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# taz.de -- Berliner Konzept gegen Islamismus: Alle sollen sich „save“ füh…
> SPD-Innensenator Geisel (SPD) hat sein Konzept gegen islamistischen
> Terror vorgestellt. Seit dem Anschlag am Breitscheidplatz habe sich viel
> geändert.
Bild: Breitscheidplatz vier Jahre danach: Am Samstag erinnert eine Gedenkkundge…
Berlin taz | Fast auf den Tag genau vier Jahre nach dem islamistischen
[1][Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz] stellte Berlins Innensenator
Andreas Geisel (SPD) zusammen mit den Chef:innen seiner
Sicherheitsbehörden einen Plan zu Terrorbekämpfung vor. „Ja, es hat uns
kalt erwischt am Breitscheidplatz“, sagte Geisel am Freitag. Und die
Bedrohungslage sei weiter „abstrakt hoch“, wie internationale Anschläge im
Herbst gezeigt hätten.
Alles, was sich seit dem Anschlag bei der Aufklärung an Fehlern
herausgestellt hat, sollte verbessert werden. Vor allem an der Verzahnung
und Kommunikation zwischen den Behörden sowie an der Ausstattung der
Polizei sei gearbeitet worden, so Geisel. Ebenso habe man Beobachtung und
Abschiebungen von sogenannten islamistischen Gefährdern vorangebracht.
Die Änderungen hat Geisel in einem Gesamtkonzept mit dem Titel „Save“
zusammengefasst. Das Schlagwort soll für die Anfangsbuchstaben der vier
entscheidenden Säulen gegen Radikalisierung und islamistischen Terror
stehen: schützen, aufklären, vorbeugen und eindämmen. Im Grunde fassen
diese Stichworte allerdings nur das zusammen, was ohnehin geschieht und in
den Behörden in den vergangenen vier Jahren reformiert wurde.
Konkret geht es laut Geisel unter anderem um den Schutz öffentlicher Räume,
der künftig mit einem Veranstaltungssicherungsgesetz verbessert werden
soll. Das Gesetz soll etwa Anforderungen und Genehmigungen für
Großveranstaltungen festlegen. Zur verbesserten Aufklärung gehören laut
Geisel Frühwarnsysteme, Gefahrenabwehr und strafrechtliche Aufarbeitung.
Dabei sei neben der nur auf Islamismus fokussierten Abteilung 8 des
Landeskriminalamts auch der Verfassungsschutzes wichtig.
## Gedenken am Samstag
Mittlerweile gibt es laut Polizeipräsidentin Barbara Slowik immerhin 59
neue Stellen für Observation. Den Attentäter Anis Amri hatten die Behörden
damals falsch eingeschätzt und offenbar aufgrund begrenzter Ressourcen
nicht mehr observiert (stattdessen [2][Linksradikale in der Rigaer
Straße]). Mehr [3][Überwachungsbefugnisse] braucht es laut Slowik übrigens
nicht; wichtiger sei die Auswertung vorhandener Datenmassen, die
mittlerweile per zugeschnittener Software laufe.
Bei der Vorbeugung und Prävention geht es um den laut Geisel ebenso
wichtigen Bereich der Prävention mit Projekten zivilgesellschaftlicher
Träger. Die Mittel für Deradikalisierung seien verfünffacht worden.
Dass Radikalisierung dennoch häufig eine Blackbox ist, betonte
Polizeichefin Slowik: „Bei der stillen Radikalisierung von Einzeltätern
sind Bekannte, Freunde und Verwandte oft die einzigen Hinweisquellen.“
Immerhin gelobte Verfassungsschutzchef Michael Fischer, Informationen
schnell und verwertbar zur Verfügung zu stellen.
Allerdings konterkarierte er seinen Aufklärungswillen ein wenig damit, dass
er bei einer Nachfrage die für Radikalisierung bekannten Imageboards 4Chan
und 8Chan falsch aussprach („forcheng“). Immerhin habe man aber für die
„dunklen Kanäle des Internets“ mittlerweile ein Projekt mit Expert:innen
gestartet, berichtete Fischer.
Bei der Säule Eindämmung geht es schließlich um konkrete Bedrohungslagen im
Anschlagsfall, die durch Notfallpläne das Verhalten von Einsatzkräften bei
Terroranschlägen bestimmen sollen. Am Donnerstagabend hatte Geisel im
[4][Untersuchungsausschuss des Bundestags] gesagt, dass die Ermittlungen
zum Breitscheidplatz schneller hätten anlaufen müssen. Wegen Corona
ausgefallene Anti-Terror-Übungen sollen 2021 stattfinden.
Neben mangelhafter Kommunikation zwischen den Sicherheitsbehörden hat es
laut Geisel die größten Defizite bei der fehlenden Betreuung der Opfer
gegeben. Mittlerweile gebe es eine feste Anlaufstelle und bessere
Betreuung. Die Innenverwaltung arbeite an einem Gesetzentwurf für
standardisierte psychosoziale Notfallbetreuung.
Innenpolitiker Benedikt Lux (Grüne) sagte der taz: „Entscheidend ist die
Umsetzung des Konzeptes.“ Immerhin habe Geisel mittlerweile die Forschung
in seinem Konzept berücksichtigt. Ein Lehrstuhl zu Terrorismus sollte laut
Geisel künftig an der Hochschule für Wirtschaft und Recht eingerichtet
werden. Im Vorfeld gab es etwas Kritik daran, dass es das Konzept zunächst
keine wissenschaftliche Verankerung an einer Hochschule beinhaltete.
Auch im Berliner Abgeordnetenhaus untersucht derweil noch immer ein
Untersuchungsausschuss den Terroranschlag vom Breitscheidplatz. Derzeit
arbeiteten die Abgeordneten am Abschlussbericht. Dass sich die
Sicherheitsbehörden dabei nicht unbedingt immer das von Geisel zum Ziel
erklärte Gebot maximaler Transparenz halten, verdeutlicht auch eine
Erklärung von der Grünen-Fraktion zum bevorstehenden Jahrestag des
Terroranschlags: „Wir erwarten insbesondere von der Berliner
Innenverwaltung, dass Akten, die bislang unter Verschluss gehalten wurden
und aus heutiger Sicht aber veröffentlicht werden können, freigegeben
werden.“
Am Samstag findet am Breitscheidplatz eine Gedenkkundgebung statt. Der
Terrorist Anis Amri war am 19. Dezember 2016 mit einem Lkw in den
Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast. 12 Menschen starben, mehr
als 70 wurden verletzt.
18 Dec 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Anschlag-auf-Berliner-Weihnachtsmarkt/!t5368107
[2] /Anis-Amri-und-die-Rigaer-Strasse/!5510622
[3] /Vorratsdatenspeicherung/!t5011510
[4] https://www.tagesschau.de/inland/breitscheidplatz-geisel-innensenator-101.h…
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Islamismus
Andreas Geisel
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