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# taz.de -- Arbeitskampf bei Onlineversandhändler: Weihnachtsstreik bei Amazon
> Verdi rechnet mit 1.700 Mitarbeitenden, die an mehreren Standorten ihre
> Arbeit niederlegen. So wolle man das Weihnachtsgeschäft stören.
Bild: Seit Montag haben Beschäftigte auch am Versandzentrum in Leipzig die Arb…
Berlin taz | Mit einem Weihnachtsstreik an mehreren Standorten will die
Dienstleistungsgewerkschaft Verdi das brummende Geschäft des
Onlineversandhändlers Amazon stören. Seit der Nachtschicht zum Montag haben
Beschäftigte in Werne, Leipzig, Rheinberg, Bad Hersfeld und Koblenz die
Arbeit niedergelegt. Der Streik soll bis einschließlich Heiligabend
andauern.
Verdi rechnet mit insgesamt rund 1.700 Streikenden, die sich an dem
Ausstand beteiligen. „Während der Konzern seine Milliardengewinne weiter
erhöht, verweigert er den Beschäftigten eine tarifvertragliche Bezahlung“,
begründete Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger die
Protestaktion.
Bundesweit beschäftigt Amazon rund 16.000 fest angestellte
Mitarbeiter:innen in insgesamt 15 Logistikzentren. Hinzu kommen derzeit
noch 10.000 Saisonarbeitskräfte. Seit rund siebeneinhalb Jahren versucht
Verdi mit einer Strategie der Nadelstiche, tarifvertraglich geschützte
Einkommens- und Arbeitsbedingungen bei dem Konzern durchzusetzen. Immer
wieder ruft die Gewerkschaft daher die Beschäftigten an einzelnen oder
mehreren Amazon-Standorten zu temporären Streiks auf.
Bisher hat die Gewerkschaft allerdings nicht einmal die Aufnahme von
Gesprächen durchsetzen können. [1][Mit einem bemerkenswerten
manchesterkapitalistischen Dogmatismus] beharrt Amazon darauf, weiterhin
gänzlich nach eigenem Gusto über das Lohnniveau und die Arbeitsbedingungen
zu entscheiden.
## „Kulturkampf um die künftige Arbeitswelt“
„Was sich da abspielt, ist eine Kampfansage an die kollektiven
Arbeitsbeziehungen, wie sie sich unter sozialpartnerschaftlichen Vorzeichen
in der Bundesrepublik herausgebildet haben“, erläuterte der damalige
Verdi-Vorsitzende [2][Frank Bsirske bereits vor zweieinhalb Jahren im
taz-Interview]. Es handele sich um „einen Kulturkampf um die Frage, wie
eigentlich die künftige Arbeitswelt gestaltet werden soll.“
Solange es nicht zu signifikanten Umsatzeinbrüchen kommt, nimmt der
US-Konzern, der seine europäische Unternehmenszentrale in Luxemburg hat,
dafür auch ein konstantes negatives Grundrauschen in der Öffentlichkeit in
Kauf, das durch die wiederkehrenden Streiks befördert wird. Statt auf
Gesprächsbereitsschaft setzt Amazon auf Imagekampagnen.
„Bei Amazon reden wir von einem Unternehmen, das sich in der aktuellen
Krise eine goldene Nase verdient“, sagte Verdi-Vorstand Nutzenberger. Dabei
habe die Schließung des stationären Einzelhandels in der vergangenen Woche
das Bestellaufkommen noch einmal deutlich gesteigert.
Für die Beschäftigten bedeute das, dass sie einem noch größeren Druck
ausgesetzt seien, weil der Krisenprofiteur trotz der zusätzlichen
Arbeitshetze Lieferversprechungen mache. „Das geht unweigerlich auf Kosten
der Gesundheit der Belegschaft, gerade jetzt unter den Bedingungen der
Pandemie“, sagte Nutzenberger.
## Amazon: Der größte Teil der Mitarbeitenden arbeite normal
Konkret fordert Verdi von Amazon die Anerkennung der Flächentarifverträge
des Einzel- und Versandhandels sowie den Abschluss eines Tarifvertrages für
gute und gesunde Arbeit. Die aktuelle Situation mache einmal mehr deutlich,
wie wichtig diese Anliegen seien, so Nutzenberger. „Die Beschäftigten bei
Amazon haben den Schutz ihrer Gesundheit und eine Bezahlung verdient, die
zum Leben reicht.“
Amazon teilte am Montag mit, die Beschäftigten des Versandhändlers
profitierten bereits von „exzellenten Löhnen, exzellenten Zusatzleistungen
und exzellenten Karrierechancen“. Der Konzern biete ein Umfeld, „in dem man
gerne arbeitet, sich einbringen und erfolgreich sein kann“. Die
Streikaktionen hätten keine Auswirkungen auf Kundenlieferungen: „Der
allergrößte Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeitet ganz
normal.“
21 Dec 2020
## LINKS
[1] /Streik-bei-Amazon/!5468827
[2] /Verdi-Chef-Frank-Bsirske-ueber-Amazon/!5486869
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Streik
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