreten
sind, und der NGG sollen laut Tönnies bald aufgenommen werden.
Den Einsatz von Zeitarbeit verbietet der Gesetzgeber ab dem 1. April. Die
Fleischindustrie verweist auf die Grillsaison im Sommer. Specht fordert
auch hier die Arbeitgeber zu Gesprächen auf. „In anderen
Wirtschaftsbranchen, die auch saisonale Schwankungen haben, gibt es sehr
flexible Arbeitszeitmodelle. Schokohasen oder Bier werden auch nicht das
ganze Jahr durch im gleichen Maße produziert“, sagt Specht. Es liege in der
Natur der Sache, dass es in dieser Zeit mehr Arbeit gebe. „Aber genau dafür
gibt es dann Arbeitszeitkonten. Und das funktioniert auch“, sagt der
Gewerkschaftsvertreter.
6 Jan 2021
## LINKS
[1] /Einschraenkungen-fuer-Fleischindustrie/!5729460
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[3] /Soziologe-ueber-Arbeit-im-Schlachthof/!5708023
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