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# taz.de -- Aberglaube in Indien: Kampf den Hexenjägern
> Birubala Rabha glaubte erst selbst an Hexen, dann begann sie, sich gegen
> diese Diskriminierung von Frauen einzusetzen – und wird dafür geehrt.
Bild: wird verehrt: Birubala Rabha
Delhi taz | Einst glaubte Birubala Rabha selbst an Hexen und schwarze
Magie. In ihrem abgelegenen Dorf im Nordosten Indiens, wo sie ihr
bisheriges Leben verbrachte, war das nicht ungewöhnlich. Als ihr Sohn vor
vielen Jahren an Typhus erkrankte, hatte der Dorfquacksalber schnell den
Grund gefunden: Er müsse von einer Frau verzaubert worden sein und werde
bald sterben.
Dass Rabhas Sohn sich trotz der düsteren Prognose erholte, brachte sie zum
Nachdenken. Nachdem sie sich mit einer lokalen Frauengruppe ausgetauscht
hatte, wurde ihr schnell klar, wie sehr Frauen unter solchen dubiosen
Anschuldigungen leiden.
Das brachte sie dazu, die Initiative „Mission Birubala“ zu gründen. Ihr
Ziel: das Bewusstsein gegen [1][Aberglauben an Hexerei] zu schärfen. Seit
zwanzig Jahren setzt sich die zierliche Frau, die oft eine große Brille
trägt, nun schon gegen diese Form der Diskriminierung ein, die vor allem
Frauen trifft und manchmal gar ihr Leben bedroht. Dafür wird die über
70-Jährige nun mit einer der höchsten zivilen Auszeichnungen Indiens, dem
Padma Shri Award, gewürdigt.
„Die Anerkennung ist der Segen derer, die uns unterstützt haben“, sagte
Rabha. 2015 erhielt sie bereits einen Ehrendoktor der Universität Gauhati
für ihr Engagement. Doch auch damals war ihr die Bestätigung dafür, dass
Hexenjagd ein ernstzunehmendes Problem ist, wichtiger als der Titel an
sich. „Aber mehr als eine Ehre wie diese möchte ich, dass die Regierung so
früh wie möglich ein Gesetz gegen Hexenjagd verabschiedet“, sagte sie
damals.
Dem Mob hilflos ausgeliefert
2015 wurde in Rabhas Heimat-Bundesstaat Assam tatsächlich ein Gesetz zur
Verhütung und zum Schutz vor Hexenjagd eingeführt, an dem sie maßgeblich
beteiligt war – ein Meilenstein. Seitdem wird das Beschuldigen und
Verursachen körperlicher und seelischer Schäden in Verbindung mit
Hexerei-Bezichtigung mit mindestens drei Jahren Haft geahndet.
Frauen in Südasien werden unter anderem als Hexen gebrandmarkt, um sie
ihres Eigentums zu berauben, aus persönlichem Groll oder wegen verweigerter
sexueller Gefälligkeiten. An den Pranger gestellt, sind sie den
Mob-Dynamiken dann [2][häufig hilflos ausgeliefert]. Das passiert oftmals
in Stammesdörfern, wo das öffentliche Gesundheitssystem unzureichend
ausgebaut und die Alphabetisierungsrate niedrig ist.
Hier schieben vermeintliche Heiler Frauen noch immer Ernteausfälle,
Krankheiten oder Naturkatastrophen zu. Besonders alleinstehende Frauen,
Witwen und alte Paare leben gefährlich an Orten, wo sich der Aberglaube
hält. Das Problem besteht nicht nur in Assam, wo seit 2011 110 Menschen
unter dem Vorwand der Hexerei ermordet wurden. Denn auch in Regionen wie
Jharkhand oder Westbengalen kommt es immer wieder zu derartigen Vorfällen.
Deshalb sind die unermüdliche Arbeit von Rabha und ihre landesweite
Würdigung so wichtig. Sie hat das Talent, dass Menschen ihr zuhören, und
ermutigt Frauen, gegen Aberglauben zu kämpfen. Die Ehrung soll Rabha im
Frühjahr in Delhi erhalten.
28 Jan 2021
## LINKS
[1] /Historiker-Behringer-ueber-Hexenverfolgung/!5046668
[2] /Indische-Feministin-zu-Vergewaltigungen/!5499808
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Indien
Assam
Diskriminierung
Frauenrechte
Greta Thunberg
Bürgermeisterwahl
Indien
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