# taz.de -- Trumps Deplatforming: Endlich ausgehetzt | |
> Selbst Liberale fürchten, mit dem Aussperren Trumps von den digitalen | |
> Plattformen werde in die Meinungsfreiheit eingegriffen. Ist da was dran? | |
Bild: Ding dong – the witcher is gone! | |
Auf einmal ist Ruhe. [1][Keine Eilmeldungen mehr, weil Donald Trump auf 280 | |
Zeichen mitteilt, dass er schlecht geschlafen hat]. Keine | |
Journalismussimulation im Liveticker mehr mit eingebetteten Tweets der | |
mächtigsten Heulboje der Welt, die ihre Lügen über den Wahlausgang ins Netz | |
rotzt. | |
Was wäre uns in den vergangenen vier Jahren nicht alles erspart geblieben, | |
wenn das Deplatforming des Präsidenten, die Sperrung seiner Accounts auf | |
praktisch allen sozialen Netzwerken also, schon bei den ersten | |
Übertretungen des guten Geschmacks oder wenigstens bei den wiederholten | |
Verletzungen der Communityregeln der Plattformen erfolgt wäre – und nicht | |
erst kurz bevor die Demokraten mit dem Weißen Haus und beiden Kammern des | |
Kongresses alle Hebel zur Regulierung der Digitalkapitalist*innen in einer | |
Hand vereinen. | |
Zu klagen, dass hier unzulässig und selbstherrlich in die Meinungsfreiheit | |
eingegriffen würde, geht ein bisschen an der Sache vorbei. Schließlich war | |
es höchste Zeit für die Entfernung des Hetzers und unzähliger Accounts | |
seiner Fanbase aus dem digital dominierten Mainstreamdiskurs. Behalten | |
dürfen sie ihre Meinungen ja. Auch sie zu äußern steht ihnen weitestgehend | |
frei. Und keine Sorge, es bleiben genug misogyne, rassistische und andere | |
Niederträchtigkeiten frei verfügbar, [2][für all jene, die so dringend mit | |
Rechten reden wollen], dass sie schon „Cancel Culture“ rufen, wenn kaum | |
verhüllte Mordaufrufe angeprangert werden. | |
Natürlich haben die digitalen Plattformen zu viel Macht. Und sie nutzen | |
diese kaum dafür, Diskurse zu zivilisieren. Schließlich sind Erregung und | |
Empörung, vor allem aber der rechtsradikale Hass ihr Geschäftsmodell. Das | |
wissen auch die Anleger*innen. Seit der Sperrung von Trumps Account vor | |
gerade mal zehn Tagen ist der Kurs der Twitter-Aktie um 20 Prozent | |
gefallen. Das moralisch Richtige zu tun ist unternehmerisch ein | |
Minusgeschäft. | |
## Zerschlagung bald! | |
Es wäre nur angemessen, den Konzernen die Last solchen Zwiespalts | |
abzunehmen. Eine Hilfestellung aus dem nun demokratisch dominierten | |
US-Kongress könnte die zügige und konsequente Durchsetzung der Regeln gegen | |
Kartelle und Monopole sein. | |
Das dort schwebende Verfahren gegen die Digitalkonzerne muss mit deren | |
Zerschlagung enden. Schon deshalb, damit nie wieder eine Handvoll CEOs | |
allein zwischen Redefreiheit und dem Schutz der Nutzer*innen in weiten | |
Teilen des Netzes abwägen und Figuren wie Trump so unglaublich lange | |
gewähren lassen. | |
15 Jan 2021 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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