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# taz.de -- Die Wahrheit: Der letzte Angstschrei
> Wahre Tierkunde: Frösche und Fanfaren machen im Alarmzustand einen
> außerordentlich ohrenbetäubenden Lärm.
Bild: Nur ein Schneefrosch, der gibt Ruhe und ist still
„Brekeke – brekeke, brekeke! –koax, tuu! – brekeke, brekeke – brekeke,
quarr, brekeke, tuu! – brekeke, brekeke, brekeke! – brekeke, brekeke,
brekeke, brekeke! – koax, koax! Tuu, tuu! – brekeke, tuu! – brekeke,
brekeke!“ Begeistert schildert Tiervater Brehm in seinem „Tierleben“ den
Gesang der Teichfrösche.
Doch eins verschweigt uns der gut gelaunte Tierforscher geflissentlich: Wie
hört sich der Angstschrei der Frösche an? Angstschrei der Frösche? Der
wiederum wird zum ersten Mal schonungslos von Hermann Löns beschrieben.
Der Heide- und Naturdichter berichtet von einem eigentümlich
durchdringenden Schrei, den er als Knabe nicht deuten konnte. Löns fand
damals an der Stelle im Garten, woher ein Schrei gekommen zu sein schien,
in einem Salatbeet einen Grasfrosch, der platt auf dem Boden lag und sich
augenscheinlich schreiend gegen einen davonfliegenden Raben verteidigt
hatte!
Später wurde Löns an dieses Ereignis erinnert, als ein von ihm gefangener
Frosch in einer Schachtel ebenfalls einen schrillen Schrei ausstieß – der
Heimatdichter war versehentlich an das Behältnis mit dem Frosch gestoßen.
Das Angstschrei-Phänomen blieb in der Fachliteratur jedoch weitgehend
unbekannt. In den zoologischen Werken der Zeit um 1900 finden sich
keinerlei Andeutungen über den Angstschrei der Frösche, beklagt die
„Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens“ seinerzeit im elften Band.
## Yelper-Ton
Ähnlich unbekannt wie der Angstschrei der Frösche ist der Angstschrei der
Polizeifahrzeuge. Dieser ist seit etwa zehn Jahren zu hören, doch wirklich
gehört hat ihn wohl noch niemand. Die Rede ist vom Yelper-Ton der
Einsatzfahrzeuge, der mit durchdringendem „Wiuwiuwiu“ Verkehrssünder zum
Anhalten bewegen soll. Die Welpen in den Einsatzfahrzeugen lassen dabei zum
zuckenden Licht ihres „Flashers“ den Yelper jaulen, und der Verkehrsrowdy
gibt entnervt auf. Theoretisch jedenfalls. Denn niemand kennt die Bedeutung
des Heulers, obwohl er in Hessen und Sachsen-Anhalt schon ein Jahrzehnt im
Probebetrieb sein soll.
Hört Otto Normalraser das schrille Geyelpe, denkt er: „Heul doch weiter!“,
gibt Gas und verschwindet zügig. Dagegen kennt jeder Verkehrsteilnehmer das
gute alte Stoppsignal „Stopp Polizei“. Das lässt allerdings jeden
Autofahrer kichern, weil er natürlich an den famosen Seyfried-Cartoon „Pop
Stolizei“ denken muss. Gern hält er deshalb an, kichert noch ein wenig und
zeigt entspannt seine Autopapiere.
Yelpernde Heulsusen machen dagegen sensible Verkehrsteilnehmer nur wuschig
und wecken unkontrollierte Fluchtreflexe. Deshalb sollte der neumodische
Yelper weiter so unbekannt bleiben wie der schrille Angstschrei der Frösche
und als letzter Heuler im Asservatenschrank der Polizei verschwinden.
Ähnlich unbekannt wie Angstschrei und Heuler ist das Wissen darüber, dass
das Wort „Angstschrei“ acht Konsonanten hintereinander aufreiht. Wer
versucht, so ein vokalarmes Wort zu schreien, wird nur einen seltsam
erstickten Ruf ausstoßen, und deshalb wird man auch niemals einen Frosch
treffen, der „Angstschrei“ ruft. Brekeke, brekeke, jetzt geht’s aber zur
Theke.
15 Jan 2021
## AUTOREN
Kriki
## TAGS
Frosch
Tiere
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