# taz.de -- Anzeige gegen Bundestagsabgeordnete: Bordellbetreibende gegen MdB | |
> Mehr als 50 Bordellbetreibende stellen Strafanzeige gegen die | |
> SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier. Der Vorwurf: Verleumdung und | |
> üble Nachrede. | |
Bild: Bloß streitbar oder respektlos und beleidigend? Die SPD-Abgeordnete Leni… | |
Mehr als 50 Bordellbetreibende haben Strafanzeige wegen übler Nachrede und | |
Verleumdung gegen die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier gestellt. | |
Breymaier ist Befürworterin eines Sexkaufverbots und Berichterstatterin | |
ihrer Fraktion für Zwangsprostitution. Sie hatte in den vergangenen Monaten | |
in mehreren Medien, [1][darunter der taz], hart gegen die Branche | |
ausgeteilt. | |
Es gehe um „massive Gewalt und Ausbeutung“ in deutschen Betrieben, sagte | |
sie. Wenn Frauen nicht bis zu 30 Freier am Tag bedienten, [2][würden sie | |
„windelweich“ geprügelt.] Breymaier hatte sich zudem gegen Coronahilfen f�… | |
Bordelle ausgesprochen und die „kriminelle Wirklichkeit einer Branche“ | |
gegeißelt, die derzeit dennoch mit Steuergeldern unterstützt würde. | |
Gegen Aussagen wie diese wehren sich nun Betreibende aus dem gesamten | |
Bundesgebiet, darunter große und kleine Wohnungsbordelle, BDSM-Studios und | |
Tabledance-Bars in Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg, Berlin und Hamm. „Die | |
ständige Verbreitung von Lügen bewegt sich nicht im Bereich der | |
Meinungsfreiheit, sondern muss strafrechtlich unterbunden werden“, sagte | |
Howard Chance von der Interessengemeinschaft „Zukunft Rotlicht“ bei einer | |
Online-Pressekonferenz am Mittwoch. „Dazu haben wir den Rechtsstaat nun | |
aufgefordert.“ | |
Informiert würden über die Anzeigen auch der SPD-Bundesvorstand sowie der | |
Landesverband der Partei in Baden-Württemberg, aus dem Breymaier kommt. | |
## Frauen aus Thailand und Rumänien | |
Bei der Pressekonferenz berichteten sechs Bordellbetreibende von ihrem | |
Arbeitsalltag und ihren Erfahrungen. Nadine Maletzki etwa betreibt ein | |
Laufhaus in Frankfurt am Main, das sie von ihrer Mutter übernommen hat. | |
Ihre Mitarbeiterinnen, darunter viele aus Thailand oder Rumänien, seien zum | |
Teil seit 15 Jahren im Haus. „Sie mieten Zimmer bei mir, ihre Arbeitszeiten | |
teilen sie sich selbst ein, ihre Kunden suchen sie sich selbst aus“, sagte | |
Maletzki. | |
Das Haus biete ihnen Infrastruktur und Sicherheit. Kriminelle gebe es in | |
jeder Branche. „Aber es ärgert, verletzt und erschüttert mich, wenn Frau | |
Breymaier uns so pauschal verteufelt und ihre Unwahrheiten verbreitet.“ | |
Dass Breymaier zudem die Pandemie nutze, um ihre politischen Ziele | |
durchzusetzen, sei „verwerflich“. Bordelle sind derzeit wegen des Lockdowns | |
geschlossen. | |
Nenad Kekenj, der die Villa Deluxe in Freiburg betreibt, sagte: „Ich muss | |
mich nicht als kriminellen Menschenhändler und Zuhälter betiteln lassen“. | |
Er sei Geschäftsmann und langjähriger Steuerzahler, beratend beim runden | |
Tisch zum Thema Prostitution dabei und in gutem Kontakt mit Gesundheitsamt, | |
Polizei, Frauenbeauftragter und Kirche. „Aussagen wie die von Frau | |
Breymaier sind für uns ruf- und geschäftsschädigend und machen unsere | |
jahrelange Arbeit zunichte.“ | |
## „Übliche Einschüchterungsversuche“ | |
Breymaier selbst sagte auf Anfrage der taz, sie verbuche den Vorgang „unter | |
den in der Branche durchaus üblichen Einschüchterungsversuchen“. | |
Deutschland sei Zielland des europäischen Menschenhandels zum Zweck der | |
sexuellen Ausbeutung. Sie frage, „wer die Profiteure dieser Machenschaften“ | |
seien und freue sich auf die öffentliche Debatte im Zuge der Anzeige. | |
Grundsätzlich genießt Breymaier als Bundestagsabgeordnete zwar Immunität. | |
In der Praxis aber erlaubt der Bundestag zu Beginn jeder Wahlperiode | |
pauschal die Einleitung von Ermittlungen, sofern der Bundestag vorab | |
unterrichtet wird. Ob ein Ermittlungsverfahren begonnen wird, entscheiden | |
nun die Staatsanwaltschaften Berlin und Stuttgart, bei denen die Anzeigen | |
aufgrund der Dienst- und Wohnsitze von Breymaier eingegangen sind. | |
6 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Streitgespraech-Prostitution/!5735935 | |
[2] https://www.morgenpost.de/politik/article231049606/Corona-Krise-Steuermilli… | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
## TAGS | |
Sexarbeit | |
Prostitution | |
Bordell | |
Strafanzeige | |
Bundestagsabgeordnete | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Dokumentarfilm | |
Prostituiertenschutzgesetz | |
Sexarbeit | |
Sexarbeit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Wahl für Sexarbeiter:innen: Fast vergessen | |
Nur drei der großen Parteien gehen in ihren Wahlprogrammen auf Sexarbeit | |
ein. Dabei ist die Gruppe der möglichen Wähler:innen groß. | |
NDR-Doku „Lovemobil“: Die „authentischere“ Realität | |
Die NDR-Doku „Lovemobil“ präsentierte Schauspielerinnen als „echte | |
Sexarbeiterinnen“. Wie stark dürfen solche Filme das, was sie zeigen, | |
inszenieren? | |
Streitgespräch Prostitution: „Nicht mal genügend Bettwäsche“ | |
Die SPDlerin Leni Breymaier will den Kauf von Sex verbieten, die CDUlerin | |
Sylvia Pantel die Rechte von Sexarbeiterinnen verbessern. Ein | |
Streitgespräch. | |
Prostitution in Zeiten von Corona: Sexworker:innen in Wartestellung | |
Eine Wellness-Massage geht, eine erotische nicht: Sexuelle Dienstleister | |
fühlen sich benachteiligt. Lockerungen gibt es überall, nur bei ihnen | |
nicht. | |
Mehr Gewalt gegen Prostituierte: Ungeschützt | |
Wegen Corona sind Bordelle zurzeit geschlossen. Viele Sexarbeiter*innen | |
bieten ihre Dienste dennoch weiter an – und sind gefährdeter als sonst. |