# taz.de -- CDU-Krise in Sachsen-Anhalt: Zeit der Entscheidung | |
> Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff feuert seinen Innenminister | |
> Stahlknecht. Doch die Krise der CDU ist damit noch lange nicht vorbei. | |
Bild: Holger Stahlknecht muss gehen: Ministerpräsident Haseloff entlässt sein… | |
Reiner Haseloff moderiert, verzögert, vertagt gern. Er ist als | |
Ministerpräsident wirklich nicht durch autoritäre Ansagen oder Lust an | |
Konflikten aufgefallen. Der Rauswurf von [1][Innenminister Stahlknecht] war | |
schlicht die letzte Rettung. Denn der Ex-Innenminister hat mitten in einer | |
ziemlich aussichtslosen Regierungskrise offen zur Revolte gegen Haseloff | |
aufgerufen und ein neues Ziel definiert – Zusammenarbeit mit der AfD. Was | |
Höcke in Erfurt mit der Wahl von Kemmerich letztlich misslang, wäre mit | |
Stahlknecht in Magdeburg Realität geworden: Die AfD in der Rolle des | |
Königsmachers. Mit einem hochriskanten, aber überlegenswerten Experiment, | |
die gemäßigten Kräfte bei den Rechtspopulisten einzubinden, hat das nichts | |
zu tun gehabt. In der AfD in Sachsen-Anhalt haben die Radikalen das Sagen. | |
Man muss Stahlknecht insofern dankbar sein. Sein nicht abgesprochenes | |
Interview zum Rundfunkbeitrags-Streit in der „Magdeburger Volksstimme“ | |
zeigt, wie der rechte Flügel der Union tickt: Die Öffentlich-Rechtlichen | |
sind nervige Moralapostel, und die Zeit, in der eine intellektuelle Elite | |
dem Volk den Spaß verdirbt, muss endlich vorbei sein. Diese Äußerungen | |
haben den Vorteil der Deutlichkeit. Der Zoff um Rundfunkgebühren ist nur | |
der Vordergrund, in Wahrheit geht es um die strategische Richtung der CDU | |
in Sachsen-Anhalt. Die [2][Koalitionskrise in Magdeburg] ist eine Krise der | |
CDU, die nicht weiß ob sie in die Mitte oder nach weit rechts will. Wer so | |
redet wie Stahlknecht, der hat mit Grünen oder SPD nichts gemein, mit der | |
AfD schon. | |
Für Friedrich Merz ist es dabei völlig egal, wie die AfD in Sachen | |
Staatsvertrag abstimmt. Das ist mehr als unberaten. Denn ein Nein von Union | |
und AfD zum Staatsvertrag wäre ein Zeichen, dass Haseloffs Bollwerk gegen | |
die AfD Risse hat. Dass Merz mit flotten Sprüchen den Konflikt noch anheizt | |
anstatt zu helfen, das Feuer auszutreten, beleuchtet, welches Risiko die | |
CDU eingeht, wenn sie ihn zum Chef macht. Nichts kann die Union im Wahljahr | |
2021 weniger gebrauchen als eine offene Flanke zu Rechtsextremen. Es ist | |
bemerkenswert, dass diese Tatsache jenseits von Friedrich Merz' politischem | |
Horizont liegt. | |
Also alles klar? In [3][Magdeburg] nicht. Das zähe Ringen geht wohl weiter. | |
Es gibt, nach all den Schwüren der CDU-Fraktion, den Staatsvertrag auf | |
jeden Fall zu kippen, keinen gesichtswahrenden Kompromiss mehr. Die | |
Alternativen sind aber nicht besser. Eine Tolerierung einer | |
CDU-Minderheitsregierung ist kaum vorstellbar. Und Neuwahlen, womöglich | |
unter Pandemiebedingungen, würde wohl ähnliche Mehrheitsverhältnisse wie | |
jetzt ergeben. Es bleibt die Wahl zwischen drei scheußlichen Möglichkeiten. | |
4 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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