# taz.de -- Dokudrama „Die Liebe des Hans Albers“: Die Geschichte von Hansi… | |
> 1946 trafen sie sich wieder: der eben noch größte NS-Filmstar und seine | |
> jüdische Geliebte. Davon handelt „Die Liebe des Hans Albers“. | |
Bild: Geschichte aushaltbar: Als SA-Schergen hetzen, hindert Hansi ihren Hans d… | |
HAMBURG taz | Seemann Hannes Kröger singt: „Auf, Matrosen, ohé, einmal muß | |
es vorbei sein, einmal holt uns die See und das Meer gibt keinen von uns | |
zurück“, und das mit dieser brüchigen, kippenden Stimme, dieser Art von | |
Wehmut, die sich selbst der deutsche Mann im frühen 20. Jahrhundert | |
erlauben kann. | |
Ein [1][Schnipsel „Große Freiheit Nr. 7“] also, zur Eröffnung: Der da | |
singt, der da den Hannes Kröger gibt, der vielleicht größte Filmstar der | |
NS-Zeit, er liebte – neben vielen anderen, das war Teil seines Markenkerns, | |
könnte man sagen – ausgerechnet eine Jüdin. Was tun? Wem den Vorrang geben | |
– dem Herzen oder der Karriere? | |
Das ist so die Art von Gewissensentscheidung, wie sie das deutsche Publikum | |
liebt – im Fernsehen, wohlgemerkt, zur Unterhaltung. Umso mehr, als es | |
nicht bloß um zu viele Stunden im Büro geht, denen einer seine Ehe opfert: | |
Nein, die entscheidende Zutat ist hier das größte Verbrechen der | |
Menschheitsgeschichte. | |
Der Star, das war Hans Albers (1891–1960), jener „Sohn eines | |
Schlachtermeisters aus Hamburg-St. Georg“, wie so was [2][in | |
öffentlich-rechtlicher Pressestellenprosa] heißt. Das Objekt seiner, nun | |
ja, Begierde, das war Hansi Burg (1898– 1975), Tochter des bedeutenden | |
Intendanten – und nebenbei Albers-Mentors – Eugen Burg. Sie war auch selbst | |
Schauspielerin, aber nach eigenen Angaben längst nicht so talentiert wie | |
Albers; dafür manches, das er nicht war: diszipliniert, zum Beispiel. | |
## Wichtig für seine Karriere | |
So zumindest stellt es, ziemlich zu Beginn, „Die Liebe des Hans Albers“ | |
dar, die nun erstmals ausgestrahlte Adaption dieser Geschichte: Dass Burg | |
enorm wichtig war für Albers’ Karriere, seine Star-Werdung. Die lässt sich | |
ablesen am Quasi-Staatsakt, der sich Ende Juli 1960 auf dem | |
Hamburg-Ohlsdorfer Friedhof zutrug: „Hans geht auf seine letzte Reise“, | |
kommentiert nun in der NDR/RBB-Koproduktion eine erkennbar heutige, | |
erkennbar schauspielgeschulte Frauenstimme die damaligen Nachrichtenbilder | |
in Schwarz-Weiß. | |
Und weiter: „Ein Andrang, als wäre ein König gestorben. Aber das war er ja | |
auch. Er war ihr Star, vielleicht der größte von allen.“ Sie, das sind auf | |
der Bildebene Tausende ganz normaler Hamburgerinnen und Hamburger, aber | |
darüber hinaus wohl auch die Deutschen insgesamt – die, die 1960 noch | |
dabei sein konnten. | |
Es ist die Stimme Picco von Grootes, die in dem „Dokudrama“ Hansi Burg | |
spielt und zu Beginn mäßig filmisch die wesentlichen Zutaten der Geschichte | |
referiert: „Er war ein Süchtiger – und seine eigene Droge“, sagt sie üb… | |
Albers (Ken Duken). Und weiter: „Auch ich bin eine Süchtige – süchtig nach | |
ihm. Auch wenn ich dafür einen hohen Preis zahlte.“ Diese letzten Worte | |
sind dann schon unterlegt von deutschen Armen, zum Hitlergruß gestreckt, | |
