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# taz.de -- Gesetz gegen interreligiöse Ehen in Indien: Spritze gegen den „L…
> In Indien wird die Polizei verdächtigt, bei einer zum Islam konvertierten
> Schwangeren eine Fehlgeburt per Abtreibungsspritze verursacht zu haben.
Bild: Uttar Pradeshs Ministerpräsident Yogi Adityanath (links) spricht mit Ind…
Mumbai taz | Wie weit darf sich der Staat in das Privatleben seiner
Bürger:innen einmischen? Zur Abwehr der Gefahr eines sogenannten [1][„Love
Jihad“] darf der Staat im nordindischen Uttar Pradesh seit Ende November
sogar in Ehen eingreifen.
Der angebliche „Love Jihad“ ist eine Verschwörungstheorie rechter
Hindufundamentalisten. Demnach heiraten muslimische Männer Frauen
hinduistischen Glaubens, damit diese zum Islam konvertieren und auch ihre
gemeinsamen Kinder Muslime werden. Rechte Hindus sehen im „Love Jihad“ eine
Strategie von Muslimen, um zu deren Gunsten in Indien die demografischen
Relationen zu verändern.
Seitdem im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Uttar Pradesh die Verordnung
mit dem Titel „Prohibition of Unlawful Conversion of Religious Ordinance“
in Kraft ist, nehmen dort die Behörden die Wahl der Eheartner:innen ins
Visier und veranlassten erste Festnahmen.
Unter den ersten festgenommenen Frauen war auch eine 22-Jährige im dritten
Schwangerschaftsmonat. Sie war vom Hinduismus zum Islam konvertiert, als
sie einen Muslim heiratete. Laut dem britischen [2][Sunday Telegraph] hatte
sie jetzt im Gefängnis eine Fehlgeburt.
Auch der Ehemann der Frau soll sich in Polizeigewahrsam befinden. Das Paar
hatte sich im benachbarten Bundesstaat Uttarakhand kennengelernt und dort
geheiratet. Doch der Umzug nach Uttar Pradesh und die Registrierung der Ehe
im 150 Kilometer östlich der Hauptstadt Delhi gelegen Moradabad wurde ihnen
zum Verhängnis.
Laut Sunday Telegraph vermutet die Familie des Mannes gar, dass die
Fehlgeburt der Frau von einer im Gefängnis verabreichten Abtreibungsspritze
ausgelöst wurde. Auf eine Anfrage des Sunday Telegraph haben die Behörden
nicht geantwortet.
Berichten zufolge wurden bereits mindestens zehn muslimische Männer
innerhalb von zwei Wochen wegen des Verdachts auf „Love Jihad“ verhaftet.
Erst kürzlich war ein 39-jähriger muslimischer Bräutigam in der Kleinstadt
Kushinagar sogar während seiner Trauung von Polizisten abgeführt worden.
Dem Mann wurde unterstellt, eine geborene Nichtmuslimin heiraten zu wollen.
Das stellte sich aber als falsch heraus, wie die Zeitung [3][Indian
Express] berichtet. Während der Haft wurde der inzwischen verheiratete Mann
nach eigener Aussage bedroht und gefoltert. Die Polizei bestreitet dies.
In Aligarh, ebenfalls in Uttar Pradesh, wurde ein 18-jähriges Mädchen von
einer Frauengruppe der hindunationalistischen Regierungspartei BJP
abgefangen und geohrfeigt, als sie ihren muslimischen Freund treffen
wollte. Ein Video, das die Szene zeigt, ging viral. Aligarhs frühere
BJP-Bürgermeisterin sagt, ihre Partei unterstütze Familien, „deren Töchter
von muslimischen Männern in die Falle gelockt wurden“.
Mehrere BJP-regierte Bundesstaaten planen ähnliche Gesetze gegen den „Love
Jihad“ wie Uttar Pradesh. Bei „erzwungenem Religionswechsel“ drohen dort
bis zu zehn Jahre Haft. „Das neue Indien ist beängstigend“, kommentierte
der Oppositionspolitiker P Chidambaram im [4][Indian Express].
14 Dec 2020
## LINKS
[1] /Interreligioese-Beziehungen-in-Indien/!5731489
[2] https://www.telegraph.co.uk/news/2020/12/12/first-woman-detained-indias-con…
[3] https://indianexpress.com/article/india/love-jihad-rumour-wedding-stopped-i…
[4] https://indianexpress.com/article/opinion/columns/up-love-jihad-law-economy…
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Indien
Hindunationalisten
BJP
Muslime
Konversion
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Bildungssystem
Mumbai
Landwirtschaft
Lesestück Recherche und Reportage
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