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# taz.de -- Rechtsextremist kauft Immobilie: Neonazi-Haus im hessischen Wald
> Meinolf Schönborn kaufte ein Hotel. Der Rechtsextreme plant ein Wohnheim
> für Neonazis, er selbst ist schon eingezogen.
Bild: Das beschauliche Dorf Gieselwerder. Das Foto zeigt nicht die Hotelanlage
Gieselwerder taz | Das „Apartment Hotel Waldmühle“ ist von hohen Bäumen
umringt. Ein kleiner geteerter Weg führt durch ein Waldstück zu der
mehrgeschossigen Anlage am Rande von Gieselwerder.
Das Gebäude mit Balkonen auf dem rund 3.351 Quadratmeter Grundstück in der
hessischen Gemeinde ist in gutem Zustand. Länger stand das Gebäude mit zehn
in sich abgeschlossenen Wohnungen leer. Die neuen Besitzer sind bereits
eingezogen, ihre Namen stehen am Briefkasten: „Schönborn & Hell“. Es ist
der Schönborn, der Meinolf. Seit Jahrzehnten ist der 65-Jährige in der
rechtsextremen Szene aktiv.
Der Neubetreiber plant das Anwesen in die „Residenz Ludenbeck“ umzuwandeln.
Ein „Gemeinschaftsprojekt verschiedener Patrioten“ soll es werden, wie es
in einer internen Bewerbung heißt. Hier im Länderdreieck
Nordrhein-Westfallen, Niedersachsen und Hessen wird aber nicht bloß ein
geistiges „Deutsches Kulturzentrum“ aufgebaut, sondern auch ein „modernes
Wohnangebot für Senioren, Menschen mit Behinderung, junge Familien,
Alleinerziehende und Singels“ entstehen.
Die Anlage soll für eine „patriotische Gemeinschaft“ mit angestrebter
Selbstversorgung auch als [1][„Schutz- und Trutzburg“] dienen, „für
schlimme Zeiten, die ohne Zweifel auf uns Deutsche schon in naher Zukunft
zukommen werden“, heißt es weiter. Und Schönborn ergänzt, dass „die Lage
optimal“, da es fast eine Alleinlage wäre „und auf jeden Fall sehr gut zu
verteidigen“.
## Wohnhaus und „Schutzburg“
Der Kauf hat die Gemeinde mit rund 1.300 Einwohner*innen offensichtlich
überrascht. Das Anwesen hatten zuvor Geflüchtete als Unterkunft nutzen
können. Aus dem Anlass wurde unter anderem auch der Brandschutz erneuert.
Nach dieser Nutzung stand das Gebäude mit 856 Quadratmeter Wohn- uns
Nutzfläche leer. [2][Am 20. März wurde sie in Köln mit einem Mindestangebot
von 79.000 Euro versteigert]. Erst bei einer Begehung nach dem Verkauf
wurde in der Gemeinde bekannt, dass ein Holocaustrelativierer und Anhänger
der Reichsideologie der neue Hausherr ist.
„Mit großer Sorge beschäftigen wir uns mit den verschiedenen Entwicklungen
am rechten Rand“, sagt Cornelius Turry, Beauftragter für die vorläufige
Wahrnehmung der Aufgaben des Bürgermeisters der taz. Die Bürger*innen
würden vor Ort die rechten Entwicklungen „sehr genau“ beobachten. Eine
Veranstaltung für einen Austausch zum Umgang mit der Situation mit
Organisationen und Behörden fiel im November wegen den Coronaregeln aus,
sagt Turry.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen könne er aber nichts zu dem Eigentümer,
dem Kaufpreis und den Nutzungsgenehmigungen sagen. Turry wies jedoch darauf
hin, dass Städte und Gemeinden in Hessen in „aller Regel“ keine
Eingriffsmöglichkeiten beim Kauf oder Verkauf von bebauten Grundstücken
hätten.
## Keine Eingriffsmöglichkeiten beim Verkauf in Hessen
Mit dem Clou kann Schönborn erneut [3][eine größere Immobile] für seine
politischen Ambitionen nutzen. In der Vergangenheit führte er ein
Schulungszentrum im nordrhein-westfälischen Detmold-Pivitsheide. Um 2014
übernahm Schönborn im vom Gieselwerder etwa 100 Kilometer entfernten
Schwarzenborn am Knüllköpfchen das „Haus Richberg“. Dieses Zentrum in
Hessen hatte der Rechtsextremist Manfred Roeder bis zu seinem Tod
betrieben. Die Behörden untersagten dort zuletzt Veranstaltungen.
Nicht die erste staatliche Auseinandersetzung für den Mitbegründer der 1992
verbotenen „Nationalistischen Front“. 1994 erfolgte eine Anklage wegen
Fortführung einer verbotenen Organisation, er musste eine Haftstrafe
antreten. Eine Bewährungsstrafte wegen Volksverhetzung folgte 2006.
[4][Schönborn bestätigte 2012 der taz], dass auch bei ihm eine Durchsuchung
wegen des Verdachts auf „Bildung einer bewaffneten Gruppe“ am 7. Juni
stattgefunden habe. Der umtriebige Rechtsextremist verantwortet zudem seit
1984 das Zweimonatsmagazin Recht und Wahrheit, das seit 2017 mit Videos auf
einen Youtube-Kanal ergänzt wird. Von der neuen Adresse aus betreibt
Schönborn bereits seinen „Z-Versand.shop“.
27 Nov 2020
## LINKS
[1] /Voelkische-Expansion/!5640852
[2] https://www.immobilienscout24.de/expose/114359188#/
[3] /Kampf-gegen-Rechtsextremismus-in-Sachsen/!5720277
[4] /Razzien-gegen-Neonazis/!5089482
## AUTOREN
Andrea Röpke
Andreas Speit
Marian Ramaswamy
## TAGS
Rechtsextremismus
Hessen
Schwerpunkt Neonazis
Immobilien
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
Schwerpunkt Neonazis
Lesestück Recherche und Reportage
Siedler
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