und Hakenkreuzfahnen. | |
Entstanden ist „Die Liebe des Hans Albers“ an Originalschauplätzen wie der | |
ehemaligen Albers-Villa am Starnberger See, im Landkreis Hildesheim, in | |
Bückeburg sowie in Bremen und Bremerhaven, [3][die Nordmedia förderte das | |
Projekt auch]. | |
## Munter Filme gedreht | |
Wie Albers den zentralen Konflikt für sich auflöste, ist dokumentiert: Zwar | |
soll er nie bekennender Nazi gewesen sein, die Begeisterung so manches | |
Regime-Granden, gelinde gesagt, nicht erwidert haben. Aber [4][Filme drehte | |
er eben] munter auch den Krieg hindurch, machte sich zum Werkzeug ihrer | |
Durchhaltepropagandamaschinerie. | |
Schon 1935 trennte er sich von der jüdischen Geliebten, offiziell | |
wenigstens, was in einem Schreiben an NS-Reichspropagandaminister Joseph | |
Goebbels dokumentiert sein soll. Tatsächlich lebten Hans und Hansi noch bis | |
1938 zusammen, und dann, nach dem Krieg, wieder: in seinem Haus am | |
Starnberger See. | |
Dort beginnt mit Burgs Rückkehr im Jahr 1946 die Spielhandlung. Ihr | |
Schlüssel passt noch, aber ob sie hier richtig ist, darüber ist sie sich | |
erkennbar unsicher. Hans lebt längst mit einer anderen Frau zusammen, | |
behauptet aber unbekümmert, Hansi schrecklich vermisst zu haben. Dass das | |
so eine Art natürliche Eigenschaft nicht nur seiner Bühnen- und | |
Leinwandfiguren sei, sondern eben auch ihn selbst charakterisiere: Das | |
führt „Die Liebe des Hans Albers“ bemerkenswert nebenbei ein – und eher | |
schulterzuckend gehen sämtliche Frauen damit um: Offenbar wusste jede, | |
worauf sie sich da einließ. | |
## Feiger Haudrauf | |
Nachdem die andere weggeschickt ist – sogar das muss Burg erledigen, man | |
möchte sagen: Der große blonde Haudrauf ist zu feige –, kommt es zu einer | |
Art therapeutischem Gespräch am Seeufer; es bildet den Rahmen für | |
Rückblenden und authentische Bilder. Und Burg stellt durchaus die zu | |
erwartenden Fragen, die, für die sich spätestens ein heutiges Publikum | |
interessiert: Warum er nicht mehr geholfen habe, warum nicht jüdische | |
Freunde gerettet – „warum nicht meine Eltern?“ | |
Anfänglicher Arbeitstitel des Films war „Der blonde Hans“, was den | |
Verantwortlichen erschienen sein mag als schrecklich nichtssagend, als | |
allzu sehr auf den etablierten Albers-Mythen herumreitend. „Die Liebe des | |
Hans Albers“ ist insofern ein besser gewählter Titel, als er ja auch schon | |
andeutet, welcher Konflikt im Mittelpunkt steht: Ein „Film über Haltung in | |
schwierigen Zeiten“ sei „das aufwendige Dokudrama“, so [5][verbreiten es | |
die Beteiligten]. | |
Der viel interessantere Konflikt wäre aber doch jener der Hansi Burg | |
gewesen: Wie dem Herzen folgen, wenn es schlägt für einen wie diesen Hans? | |
6 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=izVR4VsEIp4 | |
[2] https://www.presseportal.de/pm/69086/4492969 | |
[3] https://www.nordmedia.de/pages/service/film_commission/setbesuche/subpages/… | |
[4] https://www.welt.de/geschichte/article204290222/Film-im-NS-Regime-Am-Ende-v… | |
[5] https://www.presseportal.de/pm/69086/4492969 | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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