# taz.de -- Ausbau des Spreewegs: Zu zügig durch den Grünzug | |
> Der Dialog zum Ausbau des „Spreewegs“ in Charlottenburg geht einigen | |
> Beteiligten zu schnell. Sie fürchten um den naturnahen Charakter der | |
> Strecke. | |
Bild: Naturidyll am Spreeufer: Für die KritikerInnen des Ausbaus soll sich hie… | |
BERLIN taz | Lange tat sich beim Ausbau des sogenannten Spreewegs zwischen | |
Charlottenburg und Spandau wenig, daran hatte auch Corona seinen Anteil. | |
Mittlerweile geht das Dialogverfahren mit Verbänden und Initiativen aus | |
Naturschutz und Mobilität nun aber zügig voran – zu zügig aus der Sicht | |
etlicher Beteiligter, die eine Befestigung des naturnahen Weges unbedingt | |
verhindern wollen. | |
Es geht um den [1][„Spree-Rad- und Wanderweg (West)“], der zwischen dem | |
Schlosspark Charlottenburg und der Spandauer Altstadt am Ufer verläuft bzw. | |
verlaufen soll – der westlichste Teil muss erst noch angelegt werden. | |
Bauherrin ist die landeseigene infraVelo GmbH. Anfang des Jahres [2][hatten | |
fünf Initiativen und Verbände Alarm geschlagen], weil die Senatsverwaltung | |
für Umwelt und Verkehr auf ihre Bedenken nicht reagierte. Sie sprachen von | |
einer „vier Meter breiten Asphaltkeule“, die Sand, Schotter und Gras | |
ersetzen sollte. | |
Zumindest die ursprünglich angedachte Breite von vier Metern ist | |
mittlerweile offenbar vom Tisch – das sagt Antje Henning vom Berliner | |
Netzwerk für Grünzüge. Sie ist beteiligt an den von infraVeloeinberufenen | |
Dialoggesprächen, die seit dem Auftakt nur noch virtuell stattfinden. Die | |
mittlerweile fünfte Runde sollte am Donnerstagabend stattfinden. | |
Henning ist berufstätig und engagiert sich wie andere Beteiligte nach dem | |
Arbeitstag in Sachen Spreeweg. „Die dichte Taktung dieser Onlinetreffen ist | |
für mich grenzwertig“, sagt sie, alle zwei Wochen mehrere Stunden am | |
Nachmittag für die Teilnahme abzuzwacken falle ihr nicht leicht. „Es | |
entsteht der Eindruck, die wollen das durchpeitschen. Wir Ehrenamtliche | |
brauchen aber mehr Zeit.“ | |
Die Sprecherin von infraVelo, Alexandra Hensel, begründet gegenüber der taz | |
die „relativ dichte Terminabfolge“ damit, dass das Verfahren | |
pandemiebedingt in den virtuellen Raum verlegt werden musste. Die digitalen | |
Meetings „benötigen etwas mehr Zeit als persönliche Treffen, und wir haben | |
deshalb mehrere kurze Termine vorgesehen, die thematisch aufeinander | |
aufbauen“, so Hensel. „Damit die Informationen präsent bleiben, sollte | |
zwischen den Terminen nicht zu viel Zeit verstreichen.“ Allerdings habe man | |
bereits auf die Kritik reagiert und eine weitere in diesem Jahr noch | |
ausstehende Veranstaltung nach hinten verschoben. | |
„Grünzüge für Berlin“ hatte sich von Anfang an mit den NaturFreunden | |
Berlin, den Grünen Radlern, dem Nabu und FUSS e. V. dafür eingesetzt, dass | |
der Weg zwar bis nach Spandau verlängert wird, auf dem bestehenden | |
Abschnitt aber seine Eigenart behält. „Eine Wildheit und Naturnähe, die man | |
innenstadtnah sonst kaum noch findet“, sieht Henning darin. | |
Die Strecke werde von Joggern und Spaziergängern genauso geschätzt wie von | |
Radfahrern, die auch mal bereit seien, kurz abzusteigen, wenn es sandig | |
oder eng werde. Jede Befestigung und Verbreiterung erhöhe das Tempo der | |
Radfahrenden, sagt Henning. Für die seien aber schon Schnellwege entlang | |
der Heerstraße, des Spandauer Damms und der Nonnendammallee in | |
Vorbereitung. | |
Sowohl die Grünen Radler als auch die NaturFreunde Berlin haben sich nun | |
mit Stellungnahmen zu Wort gemeldet, in denen sie den Ausbau ausdrücklich | |
ablehnen. „Der Spreeweg ist kein klassischer Verkehrsweg, sondern ein Weg | |
für die Entspannung der Menschen, auf dem sie sich zu Fuß oder mit dem | |
Fahrrad bewegen“, meinen Uwe Hiksch und Yannick Kiesel von den | |
NaturFreunden. „Die Erholungsfunktion erfüllt der Weg vor allem durch seine | |
Naturbelassenheit und seine bisherigen Unterschiede in Breite und | |
Beschaffenheit – und durch seine ‚Unfertigkeit‘ aus Sicht städtischer | |
Planer.“ | |
## „Anhänger brauchen Platz“ | |
Die Position der am Dialog beteiligten Radverbände ist zum Teil anders | |
gelagert: Während sich der ADFC eher zurückhält, freut man sich beim | |
Netzwerk Fahrradfreundliches Charlottenburg-Wilmersdorf über die | |
Ermöglichung zügigen Radfahrens. Und der verkehrspolitische Sprecher des | |
BUND, Martin Schlegel, der am Dialog teilnimmt, betont, dass es sich nicht | |
um einen Schnellweg handele. Aber, so Schlegel: „Damit hier auch | |
Fahrradtourismus stattfinden kann, braucht es für Räder mit Anhängern oder | |
Tandems eine adäquate Verbreiterung.“ | |
Der Ausgang des Dialogs ist offen, und auch beim künftigen Wegbelag hat | |
Antje Henning noch Hoffnung: „Nach Asphalt riecht es Gott sei Dank nicht | |
mehr.“ Im Gegensatz zu manchen früheren Befürchtungen habe sich beim | |
letzten virtuellen Treffen auch der Vorsitzende des Charlottenburger | |
Kleingartenverbands klar gegen eine Asphaltierung ausgesprochen. Aber auch | |
eine sogenannte „wassergebundene Decke“ – ein festgewalzter feinkörniger | |
Belag –, wie sie nun offenbar von der Senatsverwaltung favorisiert wird, | |
lässt schnelles Radfahren zu. | |
Update: Die Stellungnahme der infraVelo haben wir nach Erscheinen des | |
Artikels ergänzt. Nicht mehr enthalten ist im Text die Aussage, die Dialoge | |
seien eine Reaktion auf die Kritik der Initiativen. Laut | |
infraVelo-Sprecherin Hensel ist das nicht der Fall – es handele sich | |
vielmehr um die „bewusste Fortführung eines bereits begonnenen Dialogs“. | |
26 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.infravelo.de/projekt/spree-rad-und-wanderweg-west/ | |
[2] /Spree-Rad--und-Wanderweg/!5656033 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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Regine Günther | |
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