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# taz.de -- Gewalt gegen Frauen in Deutschland: NGOs wollen mehr Schutz für Fr…
> Juristinnenbund und DaMigra legen Berichte zur Umsetzung der
> Istanbul-Konvention vor. Gewalt gegen Frauen wird nicht ausreichend
> bekämpft.
Bild: Kerzen vor dem Landtag von Sachsen-Anhalt. Anlass: der „Tag gegen Gewal…
Berlin taz | Die ersten beiden zivilgesellschaftlichen Organisationen in
Deutschland haben ihre Berichte zur Umsetzung der Istanbul-Konvention
vorgelegt. Ihr Urteil ist deutlich: Sowohl der Deutsche Juristinnenbund als
auch der Dachverband der Migrantinnenorganisationen DaMigra beschreiben
jeweils große Lücken bei der Umsetzung des Übereinkommen zur Bekämpfung von
Gewalt gegen Frauen sowie umfassenden Handlungsbedarf.
Die [1][Istanbul-Konvention] ist ein Menschenrechtsabkommen des Europarats
gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Seit Februar 2018 ist die
Bundesregierung durch das völkerrechtliche Dokument verpflichtet, Gewalt
gegen Mädchen und Frauen auf allen Ebenen zu bekämpfen und zu bestrafen.
Der Bericht der Bundesregierung vom September allerdings, der die Maßnahmen
zum Gewaltschutz von Bund und Ländern beschreibt, kommt zum Schluss:
Rechtlich sei die Konvention in Deutschland bereits umgesetzt. Man müsse
nur nachsteuern.
Das sehen Juristinnenbund und DaMigra anders. „Der Schutz vor
geschlechtsspezifischer Gewalt ist kein Luxus, sondern eine
Pflichtaufgabe“, sagte Leonie Steinl, die Vorsitzende der
Strafrechtskommission im Juristinnenbund. In Deutschland aber würden
bestimmte Formen von Gewalt kaum anerkannt, digitale Gewalt zum Beispiel.
Zudem gebe es kein ausreichendes öffentliches Bewusstsein über das Ausmaß
von Gewalt gegen Frauen: Mehr als einmal pro Stunde werde eine Frau
hierzulande von ihrem Partner oder Ex-Partner angegriffen.
„Wir haben geschaut: Welche Gesetze fehlen, welche reichen nicht aus?“,
sagte Steinl. Besonders dringenden Handlungsbedarf gebe es in den beiden
Bereichen des strafrechtlichen Umgangs mit sexualisierter Gewalt und dem
Opferschutz, insbesondere vor Gericht. Die Forschung und Datenerhebung
müsse ausgebaut werden. [2][Frauenschutzhäuser] und Fachberatungsstellen
müssten abgesichert, der rechtliche Schutz vor Stalking verbessert werden.
„Gewalt gegen Frauen gehört ganz oben auf die politische Agenda, nicht nur
am 25. November“, so Steinl.
## „Ohne erkennbaren Masterplan“
Der Dachverband der Migrantinnenorganisation DaMigra kritisierte, dass ein
unabhänginges Monitoringbüro fehlt, was die Umsetzung der Konvention in
Deutschland überprüft. Zwischen der Zivilgesellschaft und der Regierung
gebe es deshalb nur eine „unzureichende Kommunikation“. Gewaltschutz im
Bereich Migration und Asyl sei „ein Flickenteppich ohne roten Faden oder
einen erkennbaren bundesdeutschen Masterplan“.
Für Frauen mit Migrationsgeschichte oder prekärem Aufenthaltstitel seien
präventive Maßnahmen, Gewaltschutz und Strafverfolgung nicht ausreichend
zugänglich. Eine Trennung aufgrund von häuslicher Gewalt wirke sich zum
Beispiel nicht selten negativ auf das Ergebnis eines Asylverfahrens aus.
Zudem werde Migrantinnen, die von Gewalt betroffen sind, zum Teil das Recht
auf Strafverfolgung verwehrt.
DaMigra fordert deshalb einen umfänglichen Gewaltschutz für alle in
Deutschland lebenden Frauen, unabhängig von Aufenthaltstiteln. Außerdem
sollen Gewaltschutzgesetze vor aufenthaltsrechtlichen Auflagen wie der
Residenzpflicht priorisiert werden, so der Dachverband. Wenn die
körperliche oder psychische Unversehrtheit einer migrierten oder
geflüchteten Frau bedroht ist, müsse das Recht auf einen humanitären
Aufenthaltstitel ermöglicht werden.
Noch bis nächstes Jahr sind Vertreter:innen der Zivilgesellschaft
aufgerufen, eigene Berichte beim Europarat einzureichen. Voraussichtlich im
September 2021 wird eine Expert:innengruppe der internationalen
Organisation nach Deutschland reisen, um zu beurteilen, wie es um die
Umsetzung der Konvention steht. Dafür stehen auch Gespräche mit
Vertreter:innen der Zivilgesellschaft auf dem Programm. Der Bericht der
Gruppe namens Grevio ist bislang für September 2022 angesetzt.
25 Nov 2020
## LINKS
[1] /Menschenrechtlerin-zu-Gewalt-an-Frauen/!5660892
[2] /Frauenhaeuser-im-Berliner-Doppelhaushalt/!5647854
## AUTOREN
Patricia Hecht
## TAGS
taz-Serie Sexuelle Gewalt
häusliche Gewalt
Gewalt gegen Frauen
Sexualisierte Gewalt
Gewalt
Istanbul-Konvention
Geflüchtete Frauen
Stalking
Gesundheit
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