| # taz.de -- Urteil zu Julian Assange: Auslieferung abgelehnt | |
| > Londoner Gericht entscheidet: Der Wikileaks-Gründer darf wegen der | |
| > Haftbedingungen in den USA nicht abgeschoben werden. Berufung bleibt | |
| > möglich. | |
| Bild: Julian Assange nach einer Gerichtsanhörung | |
| London dpa/afp/taz | Der Wikileaks-Gründer Julian Assange darf nicht in die | |
| USA ausgeliefert werden. Das hat ein Londoner Gericht am Montag | |
| entschieden. Die Richterin begründete ihre Entscheidung mit dem psychischen | |
| Gesundheitszustand Assanges und den Haftbedingungen, die ihn in den USA | |
| erwarten würden. | |
| Der Entscheid des Gerichts ist noch nicht endgültig. Die USA haben bereits | |
| angekündigt, in Berufung zu gehen. Nach einer weiteren Instanz könnte das | |
| Verfahren vor den britischen Supreme Court gehen und schließlich den | |
| Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg beschäftigen. | |
| Endgültig müsste der britische Innenminister die Auslieferung anordnen. | |
| Der 49-Jährige sitzt derzeit im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im | |
| Südosten der britischen Hauptstadt. Bei einer Verurteilung in den USA | |
| drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft. | |
| Die US-Justiz wirft dem gebürtigen Australier Assange vor, gemeinsam mit | |
| der Whistleblowerin Chelsea Manning – damals Bradley Manning – [1][geheimes | |
| Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und | |
| veröffentlicht zu haben]. Der 49-Jährige habe damit das Leben von | |
| US-Informanten in Gefahr gebracht, so der Vorwurf. [2][Seine | |
| Unterstützer:innen sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, | |
| der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat.] | |
| ## Urteilsbegründung deutete erst in andere Richtung | |
| In ihrer Begründung hatte die Londoner Richterin zunächst ausgeführt, dass | |
| Assange die Grenzen des Journalismus überschritten habe, weil Wikileaks | |
| Hacking eingesetzt hatte, um an die Unterlagen zu kommen. Das Recht auf | |
| freie Meinungsäußerung gebe Assange nicht das Recht zu entscheiden, was | |
| veröffentlicht werden dürfe, [3][so die Richterin laut Berichterstattern]. | |
| Auch negative Auswirkungen auf seine Familie sprächen nicht gegen eine | |
| Auslieferung. Das sei im Rahmen von Auslieferungsverfahren [4][leider nicht | |
| ungewöhnlich]. | |
| Dennoch entschied sie am Ende gegen eine Auslieferung. Zeugen hätten | |
| dargelegt, [5][dass Assange depressiv und verzweifelt sei]. Wegen des | |
| psychischen Gesundheitszustands Assanges und der Haftbedingungen, die ihn | |
| in den USA erwarten würden, sei damit zu rechnen, dass er sich in drohender | |
| Isolationshaft das Leben nehmen werde. | |
| Mit Jubel und Begeisterung haben Anhänger von Assange auf die | |
| Gerichtsentscheidung reagiert. Vor dem Gerichtsgebäude in London sprangen | |
| Fans des 49-Jährigen vor Freude in die Luft, wie eine Reporterin der | |
| Deutschen Presse-Agentur beobachtete. Dutzende hatten in Sprechchören | |
| „Freiheit für Julian Assange“ gefordert. | |
| Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, hatte zuvor in dem | |
| Prozess in London kein faires Verfahren gesehen. „Was wir sehen, ist, dass | |
| die Briten Julian Assange systematisch seiner grundlegenden Rechte | |
| berauben, seine Verteidigung vorzubereiten, Zugang zu seinen Anwälten und | |
| zu rechtlichen Dokumenten zu haben“, sagte der Schweizer der Deutschen | |
| Welle. | |
| Auch in Deutschland gibt es zahlreiche Stimmen, die sich für Assange | |
| starkmachen. Die Organisation Reporter ohne Grenzen fordert die sofortige | |
| Freilassung des Wikileaks-Gründers. „Die US-Anklage gegen Julian Assange | |
| ist eindeutig politisch motiviert“, sagte Geschäftsführer Christian Mihr am | |
| Freitag. „Die USA wollen ein Exempel statuieren und eine abschreckende | |
| Wirkung auf Medienschaffende überall auf der Welt erzielen.“ | |
| Im Bundestag gibt es inzwischen eine parteiübergreifende | |
| Arbeitsgemeinschaft, die sich für eine Freilassung Assanges einsetzt. Darin | |
| sind Abgeordnete aller Parteien außer der AfD vertreten. Der | |
| CDU-Abgeordnete [6][Frank Heinrich sagte vor dem Gerichtsentscheid im | |
| Interview mit der taz], er hätte sich gewünscht, dass sich die | |
| Bundesregierung für Julian Assange einsetzt. Das Verfahren in London sei | |
| „nicht rechtsstaatlich“. | |
| Assange hatte sich 2012 aus Furcht vor einer Auslieferung nach Schweden und | |
| von dort in die USA in die Landesvertretung Ecuadors in London gerettet. Er | |
| blieb dort bis zu seiner Festnahme im Frühjahr 2019. Ermittlungen in | |
| Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen wurden später eingestellt. | |
| UN-Experte Melzer hatte sie als „konstruiert“ bezeichnet. | |
| 4 Jan 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /WikiLeaks-verbreitet-400000-Geheimakten/!5133531 | |
| [2] /Auslieferung-von-Julian-Assange/!5736388 | |
| [3] https://twitter.com/kgosztola/status/1346040892738727936?s=20 | |
| [4] https://twitter.com/BenQuinn75/status/1346043789954195456?s=20 | |
| [5] https://twitter.com/BenQuinn75/status/1346047722680418304?s=20 | |
| [6] /Abgeordneter-zum-Fall-Assange/!5737870 | |
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