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# taz.de -- Ermittlungen bei Hamburgs Grünen: Senatorin Ahnungslos
> Gegen den Ex-Partner von Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina wird wegen
> Spesenbetrugs ermittelt. Die damalige Grünen-Chefin war stets dabei.
Bild: Bei den Grünen offenbar sakrosankt: Anna Gallina (r.) mit den Senator*in…
Hamburg taz | Es wird eng für Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina
(Grüne). Während neue Details um fingierte Spesenquittungen ihres früheren
Lebensgefährten und Vaters eines gemeinsamen Kindes, [1][Michael
Osterburg,] an die Öffentlichkeit kommen, hat nun die Hamburger
Staatsanwaltschaft angekündigt, die Senatorin als Zeugin in der Causa
Osterburg vernehmen zu wollen.
Seit Mai dieses Jahres ermittelt Oberstaatsanwalt Michael Elsner gegen
Osterburg wegen „Untreue“. Dem ehemaligen Chef der grünen Bezirksfraktion
Hamburg-Mitte wird vorgeworfen, fingierte Spesenquittungen und private
Restaurantbesuche mit der grünen Fraktion abgerechnet und sich so illegal
bereichert zu haben.
Am 15. Mai dieses Jahres verbreiteten die Grünen folgende Pressemitteilung:
„Die [2][Grüne Bezirksfraktion Hamburg-Mitte] hat am 21. April 2020
Strafanzeige gegen den ehemaligen Fraktionsvorsitzenden gestellt.
Gegenstand der Strafanzeige sind Vorwürfe der Veruntreuung von
Fraktionsgeldern.“ Der heutige Fraktionschef Manuel Muja betont: „Wir haben
erst Anzeige erstattet, als alle Vorwürfe belegt werden konnten.“
Seitdem wühlt sich die Staatsanwaltschaft durch Osterburg-Quittungen aus
den Jahren 2014 bis 2019 und beziffert die Höhe der möglicherweise
veruntreuten Gelder auf 67.900 Euro. Pikant: Von den so veruntreuten
Geldern soll Anna Gallina, damals noch mit Osterburg liiert, profitiert
haben. Es geht dabei um diverse Abrechnungen von Osterburgs-Stammitaliener
im Stadtteil Eimsbüttel, wobei Osterburg stets mit Gallina gespeist haben
soll und nicht mit den Politiker*innen und Journalist*innen, die er auf den
eingereichten Bewirtungsbelegen angab.
## Gallina soll profitiert haben
Vergangene Woche kam ein weiterer Bewirtungsbeleg, diesmal nicht in
Eimsbüttel, sondern auf Malta ausgestellt, ans Licht der Öffentlichkeit. Im
Mai 2017 speiste Gallina mit Osterburg und anderen in einem Nobelrestaurant
auf Malta, nachdem sie kurz zuvor an Bord der „Sea Eye“ medial gut
inszeniert versucht hatte, Flüchtlinge aus dem Libyschen Meer zu retten.
Auf dem Bewirtungsbeleg fanden sich mehrere Hummer und ein Endbetrag von
250 Euro – den sich Osterburg später aus der grünen Fraktionskasse
erstatten ließ. [3][„Wasser für Flüchtlinge – Hummer für grüne
Landesvorsitzende?]“, äzte die CDU in einer Mitteilung und zeigte so die
moralische Fallhöhe.
Gallina, die bislang zu den Osterburg-Ermittlungen aufreizend konsequent
schweigt, sah sich in diesem Fall gezwungen, eine Erklärung abzugeben. Nach
zahlreichen innergrünen Krisengesprächen räumte die Senatorin vorigen
Freitag ein: „Ich kann mich an einen Restaurantbesuch mit mehreren Personen
(...) erinnern, bei dem von anderen Hummer bestellt wurde.“ Fast trotzig
fügte Gallina hinzu: „Ich selbst esse keinen Hummer.“ Sie habe Verständnis
dafür, „dass ein solches Essen Irritationen und Empörung bei den Menschen
hervorruft.“
Dem Impuls, den Malta-Besuch doch noch nur zur Heldinnen-Geschichte
umzuschreiben, konnte Gallina dabei nicht widerstehen: „Ich war auf Malta,
um Menschen zu helfen, die in schreckliche Not geraten sind. Dieses
Engagement ist seit Jahren Kern meiner politischen Arbeit.“
Im Übrigen aber lehnt Gallina es weiterhin ab, sich zu dem Ermittlungen
gegen ihren Ex-Partner zu äußern, „um das laufende Verfahren nicht zu
gefährden“. Damit weicht sie auch der Frage aus, ob sie sich nie gewundert
habe, dass ihr Ex-Partner nach rein privaten Lokalbesuchen stets einen
Bewirtungsbeleg verlangt habe. Parteiintern behauptet Gallina, sie habe
nichts gewusst und nichts geahnt.
## Offiziell weiß die Senatorin von nichts
„Anna Gallina hat uns intern versichert, dass sie keine Kenntnisse über die
spätere Verwendung der Restaurantquittung hatte“, teilte
Bürgerschaftsfraktionschef Dominik Lorenzen in Bezug auf das Malta-Mahl
mit. Ahnungslos sei sie auch in Bezug auf Osterburgs gesamte Tricksereien
gewesen, versicherte Gallina parteiintern wie auch gegenüber dem
Koalitionspartner mehr als nur einmal.
Als Gallina im vergangenen Juni als Justizsenatorin berufen wurde, liefen
die Ermittlungen gegen Osterburg bereits und viele Fakten lagen auf dem
Tisch. Doch obwohl den Koalitionären das Risiko von Gallinas
Inthronisierung bewusst war, wurde Gallina von den Grünen in den Senat
gehievt und ist nun eine zunehmende Belastung für die Koalition. Aus der
SPD wächst der Druck, Gallina solle sich so schnell wie möglich öffentlich
zu ihren Kenntnissen über Osterburgs Machenschaften erklären und die
blühenden Spekulationen so eingrenzen.
Für die Grünen ist Gallina offenbar sakrosankt – keinE Einzige*r, der
öffentlich Aufklärung fordert, worauf die Grünen bestehen würden, wäre
Gallina Funktionsträgerin einer anderen Partei. Während der
Bürgerschaftsabgeordnete Michael Gwosdz öffentlich zur „Solidarität“ mit
der angeschlagenen Senatorin auffordert, betont Fraktionschef Lorenzen:
„Jeder, der Anna kennt, weiß, dass sie eine integre Persönlichkeit ist, der
es um die Sache geht.“
Die CDU hingegen fordert längst, Gallina müsse für Aufklärung sorgen oder
ihr Amt ruhen lassen, und freut sich diebisch darauf, Rot-Grün im Hamburger
Bundestagswahlkampf mit dieser Personalie vor sich herzutreiben.
16 Dec 2020
## LINKS
[1] https://www.welt.de/regionales/hamburg/article217869376/Michael-Osterburg-E…
[2] https://www.gruenemitte.com/
[3] https://cduhh.de/tag/hummer/
## AUTOREN
Marco Carini
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