# taz.de -- Neapel trauert um Fußballikone Maradona: Das Beste und das Schlech… | |
> Trotz Drogenkonsums gilt die Fußballlegende Maradona in Neapel als | |
> Erlöser. Mit ihm wurde die Stadt erstmals italienischer Meister. | |
Bild: Wandbild von Maradona in Neapel: Die Stadt verehrt ihn nicht bloß, sie l… | |
Erst wenige Minuten hatte in Neapel die Nachricht vom [1][Tode Diego | |
Armando Maradonas] die Runde gemacht, da gingen die Menschen am Mittwoch zu | |
Hunderten, zu Tausenden auf die Straßen, auf die Plätze, um ihrer Trauer | |
Ausdruck zu verleihen. Zu ihrem Wallfahrtsort wurde das große | |
Maradona-Wandgemälde auf einer Hausfassade mitten im Stadtzentrum. Abends | |
dann wurde das San-Paolo-Stadion angestrahlt, versammelten sich Fans, | |
hielten ihr Spruchband hoch: „Oh unsterblicher König, dein Banner wird nie | |
aufhören zu wehen.“ | |
Denn nicht nur [2][in seiner Heimat wurde Maradona verehrt], sondern auch | |
in der Stadt am Fuß des Vesuvs. Er war, schreibt die Tageszeitung La | |
Repubblica in ihren Lokalseiten, der Held „zweier Völker, des | |
argentinischen und des neapolitanischen Volkes“. | |
Nicht bloß Heiliger, eher schon Gott. Diesen Status erwarb Maradona sich in | |
den sieben Jahren, zwischen 1984 und 1991, in denen er für den SSC Neapel | |
stürmte. Schon zu seinem ersten Auftritt, als der Verein ihn der Stadt | |
vorstellte, strömten 80.000 Menschen ins San-Paolo-Stadion. | |
Es ist bloßer Zufall, dass die Vereinsfarben Neapels – Weiß und Himmelblau | |
– ziemlich akkurat denen des argentinischen Nationalteams entsprechen, doch | |
in Neapel glauben wenige an den Zufall. Maradona durfte sich von Beginn an | |
eingebürgert fühlen, die Stadt verehrte ihn nicht bloß, sie liebte ihn | |
abgöttisch. Selbst Jahrzehnte nach seinem Karriereende provozierte Maradona | |
jedes Mal Aufläufe von völlig aus dem Häuschen geratenen Fans, wann immer | |
er sich in Neapel auf der Straße zeigte. | |
## Am Ende verzeiht auch Roberto Saviono dem Star | |
Denn es war zuerst und vor allem ihm zu verdanken, dass der SSC Neapel in | |
den Jahren 1987 und 1990 italienischer Meister wurde. Ein Erfolg, der | |
weder vorher je gelungen war noch nachher je wieder gelingen sollte, zumal | |
außerdem 1987 der italienische und 1989 der Uefa-Pokal gewonnen wurde. | |
Doch es waren nicht bloß seine Glanzleistungen auf dem Platz, seine | |
unglaublichen Tore, die ihn zum Kultobjekt machten – es war auch der | |
Mensch, der Exzentriker, der in ärmlichen Verhältnissen groß gewordene | |
anarchische Rebell, in dem gerade eine Stadt wie Neapel sich perfekt | |
widerspiegeln konnte – und wenn er bei der WM 1986 dank „Gottes Hand“ per | |
Handspiel ein Tor gegen England erzielen konnte, das Argentinien den Weg | |
zum Titelgewinn ebnen sollte, dann hatte er trotz – nein, wegen dieses | |
Regelverstoßes die Sympathien der nicht besonders regelgläubigen Menschen | |
aus Neapel völlig auf seiner Seite. | |
Seinem Ansehen konnten am Ende auch die Geschichten rund ums Kokain, seine | |
Kontakte zu Kriminellen aus der Camorra nicht schaden. 1991 wurde er | |
während seiner letzten Saison beim SSC Neapel suspendiert, weil er bei | |
einem Dopingtest als Kokskonsument aufgefallen war, und immer wieder | |
machten Geschichten um die wilden Nächte mit Drogen und Frauen die Runde. | |
Auch mehreren Verfahren wegen Steuerhinterziehung musste er sich stellen, | |
am Ende blieb er dem italienischen Staat an die 14 Millionen Euro schuldig. | |
Roberto Saviano schreibt in seinem Nachruf, Maradona habe halt „zusammen | |
das Beste und das Schlechteste, was meine Heimat hervorgebracht hat“, | |
repräsentiert. Zudem sei er eine Art Erlöser gewesen: derjenige, der es | |
erstmals in der Geschichte des italienischen Fußballs einer Mannschaft aus | |
dem Süden des Landes erlaubt habe, die Meisterschaft zu gewinnen. Gewiss, | |
meint Saviano, „unverzeihlich“ sei es gewesen, dass das Genie sich von | |
Camorra-Bossen mit Drogen und Prostituierten versorgen ließ, sich so auch | |
erpressbar machte, doch dann verzeiht Saviano ihm doch – schließlich sei | |
Maradona der „einsamste Mensch der Welt“ gewesen, allein nur mit seinem | |
Talent. | |
Am Vesuv fanden es deshalb alle selbstverständlich, dass Bürgermeister | |
Luigi de Magistris umgehend die Stadttrauer verkündete und bekannt gab, das | |
städtische Stadion werde in „Maradona-Stadion“ umbenannt. | |
26 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Nachruf-auf-Diego-Maradona/!5731598 | |
[2] /Fussballlegende-Diego-Maradona-ist-tot/!5731609 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
## TAGS | |
Diego Maradona | |
Fußball | |
Italien | |
SSC Neapel | |
Kolumne Press-Schlag | |
Diego Maradona | |
Diego Maradona | |
Diego Maradona | |
Diego Maradona | |
Diego Maradona | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Maradona-Würdigungen und Nachrufe: Hymnen von seiner Hand | |
Die Überhöhung von Diego Maradona treibt in den Nachrufen ihre eigenen | |
Blüten. Fast so, als hätte die Hand Gottes die Schreibfedern geführt. | |
Tod von Fußballikone Maradona: Idol der marginalisierten Massen | |
Dem verstorbenen Fußballer Diego Maradona wird weltweite Verehrung zuteil. | |
Das hat auch mit seiner sozialen Herkunft zu tun. | |
Diego Maradona beerdigt: Letzte Ruhe nach großem Chaos | |
Der Weltfußballer ist in einer kleinen Zeremonie beigesetzt worden. Zuvor | |
gab es Tumulte, weil nicht alle Fans Abschied nehmen konnten. | |
Buenos Aires gedenkt Diego Maradonas: Trauer und Stolz | |
In der Geburtsstadt der Fußballlegende herrscht nach dem Tod von Maradona | |
Ausnahmestimmung. Argentinien ruft eine dreitägige Staatstrauer aus. | |
Nachruf auf Diego Maradona: Himmelfahrt des Größten | |
Wenn er den Ball annahm, streichelte, zirkelte und schoss, wurde er als | |
gottgleich angesehen. Diego Maradona lebt nicht mehr. Die Fußballwelt | |
trauert. | |
Fußballlegende Diego Maradona ist tot: Argentinien trauert um „El Diez“ | |
Auf dem Fußballplatz trickste er alle aus, dann wurden Kokain und Alkohol | |
seine Gegenspieler. Nun ist die Sportikone Diego Maradona gestorben. |